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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 3.1854

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Dräxler, Manfred: Die Plaisir - Fräulein
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Hofmann, K.: Ausflug nach der Neanderhöhle
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https://doi.org/10.11588/diglit.45119#0181

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gebraten und gebacken und die Eßstunde auf früher als gewöhn-
lich anberaumt, denn gleich nach Tische sollte im Verein mit zwei
befreundeten Familien eine „Waldpartie" gemacht werden. Ich
müsse auch mitgehen, meinDepreciren half nichts, und wurde mir
bei dieser Gelegenheit zu verstehen gegeben, daß die jüngere Toch-
ter, Fräulein Luise in den nächsten Wochen bei uns einen Gegen-
besuch machen und ihren Landaufenthalt nehmen werde. Ich
seufzte still und ergab mich in mein Schicksal. Da der Vetter
nach Tische zur Kanzlei mußte und doch auch »mitmachen" und
seiner Kinder kleines Pläsir ansehen wollte, wurde mir in An-
betracht meines kranken Fußes gestattet, mit dem Vater nachzu-
fahren. Mutter, Töchter und die übrige Gesellschaft brach gegen
ein Uhr im glühendsten Sonnenbrand zu Fuße auf, nachdem vier
Mägde mit schwer und reich befrachteten Körben voll Braten,
Gebäck, Kaffee und Wein wie die Lastthiere der Karavanen vor-
ausgeschickt und an die betreffende reizende Waldstelle beordert
waren. Etwa vier Stunden später fuhr ich mit dem Vetter nach;
am Waldsaum schickten wir den Wagen zurück und fanden nach
einem kurzen schönen Waldgange, während sich der Himmel etwas
umzogen hatte, bald die waldlustige Gesellschaft. Die Frauen-
zimmerchen saßen da im schönsten Staat, plauderten wie daheim
auf ihren Sopha's, schrieen laut auf, wenn eine Ameise herankroch,
und die Hauptunterhaltung wurde aus den bewußten Vorraths-
körben bestritten, d. h. sie lag ausgebreitet auf Tüchern der all-
gemeinen Theilnahme empfohlen und fand rüstigen Abgang. In-
nerhalb einer Stunde hatte sich der Himmel dichter umwölbt und
ein Gewitterregen brach los. Jetzt Geschrei und Verwirrung
überall; die Mägde mußten einpacken, Heimlaufen und Wagen
schicken; hier gab es nirgends einen Schutz als die Bäume, die
bald die doppelte Traufe von sich gaben, und so durchnäßt konnte
man sich in der Stadt doch nicht sehen lassen. Fast zwei Stunden
theilten die Wolken ihren Segen mit, bis die Fuhrwerke erschienen,
welche die Anwesenden kaum aufzunehmen vermochten. Vetter,
Base und ich, so wie die zwei umschwärmenden Jünglinge, die
sich auch hier eingefunden, mußten im Regen zu Fuß Heimwan-
dern. Das war der Donnerstag.

Freitags gab es verdrießliche Gesichter über die gestrigen
Ereignisse und vorzugsweise über das Loos der Damenhüte.
Vom frühen Morgen an arbeiteten zwei Nähterinnen an den
Fähnchen für den nächsten Sonntag in bad, und wir saßen
noch bei Tische, da erschien bereits die herberufene Putzhändlerin,
und Mutter und Töchter verschwanden im Nebenzimmer. Der
Vetter kratzte sich nach seiner Gewohnheit hinter den Ohren,
meinte aber, für das Unglück von gestern könne Niemand und
die Mädchen müßten auswärts doch anständig erscheinen. Nach
geschehenem Kauf kam die Vase und versicherte, sie habe bei
der Wahl der Hüte wieder mit Freuden gesehen, daß ihre Töch-
ter die einfachsten und anspruchlosesten Kinder seien. Vom Nach-
mittag weiß ich nur, daß mehrere Freundinnen kamen, ihr Bei-
leid über den gestrigen Unfall auszufprechen, und natürlich die
neue Garderobe in Augenschein nahmen. Abends begegneten mir
die Väschen in zahlreicher Gesellschaft auf der Promenade. Das
war der Freitag.
Und so geht es alle Tage fort mit Plaisir und kostspieligem
Zeitverjubeln, im Winter kommen noch Theater, Abendgesell-
schaften, Conzerte und Bälle hinzu. Was aus diesen Plaisirfräu-
leins werden soll, wenn der Vater plötzlich stürbe; was für Haus-
frauen die unglücklichen Männer bekommen, die etwa an eine
solche Partie anbiffen; wie der Vetter das Alles von seinem Ein-
kommen bestreiten kann, ohne der Zukunft ganz zu vergessen, >—
das sind Fragen, deren Beantwortung ich vergebens suche. Aus
Allem aber siehst Du wohl, liebe Frau, daß ich hier eine praktische
Schule durchmache, nämlich diejenige, wie die Töchter-Erziehung
nicht sein soll. Und damit ich's nicht vergesse, triff alle Vorkeh-
rungen, daß unser Käthchen in längstens vierzehn Tagen hinüber
fahren könne nach . ...heim zu der Familie ihres Onkels, damit,
wenn uns das Plaisirfräulein Sophie den unvermeidlichen Besuch
abstattet, es keine Gelegenheit finde, in unserm Hause Stadtunter-
richt zu ertheilen. — In den nächstenTagen hoffe ich Dich wieder-
zusehen und Dir noch Manches von hier zu erzählen.
Drarler-Manfted.


Ausflug nach der Meanderhöhle.
Von
K. Hofmann.

Nichts wirkt wohlthuender auf ein empfängliches Gemüth, als,
nach längerem Verweilen in einer geräuschvollen Stadt, hinaus-
fliehen zu können in die freie, schöne Gotteswelt, wo, statt der
vier Lunt bemalten Wände, der ferne Horizont und die duftigen
Hügelreihen der Berge den entzückt ausschweifenden Blicken eine
Grenze setzen, wo, statt der gemalten Copien in Glas und Rah-
men, uns das Urbild der Schönheit sich in einer pittoresken Land-
schaft selbst aufrollt. Das ferne Gebirge mit seinem romantischen
Zauber bildet den schönsten Hintergrund; das blumenreiche Wie-

senthal mit dem rauschenden Silberbach, die nimmer rastende
klappernde Mühle treten als Vordergrund auf, und der pflügende
Landmann, Hirte und Heerde, ein daher rasselnder Wagen sind
die bunteste und lebendigste Staffage. Wie belebend und erfri-
schend ist ein solcher Ausflug! Gleichsam als trete der Mensch aus
einer Verbannungs-Anstalt, aus einem unnatürlichen Ort des
Aufenthalts in eine friedliche Heimath, in die natürliche Welt sei-
nes Lebens und Treibens, die ihm der himmlische Schöpfer von
Uranfang hat angewiesen.
 
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