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eine Landschaft maien, recht eigenklich eine Land-
schast, wie auch wohl die Nicht-Maler sie sehen und
mit allem, was sie in die Landschast hineinfühlen, mit
der Wirkung, daß man dann weniger Farben, Lichte,
Linien als vielmehr Bäume, Berge, Ebenen und
Zäuschen sieht und oon diesen einen herzlichen Ein-
druck empfängk; oder: ein Märchen, eine Phantasie,
einen geistigsn Einfall. Alles aber so, datz die Haupt-
wirkung ausging oon dem Gegenskand, der dann
zwar „gut" oder „schlecht" gezeichnet, gemalt, radiert
sein mochte, jsdensallS aber fühlke man: daß dieser
Gegenstand durch ssine Eigenschasten wirke, Las
war dsm Künstlsr erskeS und Michtigstes Anliegen, als
sr schuf. Die Wirkung, um es genau zu sagen, war.
nicht ooll hindurchgeleiket durch die eigentlich bild-
künstlerischen.Mittel der Farbe, der Linie, des Bild-
körpers, fle konnte nichk smpfunden werden krast des
Eindrucks, den diese Mittel durch ihre Kombination
. und Leüchk- ünü Seskaltkrast hervorriefen, sondern
der Gegenfland sprach gleichsam unmittelbar, das
heißt: unmaierisch oder unzeichnerisch
oder unpiaflisch, durch sich selbsk, zu dem Be-
schauer.
Bon dieser Art ist die Kunst lange, sehr lange
gewesen. Dis Künstler — ich spreche nicht von den
Meistern, sondern von der durch Tradikion gebun-
denen Masse — haben darüber geradezu vergeffen,
datz es immer ihr erstes Anliegen sein, ihre erste Auf-
gabe bleiben muß, aus den rein bildkünstlerischen
Elemenken sin Werk zu gestalken (alles andre, ich
sagte es fchon, ist Gnadel). Sie haben es vergeffen!
und haben mit vernachlässtgter, undurchgefühlker
Technik likerarischs, bildungsmätzigs, landschastliche,
illustrativc Wirkungen erzielk, welche die Likerakur,
die Wissenschaft, die Landschafk, das illustrierte Werk
selber stärker und reiner erzielen könnsn. Kurz,
die Kunst felberwar verlorengegangen.
Da nun ist es gefchehen, daß-man flch besann. Man
mußke zurück zu den Elemenken. Es war leicht, sie
zu finden. Denn Farbe, Linie, Körper, Licht waren
ja gegeben. Man hat jedoch nicht allsogleich gewutzt,
was man nun damik anfangen solle. Denn wenn man
nicht mchr Gegenstände malen wollte, weil das
„gefährlich" war, was blieb dann zu malen? Ekwa
Farbensymphonien, Ornamenke, Linienkomposttionen,.
Schwarz-Weitz-Dramen. Das hat man versucht. Es
ist nicht gleich gegangen. Aber, — die Hoffnung, datz
es nun baid gehen werde, lebt sehr skark in den Mis-
senden. Wir bitken gar nicht um Geduld. Es ist die
verdammke Pflicht der Zuschauer dieses geschichtlichen
Dramas, teilzunehmen und zu warten. Das Drama,
Am 20. flanuar fand im Kultusministerium die ent-
scheidende Sihung statt, die den Verkretern der Or-
ganisationen Gelegenheit geben sollte, ihre Skellung-
nahme zu dem vom süchsischen Ministerium ausgear-
beiteten Entwurf der drei neuen PrüfungSordnungen
für Zeichner, Musiker und Turner kurz und klar zu
bekunden. Nach langsn Berhandlungen seit dem
April 1920 hatten sich die Miniskerien mit den bekei-
in dem sich Tausende opfern, trägk den gewaltigen
Titel: Wiedereroberung der bildenden Kunstl
Wissen Sie nun, waS ich meine? Wenn nicht, will "
ich ähnen noch eine Szene auZ diesem Skück erzählen.
Der Weimarer Lehrer 3tken lätzk seine Schüler dieses
machen: sie bekommen Arbeiten Rembrandks oder
eines anderen Meisters vorgestellk. Dann müssen
sie deren Lichk- und Dunkelstellen, deren Linien-
struktur wiedergeben, aber ohne die Gegenstände. Mo
bei Rembrandt ein schwarzer Baumstamm ist, haben
sie gegenstandslos Schwarz zu geben; wo menschliche
Figuren zu Gebilden komponiert sind, haben sie die '
reine Liniensührung des Gebildes herauszulösen und
zu zeichnen, wo helle Wolken und düstere Gebäude
sind, nur Las Hei! uud das Düster. So enistehen
Schemake, inhaltleer zwar, doch wirksam in einer
destilliert bildkünstlerischen Ark, die reinen Elsmente
Remhrandtschen Schaffens werdsn stchtbar. Sie ver-
sieheü, wie lehrrelch, wie flnnvoll diese Bersuche sind ;
— einem der größken Meister werden die Mitkel ab- /
gelernk, die seiner wie aller grotzen Kunst die aller-
eigentlichst bildkünstlerische WirKung verleihen.
Und nun zur „Skizzenwirtschafi"! Es bedarf wohi
kaum noch der Morte darüber. Da wir die Elemenke
suchen, neu ausproben, von Grund auf „studieren",
uns als unser Werkzeug mit der Leidenschafi der erst
Enttäufchten und nun Zoffenden aneignen, sind wir
sehr Lringend genökigk, sie immer wieder einzeln und
in kleinen Kombinaiionen zu verwenden, und zwar
ohne „Gegenstand, einfach wie ein Musiker ekwa
Klangwirkungen probiert oder Motive kombiniert.
Menn die Musiker dergleichen nicht veröffentlichsn,
wie Sie fagen, so mag das ein Glück sein: das Glück,
daß vielleicht die Musik nichk so verloren gegangen
war wie die bildends Kunst. Mögen sie kun was sie
wollen. Wir hatten die bildende Kunst verloren, nicht
durch unsere Schuld — wollt 2hr anklagen, so klagt
die Bäter an, nicht die Söhne! And wir stnd genökigt,
um des gemeinsamen Zieles, um des gemeinschafi-
lichen Lernens und Strebens und Wiederanfangens
willen — Skizzen zu veröffenilichen. Wir stehen am
Anfang eines langen Weges, an dessen Ende die
große Kunst stehk. Alle arbeiten und werkeln und
versuchen das Dergessene — da rufen wir es uns und
den ZLngeren und Rngsten zu, wenn wir wieder
einen Baustein, ein Eiement, eine Möglichkeit ge-
fundsn haben. Nicht mit Morten, denn wir sind
Künstler und bilden wohl, aber reden nicht gern.
Sondern mit — Skizzen! Denn die Skizzsn sind
unsere Bausteine, unsere Elsmsnte, unsers Mög-
lichkeiken. Eln bildender Künstler.
Aus dsiil .Kiinstwart«. °
ligten Kreisen auf eine Form geeinigt, an der sie —
wie gleich zu Eingang betont wurds — nicht mehr
rütteln zu lassen gewillt waren, wenn überhaupt die
drei PrüfungSordnungen Gesetz werden sollten. Das
Wesentliche Les Entwurfs war, von Bertreksrn des
künstlerischen Lehrsachs, Zeichnern und Musikern,
eine halbe, von Turnern IX- wissenschaftliche Lehr-
befähigung als Zusatz zu ihrem Hauptfach zu fordern.
Die neue sächsische Prüfungsordnung für Zeichenlehrer
und der Sächsische Philologenverein
eine Landschaft maien, recht eigenklich eine Land-
schast, wie auch wohl die Nicht-Maler sie sehen und
mit allem, was sie in die Landschast hineinfühlen, mit
der Wirkung, daß man dann weniger Farben, Lichte,
Linien als vielmehr Bäume, Berge, Ebenen und
Zäuschen sieht und oon diesen einen herzlichen Ein-
druck empfängk; oder: ein Märchen, eine Phantasie,
einen geistigsn Einfall. Alles aber so, datz die Haupt-
wirkung ausging oon dem Gegenskand, der dann
zwar „gut" oder „schlecht" gezeichnet, gemalt, radiert
sein mochte, jsdensallS aber fühlke man: daß dieser
Gegenstand durch ssine Eigenschasten wirke, Las
war dsm Künstlsr erskeS und Michtigstes Anliegen, als
sr schuf. Die Wirkung, um es genau zu sagen, war.
nicht ooll hindurchgeleiket durch die eigentlich bild-
künstlerischen.Mittel der Farbe, der Linie, des Bild-
körpers, fle konnte nichk smpfunden werden krast des
Eindrucks, den diese Mittel durch ihre Kombination
. und Leüchk- ünü Seskaltkrast hervorriefen, sondern
der Gegenfland sprach gleichsam unmittelbar, das
heißt: unmaierisch oder unzeichnerisch
oder unpiaflisch, durch sich selbsk, zu dem Be-
schauer.
Bon dieser Art ist die Kunst lange, sehr lange
gewesen. Dis Künstler — ich spreche nicht von den
Meistern, sondern von der durch Tradikion gebun-
denen Masse — haben darüber geradezu vergeffen,
datz es immer ihr erstes Anliegen sein, ihre erste Auf-
gabe bleiben muß, aus den rein bildkünstlerischen
Elemenken sin Werk zu gestalken (alles andre, ich
sagte es fchon, ist Gnadel). Sie haben es vergeffen!
und haben mit vernachlässtgter, undurchgefühlker
Technik likerarischs, bildungsmätzigs, landschastliche,
illustrativc Wirkungen erzielk, welche die Likerakur,
die Wissenschaft, die Landschafk, das illustrierte Werk
selber stärker und reiner erzielen könnsn. Kurz,
die Kunst felberwar verlorengegangen.
Da nun ist es gefchehen, daß-man flch besann. Man
mußke zurück zu den Elemenken. Es war leicht, sie
zu finden. Denn Farbe, Linie, Körper, Licht waren
ja gegeben. Man hat jedoch nicht allsogleich gewutzt,
was man nun damik anfangen solle. Denn wenn man
nicht mchr Gegenstände malen wollte, weil das
„gefährlich" war, was blieb dann zu malen? Ekwa
Farbensymphonien, Ornamenke, Linienkomposttionen,.
Schwarz-Weitz-Dramen. Das hat man versucht. Es
ist nicht gleich gegangen. Aber, — die Hoffnung, datz
es nun baid gehen werde, lebt sehr skark in den Mis-
senden. Wir bitken gar nicht um Geduld. Es ist die
verdammke Pflicht der Zuschauer dieses geschichtlichen
Dramas, teilzunehmen und zu warten. Das Drama,
Am 20. flanuar fand im Kultusministerium die ent-
scheidende Sihung statt, die den Verkretern der Or-
ganisationen Gelegenheit geben sollte, ihre Skellung-
nahme zu dem vom süchsischen Ministerium ausgear-
beiteten Entwurf der drei neuen PrüfungSordnungen
für Zeichner, Musiker und Turner kurz und klar zu
bekunden. Nach langsn Berhandlungen seit dem
April 1920 hatten sich die Miniskerien mit den bekei-
in dem sich Tausende opfern, trägk den gewaltigen
Titel: Wiedereroberung der bildenden Kunstl
Wissen Sie nun, waS ich meine? Wenn nicht, will "
ich ähnen noch eine Szene auZ diesem Skück erzählen.
Der Weimarer Lehrer 3tken lätzk seine Schüler dieses
machen: sie bekommen Arbeiten Rembrandks oder
eines anderen Meisters vorgestellk. Dann müssen
sie deren Lichk- und Dunkelstellen, deren Linien-
struktur wiedergeben, aber ohne die Gegenstände. Mo
bei Rembrandt ein schwarzer Baumstamm ist, haben
sie gegenstandslos Schwarz zu geben; wo menschliche
Figuren zu Gebilden komponiert sind, haben sie die '
reine Liniensührung des Gebildes herauszulösen und
zu zeichnen, wo helle Wolken und düstere Gebäude
sind, nur Las Hei! uud das Düster. So enistehen
Schemake, inhaltleer zwar, doch wirksam in einer
destilliert bildkünstlerischen Ark, die reinen Elsmente
Remhrandtschen Schaffens werdsn stchtbar. Sie ver-
sieheü, wie lehrrelch, wie flnnvoll diese Bersuche sind ;
— einem der größken Meister werden die Mitkel ab- /
gelernk, die seiner wie aller grotzen Kunst die aller-
eigentlichst bildkünstlerische WirKung verleihen.
Und nun zur „Skizzenwirtschafi"! Es bedarf wohi
kaum noch der Morte darüber. Da wir die Elemenke
suchen, neu ausproben, von Grund auf „studieren",
uns als unser Werkzeug mit der Leidenschafi der erst
Enttäufchten und nun Zoffenden aneignen, sind wir
sehr Lringend genökigk, sie immer wieder einzeln und
in kleinen Kombinaiionen zu verwenden, und zwar
ohne „Gegenstand, einfach wie ein Musiker ekwa
Klangwirkungen probiert oder Motive kombiniert.
Menn die Musiker dergleichen nicht veröffentlichsn,
wie Sie fagen, so mag das ein Glück sein: das Glück,
daß vielleicht die Musik nichk so verloren gegangen
war wie die bildends Kunst. Mögen sie kun was sie
wollen. Wir hatten die bildende Kunst verloren, nicht
durch unsere Schuld — wollt 2hr anklagen, so klagt
die Bäter an, nicht die Söhne! And wir stnd genökigt,
um des gemeinsamen Zieles, um des gemeinschafi-
lichen Lernens und Strebens und Wiederanfangens
willen — Skizzen zu veröffenilichen. Wir stehen am
Anfang eines langen Weges, an dessen Ende die
große Kunst stehk. Alle arbeiten und werkeln und
versuchen das Dergessene — da rufen wir es uns und
den ZLngeren und Rngsten zu, wenn wir wieder
einen Baustein, ein Eiement, eine Möglichkeit ge-
fundsn haben. Nicht mit Morten, denn wir sind
Künstler und bilden wohl, aber reden nicht gern.
Sondern mit — Skizzen! Denn die Skizzsn sind
unsere Bausteine, unsere Elsmsnte, unsers Mög-
lichkeiken. Eln bildender Künstler.
Aus dsiil .Kiinstwart«. °
ligten Kreisen auf eine Form geeinigt, an der sie —
wie gleich zu Eingang betont wurds — nicht mehr
rütteln zu lassen gewillt waren, wenn überhaupt die
drei PrüfungSordnungen Gesetz werden sollten. Das
Wesentliche Les Entwurfs war, von Bertreksrn des
künstlerischen Lehrsachs, Zeichnern und Musikern,
eine halbe, von Turnern IX- wissenschaftliche Lehr-
befähigung als Zusatz zu ihrem Hauptfach zu fordern.
Die neue sächsische Prüfungsordnung für Zeichenlehrer
und der Sächsische Philologenverein