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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 56.1905-1906

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Bröcker, Paul: Die Maschine als Werkzeug
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https://doi.org/10.11588/diglit.10293#0280

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Die Maschine als Werkzeug.

anzusehen, die ihm die Früchte seiner
Arbeit stiehlt. Und in der Tat setzt
sie ja auch dem lieben Publikum eine
Margarinekunst vor, „die es für viel
billiger und ebenso gut" hält. Aber
allmählich haben wir doch einsehen
gelernt, daß die Maschine ein Werk-
zeug ist, so gut wie pammer und
Säge, und daß es nur darauf an-
kommt, sie so wie diese in die Ge-
walt zu bekommen, anstatt daß sich
der Mensch gewissermaßen zum Werk-
zeug der Maschine degradieren läßt.

Die Maschine bedarf viel weniger
als das kleine Werkzeug der pand des
Menschen. Sie kann alles, und der
Mensch ließ sie alles machen, was sie
wollte, angefeuert durch den lockenden
Profit und die Freude an der eigenen
Fixigkeit im Erfinden. Mag fein,
daß diese Periode uns auch unter ge-
sunden Aunstverhältnissen nicht ganz
erspart geblieben wäre, da der um
der Volksernährung willen notwendige
wirtschaftlich - technische Pochschwung
ganz entschieden — zumal unter dem
Einfluß der einseitig-materialistischen
Weltanschauungsweise — eine ein-
seitig - verstandesmäßige Ausprägung
des Aulturzustandes gezeitigt haben würde. Das
hätte auch den Sinn für Gefühlswerte gelähmt,
den Blick auf das Äußerliche allein gerichtet und
so dem Aunstformen nachahmenden Engrosschaffen
der Maschine freie Bahn gemacht. Aber wesent-
lich dabei geholfen hat der krankhafte Zustand
der Aunst selber, die lediglich mit geborgten Stil-
motiven hantierte. Man darf jedoch nicht vergessen,
daß auch dieser Aunstzustand mit dem eben genannten
Ursachenkomplex innerlich verwachsen gewesen sein
muß, weil Aunst und Wirtschaft doch auf jeder Aultur-
stufe in geheimnisvoll inniger Wechselbeziehung stehen.
Wohl muß naturgemäß die Maschine darauf bedacht
sein, und sie ist es auch, das Produzieren von ^uali-
tätsgütern zu erlernen, weil sie eben für das Be-
dürfnis arbeitet, das gewisse Forderungen schließlich
doch durchzusetzen weiß. Aber klar ist es, so wie
die Dinge heute sich gelagert haben, daß die Ge-
sundung des Aunstgewerbes von Grund auf die wich-
tigste Vorbedingung für die Verweisung der Maschine
in die ihr als Werkzeug des Menschen gebührenden
Schranken ist. Und mir scheint, daß die Aunstent-
wicklung gerade in der Maschine selber, weil sie jenes
Bestreben hat, eine gute Bundesgenossin sehen darf.

Schon ehe die Maschine sich auf das Schmücken
legte, war der Schmuck nnkünstlerisch geworden. Nur
deshalb konnte die Maschine etwas der Arbeit des
Aunstgewerbes Ähnliches schaffen.

Stellen wir uns vor, wie der künstlerische
Schmuck entsteht. Dann sehen wir, woran es dem
Schmuck in künstlerischer pinsicht damals mangelte.

Ein Gegenstand wird für den Gebrauch ge-
macht; darum muß er zweckmäßig sein. Der Aultur-
mensch stellt nun von selber ästhetische Ansprüche an
ihn, indem er den Gebrauch selber genußartig er-
weitert. Nun hat der Zweck sich verändert, und die
Zweckform muß demgemäß auch eine andere wer-
den. Und da der Zweck sich geläutert hat, so muß
auch die Form eine geläuterte sein. Diese geläuterte
Form wirkt wiederum läuternd auf den Zweck zu-
rück, wodurch abermals eine Ästhetisierung der Zweck-
gestalt notwendig wird. So kommt es, daß ein
Gegenstand trotz seiner künstlerischen Gestalt die reine
Zweckform besitzt, eben weil diese die den: Zwecke
wegen seines ästhetischen Gehalts allein entsprechende
Form darstellt. Diese künstlerische IVeiterführung
geschieht nun zunächst durch Formierung der Aon-
struktion, durch Behandlung des Materials, durch
 
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