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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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REMBRANDT, BETENDER HIERONYMUS. FEDERZEICHNUNG

HAMBURGER KUNSTIIALI.E

sich das Ergebnis erwarten, für das die bisherigen Unter-
suchungen nur mehr oder minder brauchbare Vorarbeiten
liefern.

Wie schwierig gerade die Fragen der Kunsttopographie
sind, zeigt das Buch, das der kürzlich verstorbene Professor
Hermann Ehrenberg unter dem irreführenden Titel „Deutsche
Malerei und Plastik von 1350 bis 1450" veröffentlicht hat.
Die Arbeit behandelt die bisher von der Forschung wenig
berücksichtigten Werke des nordöstlichen Deutschland, des
ehemaligen Deutschordensgebietes. Ehrenberg bemüht sich
um die spezielle kunsthistorische Einordnung von Wand-
malereien und Altären, die dort in der Hauptsache um
die Wende des vierzehnten Jahrhunderts entstanden sind,
in einer Zeit, in der die später deutlich sich scheidenden
Lokalschulen noch nicht existierten. So kommt seinen Hin-
weisen auf Köln oder Nürnberg nur ein sehr bedingter Wert
zu, und die Bestimmung der übrigens total restaurierten
Wandmalereien in Marienberg als mutmaßliche Jugendarbeiten
des selbst als Individualität kaum zu fassenden kölnischen
Meisters Wilhelm zeugt von einer Verkennung der zeitlichen
Verhältnisse, da innerhalb des allgemein europäischen Stiles
der Epoche lokale Unterschiede kaum greifbar werden.
Für die spätere Stilform, der die Altarwerke in Marien-
werder, Frauenburg und Thorn entstammen, sind die vor-
bildlichen Typen in dem Kreise der böhmischen Malerei
zu suchen, und Böhmen hängt mit Avignon, Avignon mit
Siena aufs engste zusammen, während anderseits der Ein-
druck der überlegenen Kunst des Prager Hofes in ganz
Deutschland, von Hamburg bis Nürnberg und noch weiter
nach Westen sich fühlbar macht.

Man versteht, daß es schwer fallen muß, in dem künst-
lerischen Volapük dieser Zeit die Sonderzüge der Mundart
festzustellen, um so mehr als die Tatsache ausgedehnter
Wanderfahrten der Meister und Gesellen auch durch histo-

rische Dokumente bewiesen wer-
den kann. Wie schwierig die Frage
der Lokalisierung noch um 1430
sich gestaltet, zeigt die nach ihrer
Herkunft so verschieden gedeutete
Kunst des in Hamburg tätigen
Meisters Francke, mit dem Ehren-
berg den Danziger Dorotheen-
maler in Verbindung bringen will.
Auch hier werden Zeitstil und per-
sönliche Handschrift noch mitein-
ander vermengt, und wir sind weit
davon entfernt, den Anteil eines
Meisters an der Bildung einer neuen
Stilform bestimmen zu können.

Solche Tatsachen aber muß man
sich vor Augen halten, um in dem
Urteil über nationale Sonderarten
die notwendige Vorsicht walten zu
lassen. Wie immer, so ist auch hier
die spezielle Kunstgeschichte die
Vorbedingung der allgemeinen.
Das Material muß zuvor einwand-
frei gesichtet sein, sollen Schluß-
folgerungen weittragender Art nicht
zu Trugschlüssen führen. Die Frage: Was ist deutsch? muß
beantwortet sein, bevor die andere: Wie äußert sich das
Deutschef gestellt werden darf. Glaser.

•Walter Curt Behrendt: Der Kampf um den Stil
im Kunstgewerbe und in der Architektur. Stuttgart,
Deutsche Verlagsanstalt 1920. Geb. M 25.—.

Das Buch, als Teil des großen Sammelwerks „Das Welt-
bild der Gegenwart" vom Verlage gedacht (jedoch völlig
selbständig in sich), und vom Verfasser bereits 1912 be-
gonnen, hat bei seiner Vollendung das tragische Schicksal
zu erfüllen, ein wirklich historisches Werk geworden zu
sein. Das wäre 1912 natürlich nicht der Fall gewesen, als
man sich in den kühnsten Hoffnungen einer grenzenlosen
Expansion der neuen Stilgedanken wiegte. Wie manche
guten Dinge seit dem Krieg ist dies nun vor der Hand
vorbei, und Behrendt hat den Schluß seines schönen Buches
auf Resignation stimmen müssen. Zum mindesten wissen
wir nicht, was werden soll. So ist dies Werk unbewußt
zur abschließenden Ubersicht über eine hochfliegende Epoche
geworden. Aber den wahren und inneren Wert verleiht ihm
die Treue und Objektivität der Schilderung, die Behrendt
hier zu dem Geschichtsschreiber des sogenannten neuen
Stils von 1890—1915 macht. Man kennt die schöne und
edle Sachlichkeit dieses Schriftstellers aus seinen zahlreichen
Aufsätzen in „Kunst und Künstler", und seinen immer das
Rechte und Zukunftsichere treffenden Schriften wie der
„Einheitlichen Blockfront"; und hätte schon im voraus ge-
wußt, daß ein Werk über Kunstgewerbe und Architektur
der jüngsten Vergangenheit von ihm mustergiltig ausfallen
werde. Das vollendete Buch kann diese Annahme nur be-
stätigen. Es ist für den, der die ganze Entwicklung mit-
erlebt hat, eine Freude, seine klaren und unbedingt sicheren
Urteile zu lesen; und wer sie erst kennen lernen will, dem

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