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unserem heukigen Leben in der Schule — und ich die Arbeik vor den Augen der Schiiler snksteht. (Vor-
spreche von der Mikkelschule — die Zeik, eine der- modeliieren oder Meißeln, Entwurf einsr Komposi-
arkigs Erziehung durchzusühren? tion vor den Echülern oder Shnliches). Ein Kapikel
Seik etwa 15 Iahren yalte ich in meinen Schulen für Forkgeschriktene ist dann die Form, be-'
einen freien Kurs für Kunstbekrachkung ab, der mir dlngt durch die llndividualität des
noch jedesmal eine Quelle wirklicher Freude geworden Künstlers. Sind wir so wsit, so halts
ist. And die Teilnahme in den Kursen isk eine viel ich es für möglich, auf den Inhalk des Kunsk-
stärkere, als ich vom Skandpunkke der Ausführung werkes einzugehsn und die verhängnisvolle Ver-
wünschen kann, der Erfolg sprichk sich in dem nie er- wechslung von Gegenstand und Inhalt aus der Melk
lahmenden stnteresse und in der Fortsehung dsr zu schaffen. Der Inhalt, öas isk das Gefühl, der Aus-
Skudien nach Absolvierung der Schule aus. liber druck des Welibildes einss Künstlers odsr einer Ge-
die anderen Anzeichcn des Ersolges kann ich hier neration, das eigentlich Bewegende am Kunstwerk,
nicht bsrichken, weil ich die Beweise in einem Aus- der Gegenstand der Vorwand zur Sichtbarmachung
satze nichk führen kann. des Gesühls, im Grunde genommen also mehr oder
Die Aufnahme in dsn Kurs erfolg! bei uns auS weniger belanglos im Verhälknis zum Inhalt. Wir
verschiedenen, z. T. technischen Gründen, nach dem beobachten ferner, wie die izorin ihr Leben aus dem
14. l!ahr. Die Bekrachkungsweise gehk von dem Ähykhmus der menschlichen Nakur beziehk, wie dieser
Grundsatze dss Einfühlens aus und ist abhängig von selhst wandelbar durch Zeit und Naturell, dabei aber
der Art der Vorführung, dis durch das Originak, immer gleich verständlich ist. ^
durch Skiopkikon oder sonstige gute Reproduktionen Eln wichkiger Grundsatz bei diesen Aebungen ist für
dewerkstelligk werden kann. Dem jugendlichen Alter mich die eingehende, möglichst er'chöpfende Be-
entsprechend beschäftigen wir uns im Anfange mii obachtung etnes Kunstwerks, ohne hiskorische Bor-
dem Beschreiben, Nachzeichnen und Nachmodellieren bereikung. Die geschichtlichen Zusammenhänge müs-,
gswisfer Ekemente oder der Haupkstruktur, haupt- sen vielmehr aus dem Znhalt und der Form hervor-
sächlich zur Bertiefung des Einfühlungsvermögens. gehen und es ist für mich immer wieder eincs der
Bei architekkonischen Fragen helfen wir uns zur packendstsn Erlebnisse, wenn die Schüler nach der
Eewinnung des „Gestaltbegriffes^, aiso der zum ahnungslosen Betrachtung eines Wiener Bauwerkes
Bauen vsrwendeken Elemente, wie Pfeiler, Saulen, plöhlich daraufkommen, daß aus ihm z. B. der Geist
Bögen, mit selbsterzeugten Steinen, die uns sinnsällig dsr Gegenreformation spricht, oder datz ein anderes
die statischen Gesetze von Druck, Schub, Widerlager für ste auf einmal orienkalisch wirkt. Einer der wich-
usw. vor Augen führen. Bei Malerel und Bild- kigsten Gewinne bei der Betrachtung ist die Erkennk-
nerei verskehen wir unker „Gestalt" die Nakurvor- nis von dem Ernst der Arbeit kultureller Epochen.
bilder, deren flch der Künstler zum Ausdruck selner Mik der Erweikerung des Anschauungskreises wächst
Empfindungen bedient, also Mensch, Tier, Baum, das Berständnis für Zusammenhängs, für kulkureile
Molke, Fels usw. Nach länoerem Einfühlen in eine Borgänge und brichk sich eine kulkurgeschichkliche Auf-
geringe Anzahl Knnstwerire führe ich die Schüler fassung des Geschichksskofses oon selbst Bahn. An
in den Begrisf der „Form" ein. Die Form, die stch meiner Schule isk die Einfühcung gekroffen, daß der
im Kunstwerk als Linie, Fläche, Masse, Naum, Licht Geschichksunterrichk oon gelegentlichen Kunstberrach-
oder Farbs manifeskierk und bedingt durch Material kungen begleikek wird.
und Werkzeug, nakionale und kulkurelle Einflüsfe, Es ist mir klar, daß meine kurzen Andeukungen
Klima und Zeit ist, stellk das eigenklich künstlerische kein scharfes Bild meiner Beskrebungen geben kön-
Ausdrucksmikkei des Schaffenden vor und hat nur nen. Zweck dieser Ausführungen ist die Anregung,
sehr bedingke Zusammenhänge mit der Gestalt. Me- über diess Dinge, die sehr wohl aus den Zeichen-
sem Begriff beizukommen, dient abermals eine vor- unkerrichk zurückwirken können, eine Aussprache her-
stchkig geleikeke Neihe von Beirachkungen und Wie- vorzurufsn und ich bin gerne bereik, die Sache ge-
dergaben in Skift, Farbe oder Ton, odsr eins ge- nauer zu behandeln, wenn sich ein llnteresss dafür
legenkliche Borführung der Arbeik in dem Sinne, daß äußern sollke.
Der künstlerische Ideengehalt unserer gebräuchlichsten
Rechnungszeichen
Bon Dr.-3ng. E. Gutman.
Unsere moderne Zeit ist selken mehr lmstande, d!e löste die gesühlsbekonke makerial-formale Anschau-
uralten, cwig wahren Zeichen und Symbole, wie sie ungsweise früherer Perioden ab; die Bernachlässigung
uns in Neligion, Kunfl md Wissenschafk auch heuke des Formalen hinsichtlich seines Gehaltes und die
noch gegenüberkreken, iebensvoll und allen erkennbar Beräußerlichung desselbsn hat alles Geformke enk-
zu deuten und die darunter verborgenen Ideen und getstigk und zum lsb- und sselenlosen Objekt gemacht,
Borskellungen zur Anschauung und zum lebendigsn dem viele ohne jedes subjektive Gesühl und innere
Bewußtsein zu brmgen. Die „Form" ist den msisten Berständnis gsgenüberstehen. Das weltschöpferische
heute etwas rein Äußerliches, objekkiv Gegebenes, und welterhaltends Gsskaltungsprinzip ist in
dessen seelifchem Gehalt man kein besondsres Znteresse seiner Bsdeutung verkannt und vielfach gänzlich aus
zuwenden zu müssen glaubt. Die intekektuelle, gefühl- dem Auge verloren worden. Ansere Missenschaft >sk
ausschließende Betrachtungsweise, zu welcher uns dis zwar immer weiker in der Narurerkenntnis vorge-
anergekische Melkauffassung der Neuzeit gefühct hat, drungen, aber immer mehr hat sie dabei verlernt, die
unserem heukigen Leben in der Schule — und ich die Arbeik vor den Augen der Schiiler snksteht. (Vor-
spreche von der Mikkelschule — die Zeik, eine der- modeliieren oder Meißeln, Entwurf einsr Komposi-
arkigs Erziehung durchzusühren? tion vor den Echülern oder Shnliches). Ein Kapikel
Seik etwa 15 Iahren yalte ich in meinen Schulen für Forkgeschriktene ist dann die Form, be-'
einen freien Kurs für Kunstbekrachkung ab, der mir dlngt durch die llndividualität des
noch jedesmal eine Quelle wirklicher Freude geworden Künstlers. Sind wir so wsit, so halts
ist. And die Teilnahme in den Kursen isk eine viel ich es für möglich, auf den Inhalk des Kunsk-
stärkere, als ich vom Skandpunkke der Ausführung werkes einzugehsn und die verhängnisvolle Ver-
wünschen kann, der Erfolg sprichk sich in dem nie er- wechslung von Gegenstand und Inhalt aus der Melk
lahmenden stnteresse und in der Fortsehung dsr zu schaffen. Der Inhalt, öas isk das Gefühl, der Aus-
Skudien nach Absolvierung der Schule aus. liber druck des Welibildes einss Künstlers odsr einer Ge-
die anderen Anzeichcn des Ersolges kann ich hier neration, das eigentlich Bewegende am Kunstwerk,
nicht bsrichken, weil ich die Beweise in einem Aus- der Gegenstand der Vorwand zur Sichtbarmachung
satze nichk führen kann. des Gesühls, im Grunde genommen also mehr oder
Die Aufnahme in dsn Kurs erfolg! bei uns auS weniger belanglos im Verhälknis zum Inhalt. Wir
verschiedenen, z. T. technischen Gründen, nach dem beobachten ferner, wie die izorin ihr Leben aus dem
14. l!ahr. Die Bekrachkungsweise gehk von dem Ähykhmus der menschlichen Nakur beziehk, wie dieser
Grundsatze dss Einfühlens aus und ist abhängig von selhst wandelbar durch Zeit und Naturell, dabei aber
der Art der Vorführung, dis durch das Originak, immer gleich verständlich ist. ^
durch Skiopkikon oder sonstige gute Reproduktionen Eln wichkiger Grundsatz bei diesen Aebungen ist für
dewerkstelligk werden kann. Dem jugendlichen Alter mich die eingehende, möglichst er'chöpfende Be-
entsprechend beschäftigen wir uns im Anfange mii obachtung etnes Kunstwerks, ohne hiskorische Bor-
dem Beschreiben, Nachzeichnen und Nachmodellieren bereikung. Die geschichtlichen Zusammenhänge müs-,
gswisfer Ekemente oder der Haupkstruktur, haupt- sen vielmehr aus dem Znhalt und der Form hervor-
sächlich zur Bertiefung des Einfühlungsvermögens. gehen und es ist für mich immer wieder eincs der
Bei architekkonischen Fragen helfen wir uns zur packendstsn Erlebnisse, wenn die Schüler nach der
Eewinnung des „Gestaltbegriffes^, aiso der zum ahnungslosen Betrachtung eines Wiener Bauwerkes
Bauen vsrwendeken Elemente, wie Pfeiler, Saulen, plöhlich daraufkommen, daß aus ihm z. B. der Geist
Bögen, mit selbsterzeugten Steinen, die uns sinnsällig dsr Gegenreformation spricht, oder datz ein anderes
die statischen Gesetze von Druck, Schub, Widerlager für ste auf einmal orienkalisch wirkt. Einer der wich-
usw. vor Augen führen. Bei Malerel und Bild- kigsten Gewinne bei der Betrachtung ist die Erkennk-
nerei verskehen wir unker „Gestalt" die Nakurvor- nis von dem Ernst der Arbeit kultureller Epochen.
bilder, deren flch der Künstler zum Ausdruck selner Mik der Erweikerung des Anschauungskreises wächst
Empfindungen bedient, also Mensch, Tier, Baum, das Berständnis für Zusammenhängs, für kulkureile
Molke, Fels usw. Nach länoerem Einfühlen in eine Borgänge und brichk sich eine kulkurgeschichkliche Auf-
geringe Anzahl Knnstwerire führe ich die Schüler fassung des Geschichksskofses oon selbst Bahn. An
in den Begrisf der „Form" ein. Die Form, die stch meiner Schule isk die Einfühcung gekroffen, daß der
im Kunstwerk als Linie, Fläche, Masse, Naum, Licht Geschichksunterrichk oon gelegentlichen Kunstberrach-
oder Farbs manifeskierk und bedingt durch Material kungen begleikek wird.
und Werkzeug, nakionale und kulkurelle Einflüsfe, Es ist mir klar, daß meine kurzen Andeukungen
Klima und Zeit ist, stellk das eigenklich künstlerische kein scharfes Bild meiner Beskrebungen geben kön-
Ausdrucksmikkei des Schaffenden vor und hat nur nen. Zweck dieser Ausführungen ist die Anregung,
sehr bedingke Zusammenhänge mit der Gestalt. Me- über diess Dinge, die sehr wohl aus den Zeichen-
sem Begriff beizukommen, dient abermals eine vor- unkerrichk zurückwirken können, eine Aussprache her-
stchkig geleikeke Neihe von Beirachkungen und Wie- vorzurufsn und ich bin gerne bereik, die Sache ge-
dergaben in Skift, Farbe oder Ton, odsr eins ge- nauer zu behandeln, wenn sich ein llnteresss dafür
legenkliche Borführung der Arbeik in dem Sinne, daß äußern sollke.
Der künstlerische Ideengehalt unserer gebräuchlichsten
Rechnungszeichen
Bon Dr.-3ng. E. Gutman.
Unsere moderne Zeit ist selken mehr lmstande, d!e löste die gesühlsbekonke makerial-formale Anschau-
uralten, cwig wahren Zeichen und Symbole, wie sie ungsweise früherer Perioden ab; die Bernachlässigung
uns in Neligion, Kunfl md Wissenschafk auch heuke des Formalen hinsichtlich seines Gehaltes und die
noch gegenüberkreken, iebensvoll und allen erkennbar Beräußerlichung desselbsn hat alles Geformke enk-
zu deuten und die darunter verborgenen Ideen und getstigk und zum lsb- und sselenlosen Objekt gemacht,
Borskellungen zur Anschauung und zum lebendigsn dem viele ohne jedes subjektive Gesühl und innere
Bewußtsein zu brmgen. Die „Form" ist den msisten Berständnis gsgenüberstehen. Das weltschöpferische
heute etwas rein Äußerliches, objekkiv Gegebenes, und welterhaltends Gsskaltungsprinzip ist in
dessen seelifchem Gehalt man kein besondsres Znteresse seiner Bsdeutung verkannt und vielfach gänzlich aus
zuwenden zu müssen glaubt. Die intekektuelle, gefühl- dem Auge verloren worden. Ansere Missenschaft >sk
ausschließende Betrachtungsweise, zu welcher uns dis zwar immer weiker in der Narurerkenntnis vorge-
anergekische Melkauffassung der Neuzeit gefühct hat, drungen, aber immer mehr hat sie dabei verlernt, die