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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0161

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£f)ronif des Bayer. Kunstgewerbevereins.

allmählich abkommen, muß als großer hygienischer Fortschritt
bezeichnet werden. Möglichst reiche Lichtzufuhr ist namentlich
bei kleinen Wohnungen wichtig. Rouleaux rc. müssen sich hoch
hinaufziehen lassen, während Vorhänge am besten nur als
schmale Beitenstreifen angebracht werden sollten; bei reicherer
Verhängung sollte man doch auf leichte waschbare,"; möglichst
lichtdurchlässige Stoffe sehen."— Auch bei den Möbeln spielt
die materielle Lage der Bewohner eine große Rolle; reich ge-
schnitzte Möbel vertragen sich nicht mit den Verhältnissen der
Minderbemittelten, auch wenn sie aus billigem Material her-
gestellt werden, da sie zur Reinhaltung viel Arbeit erfordern.
Polster sollte inan womöglich zum verausnehmen einrichten,
um sie häufigerem Ausklopfen aussetzen zu können. Große
Polstermöbel, namentlich solche in öffentlichen Lokalen, sollten
stets mit undurchlässigen Stoffen (am besten Leder) bezogen
werden. — von besonderer Wichtigkeit ist das Schlafzimmer;
denn es wird ja gelegentlich auch zum Krankenzimmer, und da
muß alles möglichst ferngehalten werden, was die Reinlichkeit
erschwert: Polstermöbel, schwere Vorhänge, Stosftexxiche — und
anderseits alles angestrebt werden, was die Reinhaltung er-
leichtert: eiserne oder messingene Bettstellen, Waschtische aus
Messing und Marmor. — Auch für die Ausstattung von Küche,
Klosett, Badezimmer gab der Vortragende nützliche Winke,
namentlich im Binblick auf Münchener Verhältnisse. Der
Vorsitzende, lfofjuwelier Merk, sprach dem Redner den Dank
der Versammlung aus und wies darauf hin, wie gerade die
modernen dekorativen Bestrebungen vielfach den hygienischen
Forderungen parallel laufen.

Sechster Abend — den 9. Dezember — Vortrag von
vr. F. Birkner: über das Ornament in prähistorischer
Zeit. Redner gibt zuerst in kurzen Zügen einen Überblick über
die prähistorischen Kulturepochen Mitteleuropas. Der Mensch
der Eiszeit war der Hauptsache nach Jäger, seine Waffen und
Geräte aus Stein und Holz. Tongefäße sind aus dieser Zeit
nicht bekannt, von den Haustieren fehlt der Hund. (Altere
Steinzeit.) Nach der Eiszeit lernt der Mensch den Stein besser
zu bearbeiten, zu polieren, der Hund wird ihm ein treuer Be-
gleiter. Die Kunst Tongefäße herzustellen erreicht eine hohe
Stufe. Ornamente werden in reicher Auswahl verwendet, wie
die Funde aus den Flachgräbern und Wohnstätten uns lehren.
(Jüngere Steinzeit.) Etwa um zsoo v. Ehr. dringt aus dem
Orient in^unsere Gegend die Kenntnis, das Kupfer, das vorher
schon bekannt und verarbeitet wurde, mit Zinn zu Bronze zu

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250. Exlibris von Fritz Burger, München.

legiere». Es beginnt die Bronzezeit, aus welcher uns in
den Hügelgräbern eine Fülle von reich ornamentierten'Waffen,
Geräten, Schmuckgegenständen aus Bronze bekannt sind. Die
Keramik tritt in Technik und Ornamentik zurück. Um etwa
;ooo v. Ehr. lernt der Mensch auch die Bearbeitung des Eisens,
er tritt in die Kulturepoche der Ersten Eisenzeit oder
Hallstattzeit ein, benannt nach dem reichen Fundplatz bei
Hallstatt im Salzkammergut. Bronze wird nicht nur gegossen,
sondern auch geschmiedet, die Tongefäße finden sich) in den
Hügelgräbern wieder zahlreicher und vor allem auch ornamentiert
und bemalt, von Westen her kommt um 500 v. Ehr. eine
neue Kulturexoche, die Zweite Eisenzeit oder Du Däne-Zeit
nach einem Fundplatz am Neuenburger See in der Schweiz
genannt. Aus dieser Zeit stammen schon Mitteilungen römischer
Schriftsteller über unsere Gegend. Die Da Däne-Zeit gehört
also nicht mehr im strengsten Sinn zu den für unsere Gegend
prähistorischen Epochen. Nach dem kurzen Überblick über die
prähistorischen Kulturepochen ging der Vortragende dazu über
die den einzelnen Zeiten typischen Ornamente in Lichtbildern,
die Rechnungsrat Übelacker bereitwilligst angefertigt hatte, vor-
zuführen. Die Ornamente sind teils eingeätzt, teils erhaben,
die eingeätzten Striche und Punkte wurden in allen Perioden
teilweise mit weißer Masse ausgefüllt. Gemalte Ornamente
kommen schon in der Steinzeit vor, sind aber vorherrschend in
der Hallstattzeit. Die Ornamente zeugen von hohem Geschmack
unserer Vorfahren; diese haben es verstanden, das vorliegende
Material mit den einfachsten Mitteln künstlerisch zu gestalten.
Zum Schlüsse wurde der Verein von dem Vortragenden ein-
geladen, die prähistorische Sammlung der Stadt unter seiner
Führung zu besuchen, um die im Bilde vorgeführten Ornamente
im Original kennen zu lernen.

Siebenter Abend den j6. Dezember — Vortrag von
Bauamtmann Bert sch über die Tu rin er Ausstellung.
Der Vortragende hatte seine Ausstellungsreise mit einer Gebirgs-
tour durch das Algäu und den Bregenzer Wald begonnen,
 
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