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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 56.1905-1906

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Gmelin, Leopold: Ausstellung für angewandte Kunst, München 1905, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10293#0071

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Ausstellung für angewandte Kunst, München J905.

I {%. Kissen, Handweberei von Helene Geys, Webeschule für
Scherrebeker Weberei. Farbe: 'grau (Grund), grün und weiß.
(1/0 der wirkl. Gr.)

Taschentuchbehälter der letztgenannten, an denen teils
Bändchen- teils andere Sticktechniken Anwendung
gefunden haben, gehören mit zu dent Farbenschönsten
und Stilvollsten, was auf diesem Gebiet gemacht wor-
den ist. Arbeitsaufwand und Ergebnis stehen hier
ganz int richtigen Verhältnis zueinander.

Der Vollständigkeit wegen sei noch des Leders
gedacht; freilich mußte es sich in der Ausstellung
mit wenigem begnügen, denn außer den Leder-
polstern von E. Zucker & To. in Erlangen —
in Br. Pauls Speisezimmer — sind nur noch eiitige
von paustein ganz hübsch entworfene und von
O. bVeitz, Dresden und Zucker ausgeführte Schreib-
mappen, Rahmen, Notizblocks ic. zu finden, die
ineist nur wenige, gut verteilte Goldlinien aufweisen.
Da die Buchkunst als solche überhaupt unvertreten
geblieben ist, so muß inan zufrieden sein, wenigstens
in den Bucheinbänden von Anton Braito ein paar
tüchtigen Buchbinderarbeiten zu begegnen.

von p. paustein (Abb. p8). Eine freiere Behand-
lung von Linien zeigen ein Windschirm von Becky-
Dreifuß (japanische Reiher, in roter Zeichnung auf
graubraunem Grund), mehrere Rissen, Buchhüllen ic.
von Anna panto lska, bei denen die Feinheit der
Farbenstimmung mit der Zierlichkeit der Zeichnung
wetteifert. Ihrer künstlerischen Eigenart wegen ver-
dienen besondere Beachtung ein fein gesticktes Tüll-
tuch von Frau Rosa Angerer-RÜühltHaler, die
überaus zierlichen Bändchen- bzw. Spagalstickereien
von Frau Fritzi Deri-Winter, endlich die Arbeiten
der Gräfin E. v. Jork; die päubchen, Nadelkissen,

U6- Schmuck > Köfferchen von paup h a u st e i u , Stuttgart,
hellgraue Seide, mit Goldlitzen iibersxonnen; oben weißes Feld
mit Orangeornament; unteres Ornament dunkelgelb, hellgrau,
rot. (V4 der wirkl. Gr.)

*

*

> 15. Kissen von Frau Schirlitz-Behrend, Wildenroth.
Maschinenstickerei. Graugelber Liniengrund, Ornament in Seide:
schwarz, violett-rot und dunkelgelb. (V6 der wirkl. Gr.)

Als Gesamteindruck der Ausstellung ergibt sich
hinsichtlich der Raumkunst: Vorherrschen des Strebens
nach wohllautender Farbenstimmung, entschiedene Ab-
wendung von alleni Alten und vom Mrnament, Be-
seitigung alles Ankonstruktiven, — dagegen bisweilen
eine starke pinneigung zu primitivismus und zu tem-
perenzelnder Enthaltsamkeit: Übertreibungen, die im
blinden Eifer beim Verfolgen einer guten Leitidee auf-
getreten und die nur vorübergehende Erscheinungen
sind; daß die Freude an der Ausschmückung nur zeit-
weilig gewaltsam unterdrückt ist, dafür liegen allerlei
Anzeichen in verschiedenen Fachgruppen vor. Im
Laufe der periodischen Schwankungen wird auf das
Wellental wieder ein Wellenberg folgen. L. G.

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