Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

DOI Artikel:
Schaefer, Karl: Denkmal und Kunstbildwerkschutz auf Friedhöfen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0274

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Denkmal- und Aunstbildwerkeschutz auf Friedhöfen.

^38. Blumenstrauß, aus Bronze geschmiedet von
Gottfr. Stumpf, München.

Tag der Veröffentlichung muß der Tag der öffentlichen
Aufstellung und Enthüllung gelten. Der, welcher ein
Friedhofdenkmal oder einen Grabstein oder ein ein-
zelnes dekoratives Etück an solchen nachzubilden be-
absichtigt, wird bei Zweifeln über das Alter eines
nicht den Namen des Perstellers tragenden Denk-
mals vorsichtshalber zunächst über den Tag der Auf-
stellung Erkundigungen einziehen. Eind 30 Jahre
seitdem ins Land gelaufen, so besteht die begründete
Vermutung (sofern der Verfertiger oder seine Rechts-
nachfolger nicht nachträglich (§ 9 Abs. 3 Kunstbild-
werke-Echutzgesetz) den Namen vor Ablauf der
30 Jahre zur Eintragungsrolle in Leipzig noch an-
gemeldet haben), daß das Werk frei ist und beliebig
nachgebildet werden kann, Fand eine nachträgliche
Anmeldung des Namens des Denkmal- oder Grab-
steinverfertigers fristgerecht statt, so ist es nach
30 Jahren seiner öffentlichen Aufstellung noch nicht
nachbildungsfrei, sondern erst nach 30 Jahren nach
Ablauf des Todesjahres des Verfertigers. Bei
Kunstbildwerken, auf welchen der wahre Name des
Verfertigers angebracht ist, ist die Feststellung des

I ungefähren Alters des Denkmals oder Grabsteines
nicht von einschneidender Bedeutung, da sie einen
sicheren Rückschluß dahin, ob der Verfertiger noch
lebe, in den seltensten Fällen zuläßt. Zn diesen: Falle
ist für die Frage der Nachbildungsfreiheit des Merkes
lediglich das Todesjahr des Verfertigers ent-
scheidend. Erscheint es nach dem Alter des Denk-
inals nicht von vornherein ausgeschlossen, daß dessen
Verfertiger z. A. noch am Leben sei, erscheint es viel-
mehr eher wahrscheinlich, daß dieser entweder noch
lebt oder, wenn vielleicht bereits gestorben, immerhin
noch nicht volle 50 Jahre gestorben sei, so wird
der, welcher eine Nachbildung und Verbreitung des
Werkes beabsichtigt, gut daran tun, zunächst die
Existenz des Verfertigers festzustellen. Lebt dieser noch,
so muß der Nachbildner um die Ermächtigung zur
Nachbildung (der künstlerischen in derselben Kunstsorm,
wie der mechanischen oder gewerbetechnischen) nach-
suchen. Lebt der Verfertiger nicht mehr, so ist dessen
Todesjahr festzustellen, und wenn seit dessen Ablauf
noch keine 30 Jahre verflossen sind, so sind die,
welche seinen Nachlaß angetreten haben, diejenigen,
bei welchen er um die Erlaubnis zur Nachbildung
und Verbreitung des Werkes nachzusuchen hat, es
fei denn, daß der Verfertiger selbst bereits zu Leb-
zeiten das Recht zur Nachbildung des Werkes auf
einen Dritten (z. B. einen Kunstverlag) übertragen hat.
Alsdann erscheint jener Dritte als der ausschließlich
Berechtigte zur Erteilung der Nachbildungsberech-
tigung, solange noch keine vollen 30 Jahre seit Ablauf
des Todesjahres des Verfertigers verflossen sind.

Ganz die gleichen Grundsätze gelten übri-
gens für die Fälle der Nachbildung von Werken der
malenden oder zeichnenden Run st wie von Werken
der Bildhauerei, welche sich in öffentlichen 2an:m-
lungen (Nluseen), in Kirchen oder im privatbesitz
befinden. Eie bilden daher zugleich eine Anleitung
für diejenigen, welche solche Werke nachbilden wollen
in der Absicht, die Nachbildung zu verbreiten und
nicht für ihren persönlichen Kunst- oder 5tudienzweck
(Perstellung einer Kopie des Werkes zum persönlichen
Gebrauch ist bekanntlich nach § 6 Ziff. \ des Kunst-
bildwerke-öchutzgesetzes gestattet) zu verwenden.

Kunstdenkmäler und sonstige Werke der Plastik,
bei denen der auf ihnen benannte oder in der
Leipziger Eintragsrolle eingetragene Verfertiger fest-
gestelltermaßen seit 30 Jahren tot ist, bei nicht be-
nannten: Verfasser seit öffentlicher Aufstellung 30 Jahre
verflossen sind, sind für jede Art von Nachbildung
frei, auch wenn sie auf Privateigentum errichtet sind;
ihr künstlerischer Inhalt ist von da ab Geineingut,
wenn auch das Material, aus den: sie hergestellt
sind, privateigentun: bleibt.

252
 
Annotationen