Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 3.1854

DOI issue:
Sprecher, Andr. von: Ein Szeklerknabe (Schluß)
DOI issue:
Rosenheyn, Max: Ein deutscher Fürst in Portugal (Schluß)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45119#0072

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
da schlich er Nachts hin, klopfte an der Bauern Fenster,
und niemals, wenn er sich zu erkennen gegeben, ging er
leer aus. Je hoher sie in's Gebirge hinaufkamen, desto
schwieriger ward es freilich, Speise zu finden, aber auch
der ärmste Hirte thetlte gern von seiner Armuth mit.
So waren sie bis in jene Gegend gekommen, wo Säräh's
Hirte sie verlassen hatte, an der Grenze des Chiker
Stuhles, in welchem die Heimath gelegen war. Am
Abend des eilften Tages, nachdem sie Petersdorf ver-
lassen, stießen sie hoch oben im Gebirge auf eine Heerde.
Tone, die nämlichen, die Gyula am Abend vor seinem
Abschiede im Wald bei Korondi's Hofe vernommen,
klangen ihnen entgegen. „Ist das nicht," rief er,
„Andräs, der Ochscnhirte?"
„Traun, er ist's," versicherte die Amme, dort sitzt er.
„Andräs!"

„So seien alle Engel gepriesen!" rief der treue
Knecht, die Kommenden erkennend. „Da ist das süße
Fräulein, da ist Zsuzsa, die Amme, und oh — seidJhr's,
Gyula! Seht doch! Euer Gut, gnädiges Fräulein, habe
ich bewacht und gehütet; es sind wenige der Thiere ver-
loren, es ist, als ob sie um Euretwillen beisammenge-
blieben wären."
Wie sie ausgezogen, nur in geringerer Zahl, kehrten
die Flüchtlinge zur Brandstätte zurück. Eine Nacht
trauerten sie um die Gefallenen. Dann machten sie sich
auf und wanderten der einsamen Hütte zu, dem Ge-
burtsorte Gyula's. Ob sie dort noch wohnen, oder in
die liefern Thäler hinabgezogen, und den Edelhof wie-
der aufgebaut haben, ist uns unbekannt; gewiß aber, daß
Säräh dem armen nsmss embsr ihre Hand reichte, dessen
Stammbaum nicht bis zum Hunncnfürsten hinaufreichte.


Ein deutscher Fürst in Portugal.
Historische Novelle
von
Max N o s e n h e y n.

(Schluß.)

Die Nnehrerbietigkeit des körperlich und geistig unbeholfenen
Menschen mochte der Fürst, aus angeborner Herzensgüte, nicht
auf Rechnung eines bösen Willens schreiben, und ergänzte schmun-
zelnd die kanzleimäßige Redensart durch: »Friedrich Wilhelm
Ernst, souverainer Fürst von Schaumburg-Lippe, Oberbefehls-
haber der portugiesischen Land- und Seemacht.«
»Vor Gott und dem heiligen Officium gilt kein Ansehn der
Person,« entgegnete darauf der stolze Großinquisitor.
»Dagegen dürfte ich mit Eurer Erlaubniß einwenden,« ver-
setzte der Fürst, »daß die hier beobachtete Rangordnung, die sich
sogar augenscheinlich in der Amtstracht nuancirt, Euren Ausspruch
Lügen straft.«
»Ihr seid ein kecker Beobachter,« sprach der Pfaffe piquirt,
»doch möchten wir Euch rathen, Euern Vorwitz zu lassen, da wo
er von Nebel.«
»Ich verstehe,« erwiederte der Fürst ironisch, „der Wahrheit
Töne dürfen bei Leibe nicht in den Ohren der Herren Geistlichen
das Trommelfell berühren: es ist dafür zu delikat, zu kitzlig.«
»Schweiget!« gebot der Hierarch, »die Geistlichkeit duldet's
nicht, daß man ihr Moral predige; sie thut es selber, kraft ange-
stammten Rechts. Demnach frage ich Euch, auf den Grund der
gegen Euch erhobenen Anklage, zum Ersten, ob Ihr es glaubet,
daß Ihr ein großer Sünder?«
»Das weiß Gott am Besten,« antwortete der Fürst mit bewun-

dernswürdiger Ruhe, »denn die heilige Schrift belehrt uns zur
Genüge darüber also: Wer will einen Reinen finden unter denen,
da Keinerrein ist, und abermals sagt die Schrift: Sie sind allzumal
Sünder und mangeln des Ruhmes, den sie an Gott haben sollen.«
»Euer thörichter Uebermuth wird uns die Fassung des Ur-
theils erleichtern,« nahm der geistliche Herr schadenfroh das Wort,
und zur linken Seite gewandt, fragte er die beruhenden Richter:
»Was urtheilen die Herren Amtsbrüder über die abschweisende
Auslassung des Angeklagten?«
Die einstimmige Antwort lautete also: »Er treibt nach aller
Laien Art strafbaren Mißbrauch mit den Worten der heiligen
Schrift, indem er sie, zur Beschönigung seiner Sünden, ketzerisch
deutet.«
„Und das votnm äsawivnm? fragte der Vorsitzende, rechts sick-
wendend.
„Hmaüwma. sit!« riefen die sechs entscheidenden Räthe.
„Zum Andern,« fuhr der Großinquisitor fort, »bekennt Ihr
reumüthig, daß Eure gottlosen Spöttereien über die Heiligkeit
des Stellvertreters Christi Euerm leichtsinnigen Diener Veranlas-
sung gegeben, frommgläübige Seelen mit dem Pesthauche der
Ketzerei anzustecken und sie dadurch der ewigen Seligkeit verlustig
und der höllischen Qualen theilhaftig zu machen?"
»Ich bekenne," antwortete der Fürst immer mit gleicher Ge-
lassenheit, „daß, wenn nicht der Schalksknecht ans Eurem Herzen
 
Annotationen