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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 3.1923

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Heft 1 (Januar 1923)
DOI Artikel:
Heckmann, Erwin: Kunsterziehung und Kunstunterricht: Gedanken und Erfahrungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22197#0008

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sint> und öucch die einfachsten Mitte! ihren
stärksten Ausdruck finden.

Die rein gefühlsmäßig entstandene Kunst-
arbeit des Kindes ist alfo noch nicht ohns
weiteres künsilerisch zu werten, denn Kunst
kommt auch von Können und verlangk mehr
als eine nur gsfühlsmäßige Hingabe an eine
sidee. Material und Technik sprechen auch
mit, wollen erkannt und verstanden, letztere
erlernr sein. Sie verlangen ihr Recht, ihre
volle Beherrschung durch öen Künstler, die
nur durch ständigs Äbung, durch rastloses
Arbeiten erreicht werden kann. Es gehk eben
nichk ohne gewisse Ferttgkelten und Kennk-
niffe, die unsere Ausdrucksfähigkeik erleich-
kern und stärken, und es geht nichk ohne ehr-
lrche Arbeit. Daran müffen wir denken im
Kunsiunterrichk, beim Schaffen der Kinder,
dann verlieren wir nicht den festen Grund
unter den Füßen.

Der Anfang unseres Kunsiunkerrichks be-
wegt sich, dem Alter der Kinder enksprechend,
in den denkbar primitivsten Bahnen. Wir
stellen zunächst, und zwar im Rahmen des
Gesamtunterrichts, den kleinen Anfängern
alle Mittel zur Berfügung, derer ste bedür-
fen, um ihrer kindlichen Phankaste entspre-
chend zu gestalten. Was dabei der Papier-
korb bedeutet, wissen alle, die selbst Kinder
haben. Für uns Erwachsene beherbergt er
ein Sammelsurium allerlei Schreibkischabfalls,
für die Kjnder aber ist er eine Fundgrube
der hetrlichsten Anregungen. Wir stellen
deshalb den Kindern alles zur Berfügung,
was wir haben an bunten Papieren und
Pappstücken, farbigen Stdffresten und Lap-
pen, leuchkenden Bändern und Borken, Fäden
und Schnüren, bunten Knöpfen, Holzsiücken
und Steinen aller Art und Größs, Garn-
rollen, Streichholz- und anderen Schachteln,
Büchsen aller Art und Sröße, farbigen Krei-
den, Tafeln, Pinseln und Farben, Draht,
Klebstoff, Scheren und Messern, elne Kiste
voll feuchten Ton, einen Sandhaufen und
vieles andere noch, worauf die Kinder selbst
aufmerksam machen oder was sie sich
sammeln.

Mit diesen Dingen lassen wir sie in völliger
Freiheit, ohne jeden Zwang von unserer
Seite, spielen und basteln, stets darauf

achtend, was das eine oder anders Kind
bevorzugt, wonach es greift, und in welcher
Art es sich am liebsten beschäftigt. Dazu
bieten wir oft Musik, spielen dazwischen,
tanzen und singen, erzählen Märchen und
lassen uns Selbsterdachtes, innerlich Erlebkes
von den Kindern wieder erzählen, spielen
Theater, improvisiert in ganz primittver
Weise, und suchsn in den Kindern von vorn-
herein schon den eigenen persönlichen Aus-
druck zw pflegen. Anton Dörffler hat in
seinem kleinen Büchlem „Einige Feste und
Munder aus der Schule zu Wunnentor" in
reizvoller Weise Ähnliches geschildert.

Mährend diese Anfangsbetätigung zuerst,
vor allem im Kindergarten, noch ein trieb-
haftes Spielen isk, wird es späker in der
Schule mehr und mehr zur Arbeik, sobald
zu der bisherigen Lust und Liebe nun noch
Sketigkeit und Ernst treten. Nun wird es
sich bald zeigen, wohin die Beigung das Kind
führt, was aus ihm herausdrängt und zuerst
entwickelt sein will, und dabei wird der
Lehrer nur immer offenen Sinnes und Her-
zens beobachten und auf die Fülle des sich
enkwickelnden Lebens, auf das Wogen und
Treiben um sich herum horchen müssen.

Musik und Farbs spielen bei der Arbeik
der Kleinen in der Schule eine große Rolle.
Wir wiffen ja, Laß beides, je nach der Ber-
schiedenheit von Ton und Klang, Merk und
Rhythmus, eine andere Wirkung auf Len
Menschen ausübt, ergänzend für sein Wesen,
befreiend oder hemmend für sein Schaffen.
Es ist deshalb nicht gleiä)gü!tig, in welchen
Farben die Räume gehaltsn sind, in denen
ftch die Kinder aufhalten. Während die einen
z. B. in einer gewissen rolen Umgebung wie
verwandelt stnd und Angewöhnliches leisten,
werden wieder andere gerade durch diese
Farbengebung stark in ihrem Schaffen ge-
hemmt. Diese gebrauchen vielleicht ein Grün,
um produktiv zu sein. Es wäre deshalb an-
gebracht, in den Arbeitsräumen in der Mitte
der Len Schülern gegenüberliegenden Wand
eine Anzahl Stoffvorhänge, etwa zwei zu
2 Meter groß, in den leuchtendsten, reinsten
Farben anzubringen, die je nach -Belieben
Herabgelassen, den Kindern bald diess, bald
jene Farbe zeigen, so daß die Wirkung dcr
 
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