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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Ebe, Gustav: Neubildungen im Bereiche der Baugliederungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0087

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Neubildungen im Bereiche der Baugliederungen.

>2>. Italienische Majolikaplatte aus Laffagiolo, ^s. Iahrh. In Privatbesitz in Rom. (Ungef. Hz der wirkl. Gr.)
Farben: dunkelblau, ockergelb, schmutzig hellgrün und braunrot.

zum Ausdruck kommt. Die mehrfachen Versuche,
diese formen rein aus technisch-materiellen Be-
dingungen herzuleiten, sind ebenso verfehlt, wie die
oben erwähnten tiefsinnigen Hypothesen.

Aber gerade diese beispiellose Vollendung der
antiken Säulenform im einzelnen, der man nichts
hinzufügen und von der man nichts wegnehmen
kann, und gegen welche die von den Renaissance-
meistern versuchten Änderungen nur als mehr oder-
weniger ungeschickte oder auf mangelhafter Kenntnis
des Alten beruhende Mißbildungen erscheinen, setzen
der nrodernen selbständigen Mederverwendung kaum
zu überwindende Schwierigkeiten entgegen, die sich
besonders bei der Gestaltung der öffentlichen Profan-
gebäude geltend machen. Sobald unsere heutigen
Künstler der antiken Stilrichtung folgen, stehen sie
im Bann der historischen Formen und wissen den
höchsten Grad der Monumentalität nicht ohne Pilse
derselben zu erreichen. Gin dem deutschen Empfinden
entsprechender Ersatz für das antike Säulengerüst ist

noch nicht gefunden; das deutsche Barock, welches
hierzu den Anlauf nahm, ist auf halbem Wege in
der Entwickelung stecken geblieben. So scheint sich
kein rechter Ausweg für Neubildungen auf diesem
Gebiete zu eröffnen; und doch zeigt die mittelalter-
liche Auffassung der Säule diese von einer ganz
neuen, allerdings vom Architravstil ganz losgelösten
Seite, obgleich die Neugotiker wieder in anderer
Weise ins Gedränge kommen, indem sie, sobald es
sich unr das Erreichen höherer Monumentalität
handelt, den historisch-kirchlichen Eharakter der formen
nur schwer abzustreifen vermögen.

Im gotischen Mittelalter findet die Säule, ab-
gesehen von Gewölbdiensten an Pfeilern und Wänden,
die nicht als Säulen, sondern als Gliederungen auf-
zufassen sind, in kleineren Abmessungen Verwendung,
und zwar durchweg als Bogenträger an Triforien,
Blendarkaden, Portalen, Brüstungen, Maßwerken,
Kreuzgängen u. a. ©. Die Majestät der antiken
Säulenordnungen wird weder angestrebt noch erreicht,
 
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