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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0162

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Lhronik des Bayer.^Kunstgewerbevereins.

25 t- Lederkoffer, im Besitz des Bayer. Gewerbemuseums zu Nürnberg. Wahrscheinlich spanische Arbeit aus dem

zs. Jahrhundert. Länge 70 cm.

und so begann auch seine Reiseschilderung mit Lichtbilder» nach
ländlichen Bauten dieser Gegenden. Ihnen folgte, begleitet von
treffenden Bemerkungen, die in der pauxtsache mit den Schilde-
rungen unserer Zeitschrift in Pest tt u \2 des letzten Jahrgangs
übereinstimmten, eine Reihe Lichtbilder ans Turin und speziell
aus der Ausstellung, z. T. nach den von unserer Zeitschrift ge-
brachten Driginalien. Der Vortragende nahm dabei Veranlassung,
mit entschiedenen Worten den von übelwollenden Kritikern
geäußerten Anschauungen über die Bedeutung des Münchener
Kunstgewerbes auf der Ausstellung zn Turin entgegenzutrcten,
indem er namentlich hervorhob, das; das deutsche Kunstgewerbe
seine Beteiligung an der Ausstellung, mithin auch den großen
Erfolg, im wesentlichen bcu kunstgewerblichen Kräften Münchens
verdanke, welche die (Organisation geschaffen, die Gelder zusam-
mengebracht und die (Oberleitung des ganzen Unternehmens in
die pand genommen haben. Von besonderem Interesse waren
die Bemerkungen, mit denen der Vortragende seine Ausführungen
im pinblick auf die für geplante Münchener Kunstgewerbe-
ausstellung schloß. Er hält es für sehr notwendig, daß wir
wieder einmal bei uns Einkehr halten, anstatt draußen hausieren
zu gehen; hier ist der natürliche Tummelplatz für die einhei-
mischen Kräfte, uiu — was das Ziel der Ausstellung sein soll
— den Zusammenhang von Kunst und Leben zu zeigen. Wich-
tiger wie die Bedeutung Münchens als Bildermarkt sei seine
Bedeutung als Zentrale für die raumbildende und raum-
schmückende Kunst; wer da vorangehe, Kunst und Leben mit-
einander zu vereinigen, der werde Sieger sein.

Achter Abend — den zz. Januar zgoz —. Zur Eröffnung
des Abends begrüßte der Vorsitzende, pofjuwelier P. Merk, die
Versammlung mit den besten Wünschen und poffnungen für das
neue Jahr und verkündigte alsdann, daß unserm langjährigen
Pausverwalter Mittel darf für seine allzeit bewährten Dienste,
besonders bei den Ausstellungen in Thirago, Paris und Turin,
die silberne Verdienstmedaille verliehen worden; er beglück-
wünschte Mitteldorf im Namen des Vereins zu der wohlverdienten
Auszeichnung und überreichte ihm die Medaille unter lebhafter
Zustimmung der Versammlung. In schlichten, herzlichen Worten
dankte der Gefeierte und versprach, auch fernerhin dem Verein
seine Kräfte zu widmen.

pierauf hielt Konservator Or. Voll einen Vortrag über
Jan van Eyck. In der Einleitung trat der Redner dem

Märchen entgegen, daß das Brüderpaar van Eyck die Gl-
malerei erfunden habe, indem er betonte, daß schon lange
vorher die (Ölmalerei bei Werken der Kleinkunst — z. B. beim
Bemalen von Wappenschildern — im Gebrauch war. Richtig
ist aber, daß die erste klassische Großtat der (Ölmalerei der von
den Gebrüdern van Eyck gefertigte Genter Altar ist, der im
Jahre ;^32 enthüllt wurde. Begonnen ist er von pudert van
Eyck, fertiggestellt hat ihn der jüngere Jan van Eyck. Das
große, aus mehreren Teilen bestehende Werk ist nun zerstreut,
z. T. auch zerstört; die noch vorhandenen Teile werden in der
Kathedrale zu Gent, bezw. in den Museen zu Brüssel und
Berlin aufbewahrt. Unter pinweis auf die leider in verschie-
denen Maßstäben gefertigten Photographieen, welche bett Vortrag
illustrierten, besprach Redner die einzelnen Bilder und knüpfte
daran geistreiche Betrachtungen über den internationalen Zug
der damaligen Malerei, über die den Porträtmalern bisweilen
übertragenen diplomatischen Missionen, über die Sorgfalt in der
Wahl der Malmittel re. So bekam Jan van Eyck den

Auftrag, nach Portugal zu reisen, um dort die Prinzessin Jsabella
für ihren zukünftigen Gemahl, Philipp von Burgund, zu xorträ-
tieren. Daß Jan dann noch Spanien bis Andalusien bereiste
und die Alhambra besuchte, war nicht ohne Einfluß auf den
Genter Altar. Jan soll an dem Altarwerk alles, was sein
Bruder, der (426 gestorben war, gemalt hatte, übermalt haben,
so daß eine Scheidung des Anteils der beiden Brüder völlig
ausgeschlossen ist. Von pudert ist überhaupt keine Tafel deutlich
bezeichnet. Manches, was den beiden Eyck früher zugeschrieben
worden war, hat sich später als andrer Urheberschaft erwiesen;
diesem Umstand ist es z. B. zuzuschreiben, daß inan einst in
München den Erwerb eines Eyck-Porträts mit dem pinweis
darauf abgelehnt hat, daß die Pinakothek schon sechs Eycks
besitze, während alle diese sich später eine Umtaufung gefallen
lassen inußten. Jan van Eyck (f ^40) ist der erste Porträtist;
reine Sachlichkeit, welche auch die innere Natur des Porträtierteil
deutlich zum Ausdruck bringt, zeichnet seine Bildnisse vor allem
ans. Die vom Redner ausgestellten Photographien nach solchen
bestätigten den von ihm gekennzeichneten Gegensatz zwischen
jenen alten Porträts und denen der Gegenwart. — Für den
mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag sprach der Vor-
sitzende den herzlichen Dank der Versammlnng aus, zu dem
inan ganz besonders Ursache hatte, weil Vr. voll als Lückenbüßer
eingesxrungen war.

verantrv. Bed.: ssrof. £. Gmelin. — Herausgegeben vom Bayer. Runstgewerbeverein. — Druck und Verlag von R. Glden bourg, München.
 
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