Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 3.1923

DOI issue:
Heft 4 (Juli 1923)
DOI article:
Kolb, Gustav: Verein württ. Zeichenlehrer: Mitteilung des Ausschuffes an die Mitglieder über Einführung des Werkunterrichts
DOI article:
Umschau
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.22197#0082

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
81

niken gemeinsam mit ihren Schülern, zugleich leh-
rend und lernenü, erarbeitelen und es nicht nur zu
eigenen Leistungen darin brachten, sondern auch
schöne Anterrichtsergebnisse erzielten. Solche Er-
folge, die man der eigenen Krafti verdankt, gehören
gewig zum Echönsken im Leben eines Lehrers und
spornsn an zu neuem wagemutigem Vorwarksdrin-
gen. 1n der schon genannten Ausstellung war eine
reiche Anzahl oon graphischen Arbeiten einiger
höheren vchulen vectreten, die den Stempel echter
unversälschker Schülerlsistungen trugen. Mik dem
Papierschablonenschnitk und dem Formen und Bauen
mit Papier ist man dem Gebiet der eigsnklichen
Papparbeit nähsrgerückt. 3n die Herstellung
von geschmackvollen Kleister- und Tunkpapieren sin-
det sich der Zeichenlehrer ohne Mühe hinein, und
die Technik ist leicht zu erlernen, die nokwendig ist
zur Anfertigung voir Gegenständen aller Art wie sie
z. B. in dem kürzlich in „K. u. 3." besprochenen
Werkchen von G. Stiehler „Aund um den Klei-
stertops" empfohlen werden. Auch das einfä-
chere Buchbinden kommt für die Schule in
Betracht. Nach Erfahrungen, die man da und
dort in lehter Zei! gewonnen hat, bringt die stugend
dieser Technik heute schon deshalb Teilnahme ent-
gegen, weil man durch das Selbsteinbinden seiner
Bücher Geld sparen kann.

Zeichenlehrer, die ftüher schon Tretben in
Metall handwerksmäßig erlernten, werden diese
reizvolle Technik ihren Schülern besonders gerne
vsrmikteln. Der oder sener unter uns hat vielleicht
tlbung und Geschick im Schretnern. Er wird
den Zugang zum Werkunkerrichk von dieser Seite
nehmen können. Diese Technik erfordert allerdings
die teuersten Hilfsmittel und einen eigenen Ilnter-
richksraum, während die genannken anderen Techniken
recht wohl im Zeichensaal oder im Schulzimmer ge-
pflegt werden können.

Damit sind wir an den Punkt gekommen, der
heute besonders schwierig ist, an die Kosken-
frage. Aber auch diese dars uns nicht hin-
dern, das zu tun, was jetzt getan werden muß.
Wir fürchten: Wcr auf die äußeren Hilfsmittel war-
ten will, ehe er beginnt, wird nie beginnen. Heute
gilt es vielmshr, erfinderisch und wagemutig zu
sein und aus der Not eine Tugend zu machen. Es
gibt Amksgenossen, die so geschickt sind im Aufspü-
ren und Erschlishen von Geldquellen, daß man glau-
ben könnte, sie wären im Besihe einer Art Zauber-
Wünschelrute oder des „Kleine-Muck-Stabchens".
Durch geeignekes Merben bei und durch die Schü-

ler wird manches Scherslein eingehen. 3n einigen
Schulen wird durch Berkauf der graphischen Schul-
erzeugnisse Geld gewonnen. Wenn ein Amtsgenosse
auf diesem Weg namhafte Summen für die Ruhr-
hilfe sammeln konnke, warum soll er diesen Weg nicht
auch einmal zur Füllung der Lehrmittelkasse be-
schreiken! Wir meinen: Bcvor wir uns von der
drohendsn geistigen Berelendung packen und 'zer-
drücken lassen, wollen wir uns noch kräftig wehren!

Es gilt, die einfachsten, billigsten
technischen Hilfsmiktel aufzuspüren. So
mancher Amksgenosse besitzt darin besonderes Gs-
schick. Eine gewöhnliche abgebrochene NLHnadel,
umgekehrt in ein Holz gesteckt, kann z. B. als Ra-
diernadel, eine abgebrochene Stahlfeder mit einem
Holzgrisf verbunden, als Wcrkzeug beim Linolschniit
öienen., Wir oerweisen in diesem Zusammenhang
nochmals an das in „K. u. 3.", Hest 2, 1923 be-
sprochene Werkchen von K. Hils.

Fast jeder Amtsgenoffe beherrschk irgend ein Son-
dergebiet oder besitzt Erfahrungen- die er gerne an-
deren mitteilen würde. Gegenseitige An-
regung und Befruchtung in unserer Arbeit soll
uns gemeinschaftlich fördern. Wir müffen einander
viel mehr nähertreien als seikher und einer des an-
deren Arbeitsgebiek kennen lernen. Nur kein Ab-
schliehen voneinander !n solchen bedeutungsvollen
Werdezeiken! Wenn wir auch die jährlichen Ber-
fammlungen unseres Bereins noch mehr als bisher
diesem Zwecke dienstbar machen wollen: sie genügen
doch nichk, um das Kapikal an Anregung auszu-
schöpfen, über das wir verfügen. Kleine, oder noch
besser kleinste Arbeitsgemeinschafken von 2 oder 3
Amtsgenoflen sind am fruchtbarsten. So könnke in
wenigen 3ahren all das Können und Wissen, übsr
das Einzelne verfügen, zum Gemeingut von uns allen
werden. Dann mühte auch an die Behördsn heran-
getreten werden, damit Kurse in einzelnen Werk-
techniken veranstalkek werden. Aber Grundsatz mutz
fein: wo wir uns selbst helfen können, wollen wir
die StaatShilfe nicht in Anspruch nehmen. Denn
wir slnd der Lberzeugung, datz die Kräste, die un-.
ser Bolk zum neuen Leben verhelfen sollen, aus
dem Bolk selbst herauswachsen müssen. 3e mehr
diese Krä'fte sich selbsttätig regen, je bälder werden
wir wiedergesunden. Wir Zeichenlehrer stehen aber
an wichtiger Skelle, von der aus das Arbeiksleben
unseres Bolkes neuen Antrieb gewinnen kann. Ber-
gessen wir das niel

Für den Ausschuß des Bereins Würkk. Zeichenlehrer:

G. K o l b.

Rmschau

Der Lehrer und die Erziehungswiflenschaften.
3m experimentellen Pädagogen werden die Wert-
verwirklichungen tn fremden Personen nicht aus
Sympathie und Zuneigung geboren, fondern aus
einer wiffenschaftlichen Neigung heraus, aus einem
theoretischen 3nteresse. Denkt man sich den experi-
mentellen Pädagogen in seinec Reinhcit verwirk-
licht, so liegt darin sogar ein innerer Widerspruch.
Denn in ihm wirkt nicht mehr der soziale Mensch
sich aus, sondern nur der theoretische, und es be-

steht die gröhke Eefahr, daß schließlich das rein
theoretisch-pädagogische 3ntereffe den praktischen
Erzieher, Len auf den Menschen und nicht auf Sa-
chen eingestcllten Wertvermittler vollskändig verküm-
mern läßk.

Wenn ich etwas Werdendes beeinflussen will, so
muß ich dieses Werdende irgendwis zunächst in sei-
nem Wesen erfassen können. Man hat theorekisch
wenigstens, objektive Werkzsuge ausgebildet, um
dieses Erfassen des menschlichen Wesens zu ermög-
lichen, die Physiologte, die theoretische Erziehungs-
 
Annotationen