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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Schaefer, Karl: Denkmal und Kunstbildwerkschutz auf Friedhöfen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0276

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Denkmal, und Kunstbildwerkeschutz auf Friedhöfen.

In der bloßen Kenntnisnahme (Wissenschaft)
des Verfertigers eines Kunstbildwerkes von einer
durch Dritte unbefugt vorgenommenen Nachbildung
seines -Werkes, ohne dagegen einzuschreiten, liegt
keine stillschweigende Bewilligung des Nachbildungs-
rechtes. Dagegen ist für jeden einzelnen Fall der
unbefugten Nachbildung die Rechtsverfolgung an
verhältnismäßig sehr kurze Fristen für den Künstler
und Werkurheber geknüpft. Nach Ablauf von drei
Monaten, nachdem der Künstler von der Nachbildung
und der Person des Nachbildners Kenntnis erhalten
hat, ist eine strafrechtliche Verfolgung überhaupt
nicht mehr zulässig. Nach Ablauf von drei Jahren
vom Tage der ersten bezw. letzten Verbreitung der
unbefugten Nachbildung ab ist eine Rechtsverfolgung
aus der unerlaubten Handlung für den Künstler oder
desfeil Rechtsverfolgung im Zivilwege nur noch in
Form der Erhebung einer Bereicherungsklage
möglich, die auf Herausgabe dessen geht, was der
Nachbildner aus der Verbreitung der Nachbildung
an Reingewinn für sich vereinnahmt hat. Dagegen
ist nach Ablauf von drei Jahren feit dem Tage der
ersten Verbreitung der gefertigten Nachbildung eine
Strafverfolgung überhaupt nicht mehr zu-
lässig.

Die Strafverfolgung wegen unbefugter Nach-
bildung kann bei Nachbildung von Porträtbüsten
nicht bloß von dem Künstler, sie kann hier auch
(§ 28 altes Nrheberfchutzgefetz vom ff. Juni s870)
von dem Besteller des Denkmals beantragt werden,
ebenso auch allgemein von dein, der sich von: Künstler
oder Besteller das Recht der Nachbildung der Büste
zum Zweck der gewerblichen Verbreitung im Bilde
hat zusichern lassen, z. B. ein Kunstverlag.

Gestattet ist dagegen die Nachbildung von Fried-
hofdenkmälern rc. mittels Zeichnung (§ HZ altes Ur-
hebergesetz) oder mittels Malens, weil hier die Nach-
bildung durch eine andere Kunst form zuwege
gebracht wird, die als selbständige künstlerische Arbeit
und Neuschöpfung gelten inuß. Auch die freie Be-
nutzung eines Friedhofdenkmals, z. B. der an dein
Werke zur Erscheinung gelangenden künstlerischen
Ideen, ist insoweit Dritten gestattet, als sie einer
neuen Schöpfung der bildenden Kunst hierdurch
zum Dasein verhilft (§ H Kunstbildwerke-Schutzgesetz).
Erlaubt ist ferner die Anfertigung von Nachbildungen
geschützter Friedhofdenkmäler rc. zwecks Aufnahme
dieser Nachbildungen in ein druckschriftliches Werk
mit erläuterndem Text (§ HH altes Urhebergesetz und
§ 5 Ziff. H Kunstbildwerke-Schutzgesetz).

Grabdenkmäler find endlich in § 36H (Straf-
gesetzbuch) unter einen besonderen Schutz, gegen Be-
schädigung oder Zerstörung unter einen besonderen

öffentlichen Schutz gestellt, wie überhaupt alle
öffentlichen Denkmäler und alle Gegenstände der
Kunst, Wissenschaft und des Gewerbes, welche in
öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden
oder öffentlich, einerlei wo, aufgestellt sind. Deren
vorsätzliche rechtswidrige Verletzung wird als quali-
stzierte Sachbeschädigung mit Gefängnis bis zu drei
Jahren oder in leichteren Fällen mit Geldstrafe bis
zu 300 M. bestraft. Auch der bloße Versuch einer
Beschädigung oder Zerstörung ist strafbar.

Architektonische Bauten, z. B. Grüfte,
Kapellen, stehen, auch wenn sich daran künstlerisch-
dekorative Teile befinden, nicht unter Schutz gegen
Nachbildung, da diese Bauten nicht als Kunstbild-
werke, sondern als gewerbliche und kunstgewerbliche
Erzeugnisse gelten. Die Nachbildung solcher Bauten
nach einer hiervon genommenen Photographie oder
technischen Zeichnung ist daher jedem gestattet.

Grabdenkmäler rc., welche, obwohl Werke
der bildenden Künste, in periodischen Sanrmelwerken,
z. B. in einer Kunst- oder kunstgewerblichen Zeit-
schrift, mit Erlaubnis des Künstlers oder dessen
Rechtsnachfolger reproduziert worden sind, dürfen
vom Künstler nach Ablauf von zwei Jahren nach
Schluß des Erscheinungsjahres anderweitig im Druck,
Kunstdruck oder mittels eines anderen graphischen
Reproduktionsversahreus veröffentlicht und verbreitet
werden, wenn zwischen Künstler und Erstverleger
nichts anderes vereinbart ist. Während jener zwei
Jahre sind jene Erstreproduktionen gegen anderweite
Nachbildung gleicher oder verwandter Art zu Gunsten
des Erstveröffentlichers gesetzlich geschützt (§ \2 Kunst-
bildwerke-Schutzgesetz).

Hat der Verfertiger eines Grabdenkmales rc.
von kunstbildlichein Charakter gestattet, daß sein
Werk nüttels eines anderen „KunstVerfahrens",
z. B. durch Kupferstich, Stahlstich, Holzschnitt, Litho-
graphie nachgebildet werde, so bestehen von dieser
Nachbildung für den Nachbildner selbständige Ur-
heberrechte. Ein Bildhauer, welcher mit Erlaubnis
des Denkmalverfertigers eine Grabmarmorstatue ohne
unmittelbaren Abguß in Erz oder Gips nachbildet,
kann für sein Erzeugnis selbständigen Urheberschutz
in Anspruch nehmen, während er kein Urheberrecht
an seinem Werke besitzt, wenn er die Marmorstatue
selbst in Marmor mit Erlaubnis des Verfertigers
oder Bestellers der Originalstatue ausmeißelt.

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