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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 60.1909-1910

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Schulz, Fritz Traugott: Die Neue Schnitzerschule in Oberammergau: Architekt: Prof. Franz Zell, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.9044#0393

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Die neue Schnitzerschule in Dberammergau.

räume nicht verkleinern und zergliedern zu müssen,
entschloß sich der Architekt, die Pausmeisterwohnung
als niedrigen Anbau seitlich herauszuschieben. Ab-
gesehen von dein praktischen Vorteil einer ständigen
Überwachung der Schule gewann er hierdurch eine
sehr wohltuende Belebung der äußeren Silhouette.
Es kennzeichnet einen gesunden Geschmack, wenn der
Architekt mit weisem Bedacht die Anwendung be-
lebender Architekturglieder auf ein Mindestmaß be-
schränkte. Was hätte es auch für einen Zweck
gehabt, wenn er in dieser pinsicht den goldenen
Mittelweg überschritten hätte! So konzentrierte er
die Steigerung in der Belebung auf das Portal,
auf welches derpauptschmuck gelegt ist (Abb. 758), und
auf das im ersten Stock gelegene Direktorzinnner, das
er äußerlich durch einen schlichten Eckerker und Fenster-
läden betonte. Recht malerisch nimmt sich das große
Alansardendach aus, das sehr vorteilhaft ausgenutzt
ist, enthält es doch neben einer geräumigen Wohnung
für den Direktor noch einen großen, für Schüler-
ausstellungen vorgesehenen Saal und einen stattlichen
Reserveraum. Nicht zun: wenigsten aber wird die
vornehme Ruhe in: Äußeren erzielt durch die Farbe.
Die Waudflächen leuchten in einem für das Auge
angenehmen Weiß als Grundton. Die Fensterkreuze
sind in einem warmen Grau gestrichen, pinzu kommt
das lichte Rot des Daches und das frische Grün des
Aranzgesimses und der Traufe. Als Endergebnis

habe,n wir eine in ruhigen, aber klangvollen Tönen
sprechende Gesamtharmonie zu konstatieren.

Ein schlichter Zaun mit natürlicher pecke grenzt
das Anwesen nach außen hin ab. Auch hierin
dürfen wir eine Konzession an die ländliche Sitte der
Gegend sehen. Linker pand ist ein kleiner Garten-
pavillon angelegt. Für die andere Seite ist die Auf-
stellung eines Feldkreuzes beabsichtigt. Der Garten
ist in große Grasflächen geteilt, die von beschnittenen
Ligusterhecken umsäumt sind. Durch alles das ist die
malerische Außenwirkung der Anlage nicht unwesent-
lich erhöht worden.

Neben dein Pauptportal, dessen Gestalt und Aus
bildung aus Abb. 758 ersichtlich ist, verdient auch die
Türe zur Pausmeisterwohnung nähere Beachtung.
Der geschnitzte Blumenkranz bildet hier eine sehr sinn-
reiche Dekoration. Das Gleiche gilt von dem Bienen-
korb am westlichen Schuleingang, der als Symbol
des Fleißes hier an seiner rechten Stelle ist. Gleich-
zeitig steht er zu dem sternförmig behandelten Rahmen-
werk der Tür (weiß auf Grün) in wirksamem Kontrast.
Zm Znnern finden wir Helle, geräumige Vorplätze
und reichlich hohe sowie große Schulzimmer.

Außerordentlich vornehm wirkt das Treppenhaus,
das, zentral gelegen, allen Schmuck in sich zu ver-
einigen scheint (Abb. 75ß u. 760). Es soll das Znnere
sowohl in praktischer pinsicht wie vom ästhetischen
Gesichtspunkt aus zusammenfassen. Bequem kann

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