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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 60.1909-1910

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Westheim, Paul: Diez-Vignetten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9044#0379

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Diez-Vignetten.

drucksgewalt gemeistert zu werden. Dein Menschen, der
nicht sinnlich empfindet, mit welcher Struktur das alles
sitzt, wie ausgeglichen — ohne kleinliche Symmetrie-
absichten — diese Massen gefügt sind, kann man mit
Worten kaum auseinanderklauben, worauf die würzige
Araft der Diezschen Zeichenkunst beruht, ganz gleich
ob es sich um eine Wandmalerei, ein Mosaik oder
ein leichthin geworfenes Vignettenstück Handelt-
Monumental kann er sein, ist er, wenn die große
Aufgabe die wuchtige Gebärde heischt. Daneben
aber bewahrt ihn ein weltmännischer Instinkt, vor
dem nebensächlichen ©bjeft in ein krankhaft gespreiztes
Pathos zu verfallen. Solch Gelassenheit ist sehr zu
schätzen in einer Zeit, wo jedes Zeichnerchen über
die kleinste Skizze mit leuchtenden Reklamelettern
schreiben möchte: „Aufgepaßt, hier wird Aultur

gemacht!" Diez wirst seine Leistung hin mit der
schweigenden würde des Aönners. wenn bei rück-

733.

schauender Betrachtung dieses Schaffen uns mehr be-
deutet als der Temperamentsüberschuß einer welt-
frohen Graphikernatur, so ist eben zu bedenken, daß
er verfügt über das, was Walter Trane so laut
predigte, aber selbst nicht besaß: den dekorativen
Stil der Linie, der Fläche, des Raumes.

*

Die neuen Vignetten für die Bauersche
Gießerei sind ebenfalls durchstrahlt von solcher
Tugend. Die Aufgabe war die, für alltägliche,
häufig wiederkehrende Treignisse bildliche Embleme
zu ersinnen. Der Zeichen für die Narrenseligkeit des
Aarnevals, für die Täubchenzärtlichkeit von Ver-

lobungs- und pochzeitsfesten, für die schießbuden-
mörderische peraldik der Schützensesttage, für Aalender,
wein- und Speisekarten gibt es eine beträchtliche
Menge; meist sind es stereotype Wendungen wie die
Lyra des Gesangvereins, die immer wiederkehren und
in gewissem Sinne zu landläufigen Erkennungsmarken
geworden sind. Diese Allgemeinverständlichkeit mußte
auch in den Diezvignetten gewahrt und trotzdem etwas
Selbständiges, Neues gestaltet werden. Der freien
Erfindung konnte also nicht der weite Spielraum ein-
geräumt werden, den ein so agiler Geist wie Diez
sich vielleicht erwünscht hätte. Allein, eine genauere
Betrachtung der einzelnen Zeichen, ein Vergleich mit
dem vorhandenen Ziermaterial zeigt, wie er es ver-
standen hat, selbst dem abgegriffensten Thema noch
eine aparte Seite abzugewinnen, ohne — das ist das
entscheidende — unverständlich zu werden, was ist
 
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