Die Freie Vereinigung Münchener Kunststudierender.
554. Tapeten-Cntwurf von Karl Cosinus, München.
(Grau in Gran.)
Talente in den Dienst der Praxis stellen zu können.
Die großen kunstindustriellen Unternehmungen, die
von weitsichtigen und künstlerisch empfindenden Leuten
geleitet werden, sind selbstverständlich versorgt mit
Künstlern. Es wird daher den jungen aufstrebenden
Künstlern schwer, eine dauernde und lukrative Ver-
bindung mit ihnen zu gewinnen. Die klopfen an
bei kunstindustriellen Unternehmungen draußen in
der Provinz. Aber wie oft haben junge Künstler
es schon erlebt, daß sie dort auf völlige Verständnis-
losigkeit, auf eine tief beschämende Nichtachtung ihrer
künstlerischen Persönlichkeit sowie ihrer künstlerischen
Leistungen stoßen mußten. Ulan achtet die Zeich-
nungen junger Künstler gleichwertig mit den scha-
blonenhaften Zeichnungen eines Architekten, der, zu
eigenen Dchöpfungen unfähig, als Zeichner in einer
Möbelfabrik Unterschlupf fand, gleichwertig mit den
schablonenhaften Zeichnungen eines Lithographen in
einer graphischen Kunstanstalt.
Wie wertvoll wäre es hingegen, wenn die
kunstindustriellen Unternehmungen sich mit jungen
Künstlern in Verbindung setzten, junge Künstler an
sich heranzögen und durch begabte junge Künstler
das Niveau ihrer Erzeugnisse heben ließen. Kom-
merzienrat Ad. B r o u g i e r hat kürzlich die Gründung
einer Zentrale für Münchens Kunst und Kunstindustrie
vorgeschlagen, die die Produktion und den Absatz
von Kunsterzeugnissen jeglicher Art in ein richtiges
Verhältnis bringen soll und gewissermaßen den
Fabrikanten als Auskunftsstelle zur Vermittlung von
Künstlern dienen könnte. Eine derartige Zentral-
stelle für Kunst nnd Kunstindustrie, wie Kommerzien-
rat Brougier sie angeregt hat, erscheint geradezu als
eine Notwendigkeit, wenn man bedenkt, daß einer-
seits die Aufgaben der angewandten Kunst stetig sich
erweitern, daß anderseits eine große Anzahl junger
Künstler sich lange mühen müssen, bis sie Fühlung
mit der Praxis gewinnen, ihre Talente praktisch ver-
werten können.
Wir führen heute unseren Lesern einige Ar-
beiten von Mitgliedern der „freien Vereini-
gung Münchener Kunst studierender" vor,
die unsere Morte illustrieren mögen. Karl
Tosmus, Georg Tobler, Permann Berndl
und pans Audi Erdt sind aus der Münchener
Kunstgewerbeschule hervorgegangen. Ihre Dtudien
und Arbeiten zielten von Anfang an aus eine
praktische Verwendbarkeit hin; alle vier zeigen sie
starke dekorative Begabungen, die jetzt nur noch
darauf warten, sich in der Praxis betätigen zu können.
Karl Tosmus und Georg Tobler haben sich haupt-
sächlich bisher auf dem Gebiete der graphischen Künste
betätigt, Exlibris, Buchschmuck, Plakate, Vorsatz-
papiere und Tapeten entworfen, die einerseits von
einem fleißigen und intensiven Naturstudium ein
schönes Zeugnis ablegen, anderseits Erfindungsgeist
und ein feines Verständnis für geschmackvolle,
dekorative Wirkungen bezeugen. Die Arbeiten, die
hier abgebildet sind, waren zusammen mit einer
größeren Anzahl anderer Arbeiten im vorigen perbst
in der ersten Ausstellung der Freien Vereinigung Mün-
chener Kunststudierender vereinigt. Derartige Aus-
stellungen junger, aufstrebender Künstler sollten fleißig
von Unternehmern kunstindustrieller Institute besucht
werden. Und wenn Fabrikanten in einer derartigen
Ausstellung hoffnungsvollen jungen Talenten begeg-
nen, tollen sie Wagemut genug besitzen und sie für ihre
535. Damastmuster von Karl Cosinus, München.
234
554. Tapeten-Cntwurf von Karl Cosinus, München.
(Grau in Gran.)
Talente in den Dienst der Praxis stellen zu können.
Die großen kunstindustriellen Unternehmungen, die
von weitsichtigen und künstlerisch empfindenden Leuten
geleitet werden, sind selbstverständlich versorgt mit
Künstlern. Es wird daher den jungen aufstrebenden
Künstlern schwer, eine dauernde und lukrative Ver-
bindung mit ihnen zu gewinnen. Die klopfen an
bei kunstindustriellen Unternehmungen draußen in
der Provinz. Aber wie oft haben junge Künstler
es schon erlebt, daß sie dort auf völlige Verständnis-
losigkeit, auf eine tief beschämende Nichtachtung ihrer
künstlerischen Persönlichkeit sowie ihrer künstlerischen
Leistungen stoßen mußten. Ulan achtet die Zeich-
nungen junger Künstler gleichwertig mit den scha-
blonenhaften Zeichnungen eines Architekten, der, zu
eigenen Dchöpfungen unfähig, als Zeichner in einer
Möbelfabrik Unterschlupf fand, gleichwertig mit den
schablonenhaften Zeichnungen eines Lithographen in
einer graphischen Kunstanstalt.
Wie wertvoll wäre es hingegen, wenn die
kunstindustriellen Unternehmungen sich mit jungen
Künstlern in Verbindung setzten, junge Künstler an
sich heranzögen und durch begabte junge Künstler
das Niveau ihrer Erzeugnisse heben ließen. Kom-
merzienrat Ad. B r o u g i e r hat kürzlich die Gründung
einer Zentrale für Münchens Kunst und Kunstindustrie
vorgeschlagen, die die Produktion und den Absatz
von Kunsterzeugnissen jeglicher Art in ein richtiges
Verhältnis bringen soll und gewissermaßen den
Fabrikanten als Auskunftsstelle zur Vermittlung von
Künstlern dienen könnte. Eine derartige Zentral-
stelle für Kunst nnd Kunstindustrie, wie Kommerzien-
rat Brougier sie angeregt hat, erscheint geradezu als
eine Notwendigkeit, wenn man bedenkt, daß einer-
seits die Aufgaben der angewandten Kunst stetig sich
erweitern, daß anderseits eine große Anzahl junger
Künstler sich lange mühen müssen, bis sie Fühlung
mit der Praxis gewinnen, ihre Talente praktisch ver-
werten können.
Wir führen heute unseren Lesern einige Ar-
beiten von Mitgliedern der „freien Vereini-
gung Münchener Kunst studierender" vor,
die unsere Morte illustrieren mögen. Karl
Tosmus, Georg Tobler, Permann Berndl
und pans Audi Erdt sind aus der Münchener
Kunstgewerbeschule hervorgegangen. Ihre Dtudien
und Arbeiten zielten von Anfang an aus eine
praktische Verwendbarkeit hin; alle vier zeigen sie
starke dekorative Begabungen, die jetzt nur noch
darauf warten, sich in der Praxis betätigen zu können.
Karl Tosmus und Georg Tobler haben sich haupt-
sächlich bisher auf dem Gebiete der graphischen Künste
betätigt, Exlibris, Buchschmuck, Plakate, Vorsatz-
papiere und Tapeten entworfen, die einerseits von
einem fleißigen und intensiven Naturstudium ein
schönes Zeugnis ablegen, anderseits Erfindungsgeist
und ein feines Verständnis für geschmackvolle,
dekorative Wirkungen bezeugen. Die Arbeiten, die
hier abgebildet sind, waren zusammen mit einer
größeren Anzahl anderer Arbeiten im vorigen perbst
in der ersten Ausstellung der Freien Vereinigung Mün-
chener Kunststudierender vereinigt. Derartige Aus-
stellungen junger, aufstrebender Künstler sollten fleißig
von Unternehmern kunstindustrieller Institute besucht
werden. Und wenn Fabrikanten in einer derartigen
Ausstellung hoffnungsvollen jungen Talenten begeg-
nen, tollen sie Wagemut genug besitzen und sie für ihre
535. Damastmuster von Karl Cosinus, München.
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