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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

DOI Artikel:
Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Ein Wort zur Frage der Beteiligung des Bayerischen Kunstgewerbes an der Ausstellung in St. Louis 1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0232

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Ein Wort zur Frage der Beteiligung des Bayerischen Runstgewerbes an der Ausstellung in St. Louis *90^.

3H7.

maßgebende Areife die Überzeugung, man müsse das
Ausland zur umfangreichen Beteiligung heranziehen,
um selbst dabei zu lernen, aus dem Vergleiche mit
den eigenen Leistungen die richtigen Schlüffe zu ziehen
und so neue Anspornung zu gewinnen; denn die
Produktion arbeitet nicht bloß für den Verbrauch im
eigenen Lande, sie rechnet vor allem auch mit den
Möglichkeiten des Außenhandels.

Aunstreiche Arbeit, welcher Art sie auch sei, ist
im großen Handel und Wandel der Welt genau den
gleichen Bedingnissen unterworfen wie alles, womit
gehandelt wird; denn weitaus der kleinste Teil des

Geschaffenen hat sofort seinen festen Platz, seinen
besitzes-eifersüchtigen Eigentümer. Der direkte Verkehr
zwischen Aünstler und Aäufer oder Besteller ist ebenso
durch den Zwischenhandel verdrängt worden, wie es
auch auf anderen Gebieten der Fall gewesen ist.
Der Zwischenhandel rechnet mit allen Aonjunkturen.
Das pflegen Aünstler nicht zu tun, zum eigenen Schaden
nicht. Der Vorschlag eines klaren Aopfes, auf jeder
Aunstgewerbeschule, auf jeder Akademie, kurzum
in allen Aunst-Erziehungs-Anstalten, sollten notwen-
digerweise Aurse eingerichtet werden, wo die Aünstler
gezwungen würden, mit Tatsachen und mit Zahlen
rechnen zu müssen, ist ausgezeichnet; denn jene Un-
wissenheit, jene Unkenntnis der realen Welt, die viel-
fach als eine unumgängliche Beigabe des Aünstler-
tuins angesehen wird, ist in den meisten Fällen nichts
anderes als Bequemlichkeit, als Abgeneigtheit, sich
mit durchaus positiven Dingen zu befassen. Deshalb
zieht der Durchschnittskünstler gegenüber dem Geschäfts-
mann fast regelmäßig den kürzeren, weil er eben
keine blaffe Vorstellung sich zu schaffen trachtet über
die tatsächliche Lage der Dinge.

Zn Amerika hat seit einiger Zeit das all-
gemeine, mehr als platonische Interesse für die an-
gewandte Aunst in breiten Schichten, nicht bloß bei
den Milliardären einen ganz hervorragenden Platz
erobert. Die Entwicklung der einschlägigen Be-
strebungen scheint jenes rasche Tempo Anschlägen
zu wollen, das für amerikanische Verhältnisse be-
zeichnend ist. Man kennt drüben, in der Welt der
unaufhörlichen Arbeit, die Langsamkeit des Instanzen-
weges nicht, der so vielen Möglichkeiten in Europa
die Frische nimmt. Ist heute eine Methode, eine
Erfindung, ein Gebrauchsobjekt in entschieden ver-
besserter Weise aufgetreten, so besinnt man sich nicht
lange und schafft das weniger Zweckentsprechende
ab. Deshalb hat alles, was man allenfalls als
„Gebrauchskunst" bezeichnen könnte, drüben eine
höhere Beachtung bereits erfahren oder zu gewärtigen
als in Europa. Der Export von Altertümern,
Möbeln z. B., früher außerordentlich im Schwünge,
hat bedeutend nachgelassen; wächst doch in Amerika
die Zahl jener Hellen Aöpfe von Tag zu Tag mehr
an, die eine den Verhältnissen, den lokalen Gepflogen-
heiten, den klimatischen Eigentümlichkeiten und der
Rohstoffproduktion des eigenen Landes entsprechende
Ausgestaltung jener Dinge befürwortet, die dazu be-
stimmt sind, das Milieu zu bilden, das sich der
Mensch mit seinem krause, mit seiner Wohnung
schafft. Aostbare Stücke der Aunsttechnik vergangener
Epochen werden nie, auch in Amerika nicht, ihren
Wert einbüßen; aber andere Zeiten, andere Bedürf-
nisse schaffen unbedingt andere Normen in jenen

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