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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Grautoff, Otto: Deutsche Bucheinbände der Neuzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0288

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Deutsche Bucheinbände der Neuzeit.

452.

,5t-

45^—453. ksalbfranzbände vonP.Rersten,
Lrlangen-Breslau. p/z der w. Gr.)

45 t- Mlivgraues Maroquin ecrugö, dunkel-
grün gepreßtes Papier. (Schillers Gedichte.)
452. violett-eeruss-Leder (Diederichs, Unter-
strom).

453. veilchenblaues Maroquin - eeru5e,
(Adam, Archiv für Buchbinderei).

453.

einband. Auf diesem Gebiet wird in München seit
vielen Jahren wenig geleistet, vor allem wenig
Neues und Bahnbrechendes. Darum ist es ein glück-
licher Gedanke der „Vereinigten Werkstätten", daß
sie gegenwärtig dem Münchner Publikum in einer

kleinen Sonderausstel-
lung eine Reihe der
besten Bucheinbände vor-
sühren, die in den letzten
Jahren in Deutschland
gearbeitet worden sind.
Auch eine andere baye-
rische Stadt, Nürnberg,
hat in diesem Zahre
von April bis August
in seinem bayerischeit
Gewerbemuseum eine
Ausstellung von Buch-
einbänden veranstaltet,
die eine erschöpfende
Übersicht über die bis-
herige Tätigkeit Paul
Kerstens gewährte, der
bis vor kurzem in Gr-
langen lebte und jetzt
in Breslau eine eigene
Buchbinderei gegründet
hat.

Paul Kersten ist der
Bahnbrecher eines neuen
Stiles im deutschen Bucheinband. Staunend stehen
wir vor der Tatsache, daß innerhalb weniger Jahre
aus diesem tüchtigen Handwerker ein selbständiger,
feingebildeter und stilistisch empfindsamer Künstler
geworden ist von epochaler Bedeutung für den
deutschen Bucheinband. Und zwar ist Kersten das,
was er heute ist, aus eigener Kraft geworden. Gr
kennt die historische Gntwickelung des Bucheinbandes
gründlich, hat fleißig die großen englischen, franzö-
sischen und deutschen Meister studiert und ist auch
als Theoretiker in den verschiedensten Fachzeitschriften
inehrfach hervorgetreten. Die stilistischen Gesetze für
die Dekoration des modernen Bucheinbandes hat er
klar durchdacht und in allen seinen Arbeiten der
letzten Jahre folgerichtig entwickelt. Daß er nicht
nur ein geschickter Handwerker, sondern im besten
Sinne des Mortes Kunsthandwerker ist, beweisen seine
emsigen Naturstudien, denen seine schlichten, tektonisch
überaus verständigen Ornamente entwachsen. All-
mählich ist er durch eisernen Fleiß und geduldiges
Arbeiten zu seiner jetzigen, abgeklärten künstlerischen
Reife gelangt. Auf einigen früheren Arbeiten wirken
seine dekorativen Blätterzweigmotive noch etwas
nüchtern, kärglich und philiströs, wie z. B. auf den:
Ginband zu Rosmer, „Die Königskinder" und Schiller,
„Gedichte" (^5\ u. ^60). Diesem Mangel ist er aber in
letzter Zeit durchaus perr geworden; in klangvoller,
anmutiger Linienrythmik schwingen sich seine Orna-

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