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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Zimmermann, Ernst: Die moderne dekorative Bewegung in Dresden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0164

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Die moderne dekorative Bewegung in Dresden.

253. Aus der Kreuzkirche in Dresden, von Schilling und Gräbner;
Modelle von Ernst Lotten rot, Dresden.

rahmt modernes Pflanzenwerk mit sinnreich sym-
bolischen Anspielungen; die Aanzel schmückt sich in
gleicher Weise mit den: Symbol des Weinstocks, die
Beleuchtungskörper zeigen den siebenarmigen Aron-
leuchter Jerusalems in modernisierter Gestalt. Bei
allen diesen Arbeiten haben die Architekten das
Glück gehabt, namentlich in den Bildhauern Groß
und Pottenrot bewährte Aräfte zur Seite zu haben
(Abb. 252 u. 253).

Das staatliche Gebäude modernen Stils ist das
an der Elbe errichtete Fernheizwerk der Architekten
Lossow und Bieweg, der zweiten Firma, die

berufen ist, in der modernen Baukunst
Dresdens eine führende Rolle zu spielen.
Als Werk der Aunst freilich hat jener
Bau weniger Bedeutung gewonnen, da
das Ornamentale fast fehlt, und jener
derbe Rustikastil, in dem es nach nord-
amerikanischem Muster, namentlich
dem führenden Richardsons, errichtet
ist, bereits durch den Bau der Säch-
sischen pandelsbank von Schilling und
Gräbner in Dresden eingeführt war.
Wichtiger ist dagegen ihr großes, geist-
volles, in Fenster und Farbe auf-
gelöstes Geschäftshaus in der Prager-
straße ■— gewiß eine der bedeutendsten
konstruktiven Lösungen auf diesem Ge-
biete, in der Ornamentik freilich weniger
glücklich. Neben diesen Bauten sind
es vor allen Villen, in denen die mo-
derne Richtung in der Dresdner Bau-
kunst bereits einen gesunden Ausdruck
gefunden hat.

pöchst erfreulich für die moderne
Architektur Dresdens ist es, daß sich
in Dresden auch die dekorative Aunst
findet, die den Erzeugnissen jener durch
eine reizvolle neue Ornamentik erst
völlig den Charakter des Modernen
verleiht. Der schon erwähnte Bild-
hauer pottenrot ist hier ihr Paupt-
vertreter, eine ebenso leicht wie sicher
schaffendeAraft, ausgestattet mit feinstem
Beobachtungsgedächtnis und sicherstem
Formen- wie Raumsinn. An fast allen
den erwähnten Bauten hatte er schöp-
ferisch mitgearbeitet. Ohne eine Aka-
demie besucht zu haben und ohne immer
das Modell zu befragen, beherrscht er
die menschliche Gestalt in einer er-
staunlichen Weise, weiß er Blumen
und Blätter, Zweige und Ranken
bald zu geschlossenen, Flächen deckenden Gruppen,
bald zu geschickten formenbegleitenden Linien in un-
gezwungener Weise zusammenzustellen. Im Figür-
lichen fällt vor allem das Temperament auf, das
doch über das architektonisch Zulässige nicht heraus-
geht; daneben der goldige pumor, der mit Leichtig-
keit nicht nur durch die Idee — auch an dieser fehlt
es nicht —, sondern in erster Linie durch die Durch-
führung derselben die Lachmuskeln in Bewegung
setzt. Darum ist pottenrot in gleicher Weise ge-
eignet, Airchen wie Bierkeller und Festräume zu
dekorieren, und nur gewinnen kann die Dresdner
 
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