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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 56.1905-1906

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Heilmeyer, Alexander: Neuere Münchener Grabmäler, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10293#0112

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Neuere Münchener Grabmäler.

experimentiert. Alan belauscht die Natur auf all ihren
Wegen und dringt in ihre Werkstätte ein. Wan ge-
wahrt in ihr eine sormenbildende schöpferische Ara ft und
hält sich an ihre freilich unberechenbaren, oft launen-
haften zufälligen Bildungen. Wan ahmt nach und ver-
gißt so leicht, daß Naturprodukt und Aunstwerk eben
doch zweierlei Dinge find. Wir sehen schon seit langen:
einen rastlos arbeitenden Wann auf diesen: Wege, der,
ausgerüstet n:it einer scharfsinnigen Erkenntnis, der
schaffenden Natur nachgeht, ohne daß es ihn: freilich
gelingen will, in seinen schöpferischen Arbeiten die
gleiche Fruchtbarkeit und Triebkraft zu äußern und
wirkliche Aunstformen zutage zu fördern. Den: hier
abgebildeten Grabmal der Familie Douglas Törnudd
von Gbrist (Abb. \87) haftet doch noch inanches Un-
fertige an. Die Form ist nicht zu ihrer vollen Reife
entwickelt. Es ist wie ein Gebilde aus Sauerteig, der
nicht ganz ausgegoren ist. Dabei ist nicht zu über-
sehen, daß die Gesamtwirkung, wie sie sich hier auf
den: Bilde zeigt, manches Anmutige an sich hat. Freund-
liche Sonnenstrahlen und Blumen tun das ihre dazu.

Das Streben und Suchen nach neuen Formen hebt
fast gleichzeitig an mit der Ausbeutung der wieder-
erlangten Technik der Steinbildhauerei. Diese fördert

gleichsam den

Jos. Köpf (Gußstein); Grabmal wecker-Eubler.

Ausdruck, stellt
neue Ausdrucks-
beziehungen zwi-
schen der form-
bildenden si)han-
tasie und dem
Waterial her;
sie regt gleich-

san: dazu an, sich in neuen Formen zu versuchen. Wenn man
nur der Logik der Anschauung, die der Prozeß der Steinbildhauerei
so stark fördert, auch folgen wollte. Der Weg wäre da, er braucht
bloß begangen zu werden. Wanchmal sehen solche Versuche
freilich noch etwas primitiv aus, als wollte man damit eigens
betonen „Jm Anfang war der Stein". Wan denkt an frühe
archaistische und stilistische Formen aus der Steinzeit und aus
Ägypten. Wan möchte glauben, die Bildhauer wollten Anschau-
ungsunterricht darin geben, wie sich die Form allmählich aus
dem Stein entwickelt, als wäre das Wittel der Zweck. Wan wird
sich bei einigen Arbeiten von Größner und Beyrer (Abb. (89
und (9^) dieser Eindrücke nicht ganz erwehren können. Doch
das sind nur Symptome einer Ainderkrankheit des allmählich sich
entwickelnden Formgefühls.

Wan strebt mit Erfolg darnach, Form zu zeigen, einfach tekto-
nische Forn: und bildnerisch belebte Form. Ein gutes Beispiel für
die erste Art gibt War Fr ick in den: Grabmal der Frau von
Berchem (Abb. (88). Aarl B a urch hat es in dem Grabmal für

*) Karl Baur, Bild Hauer, zu unterscheiden von dem unten genannten
Architekten Carl Bauer-Ulm, beide in München.

l85. Jos. Köpf (Gußstein); Grabmal
chubert Kühne.

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