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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 3.1854

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Buntes / Gedichte / Literarische Besprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.45119#0162

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funken, so schießt das Wasser in feineren Krystallen als Reis an.
Auf die nämliche Weise wie der Reif, welcher in heiteren Nächten
des Frühjahrs und Herbstes die Wiesen mit einem dünnen Schleier
deckt, bilden sich die prächtig schimmernden Duftmassen, welche Bäume
und Sträucher zum Erdrücken überziehen, wenn im Winter nach län-
gerer heftiger Kälte warme Thauwinde Massen von Feuchtigkeit her-
beiführen. „Die Wände schwitzen, schlagen aus," sagt der
Volksglaube, wenn die kalten Mauern sich mit Eis bekleiden- Im
Hintergründe der Neufoundlandbai und südlicher herab an der Küste
von Nordamerika setzen die Winde die Feuchtigkeit, welche sie, über
die warmen Wasser des Golfstroms streichend, in reichlichem Maße
ausgenommen haben, in dicker Eiskruste an den von dem Nordwind
erkalteten Bäumen ab, und diese imposante Erscheinung des Silber-
thau's ist, wie Bonnycastle sagt, mit nichts zu Anderem vergleichen,
als mit ungeheuren Candelabern vom klarsten Krystall.
Eine merkwürdige Erscheinung in der Thierwelt. Wir
lesen in öffentlichen Blättern folgende Mittheilung: Der außer-
ordentliche Professor der Chemie an der Universität Heidelberg, Herr
Ur. L. Posselt, welcher sich nach bei der Staatsregierung einge-
holtem Urlaube schon seit mehreren Jahren wissenschaftlicher Zwecke
wegen in Amerika aufhält, und als ein eben so wahrheitsliebender
Mann, wie als scharfer Beobachter bekannt ist, theilte unterm 23. No-
vember 1852 aus der Mina de Jesus Maria de Valicello in Merico
seinem Bruder, dem Hrn. Professor und praktischen Arzte in Heidel-
berg, Ur. W. Posselt, eine höchst merkwürdige Erscheinung in der
Thierwelt mit. Wir würden jedoch Bedenken tragen, sie weiter zu
veröffentlichen, wenn deren Mittheilung nicht von einem Manne wie
Ur. L. Posselt herrührte. Die betreffende Stelle des Briefes lautet:
„Ich kann nicht umhin, einer merkwürdigen Mischrace zu erwähnen,
die hier auf den Dörfern angetroffen wird, und deren Existenz ich
vorneweg geläugnet haben würde, wenn ich nicht die positiven Beweise
ihres Daseins täglich vor Augen hätte, eine Bastardrace zwischen
Schaf und Schwein. Ein ganz junges männliches Schaf wird von
seinen Eltern weggenommen und im Hause aufgezogen, so daß es
den Umgang mit seines Gleichen entbehrt, und dann mit jun-
gen weiblichen Schweinen vollends groß gezogen. Sie begatten sich,
und eine Race entsteht, die dem Schweine sehr ähnlich ist, nur wollig,
schnell und viel Fett gibt, und, was das Merkwürdigste ist, wieder-
um fruchtbar ist."
Paßunwesen. Friedrich Gerstäcker erzählt in dem vor Kurzem
erschienenen fünften Bande seiner Reisen, daß ihm auf seiner Fahrt
um die Welt der Paß einmal weniger visirt worden sei, als
auf einer, kurz nach der Heimkehr erfolgten, Hin- und Rückreise von
Leipzig nach Wien.
Joseph Napoleon über die Spanier. Joseph Napoleon's
Memoiren haben schon manchen Jrrthnm aufgedeckt. Im vierten
Bande derselben spricht sich der ehemalige König wider Willen in
einem vertrauten Briefe an seinen kaiserlichen Bruder offen und frei
über die Illusion aus, Spanien von einem Napoleoniden beherrschen
lassen zu wollen. „Ein Prinz Ihres Hauses," schreibt Joseph an den
Kaiser, „wird sich auf dem spanischen Throne nur behaupte», wenn
er die Spanier so behandelt, wie diese einst die Unterthemen des Mon-
tezuma behandelt haben. Ich will Alles sagen: 200,000 Franzosen
und 100,000 Blutgerüste sind erforderlich, um den Prinzen, der über
die Spanier zu herrschen verdammt sein soll, auf dem Throne zu er-
halten. Nein, Sire, man kennt dieses Volk nicht. Jedes Haus wird
eine Festung werden, und jeder Einzelne denkt wie Alle. Ich wieder-
hole es: auch wenn die Eroberung gelingt, wird doch nicht Ein Spa-
nier für mich sein. Nicht ein einziger Spanier wollte im Dienste der
Franzosen, oder meiner Minister und der wenigen Personen bleiben,
welche ihrer Sicherheit wegen nicht flohen. 2000 Diener haben mich
trotz der hohen Besoldung, die ich ihnen gab, an demselben Tage

verlassen. Wir finden keinen Führer, keinen Spion. Der Marschall
Beziöres wußte eine Stunde vor der Schlacht von Rio-Seco nicht,
wo der Feind stand. — Alles was eine andere Sprache führt oder
anders berichtet, lügt oder ist blind."
Die Farben der Haare. In dem Buche „Das Geheimniß der
Farben" kommt Schmitz u. A. auf die Verwandlung der Farbe der
menschlichen Haare und deren Veranlassung zu sprechen. Eine Haupt-
ursache der Verschiedenheit der Farben ist die Verschiedenheit der Tem-
peratur der Körper. Diese Lehre auf die Haarfarbe angewandt führt
zu interessanten Aufschlüssen.
Die meisten Säfte unseres Körpers müssen auf irgend eine Weise
sich auflösen, denn sonst würden wir sie nie zu ersetzen haben und
keiner Nahrung bedürfen. Diese Auflösung, eine Art von Gährung
oder Verbrennung, ist in der ersten Stufe gelb, in der zweiten
roth, in der dritten, oder nach vollendeter Auslösung oder Verkoh-
lung, schwarz. Zwischen gelb und roth liegt orange, zwischen
roth und schwarz liegt violett und braun. So geben die ver-
schiedenen Stufen der Säfte, von ihrem weißen Ursprünge bis zur
vollendeten Auflösung, die Farben 1) weiß, 2) gelb, 3) orange, 4) roth,
5) braun, 6) schwarz. Da die blaue Farbe, die Fülle der Wärme,
im lebenden Körper nur ausnahmsweise vorkommt, so vermißt man
diese und ihre Abstufungen, grün und violett, in der Reihe der Haar-
farben. Denn da die Haare aus den Säften hervorwachsen, oder ein
Auswurf derselben find, so können sie keine andern Farben, als die
der Säfte selbst haben, und folglich blau, grün und violett in der
Reihe ihrer Nüancen nicht vorkommen. — Um sich nun eine genauere
Idee von dem Unterschiede der Haarfarben zu machen, denke man sich
den Körper wie ein mit Säften gefülltes Gefäß. Die Ausströmung
der Säfte, welche die Haare bilden, kann man sich vorstellen wie
das Ueberlaufen eines zählenden Gefäßes. Cs begreift sich, daß, wenn
der Körper nicht mehr ganz mit Säften angefüllt ist, diese nicht mehr
ausströmen und keine Haare mehr bilden; woher denn Personen, deren
Säfte sich durch Alter (Krankheiten) oder Ausschweifungen erschöpfen,
Kahlköpfe sind. — Wenn der Körper zwar noch vollsästig ist, aber durch
Schwäche, oder durch die Kälte des Alters, keine Gährung mehr Statt
hat, so ist nothwendig die Ausströmung der Säfte, oder die Haare,
weiß wie die Säfte selbst. — Hat die Ausströmung in der ersten
Stufe der Auflösung Statt, wie bei der Fülle der Säfte und der
Wärme des jugendlichen Körpers der Fall ist, so haben die Haare die
Farbe der verhärteten gelblichen Säfte und sind blond; hat die Aus-
strömung etwas später statt und fällt in die Nüance zwischen gelb und
roth, so sind die Haare goldfarbig. — Geht die Ausströmung bei einer
mindern Fülle der Säfte erst in der vierten Stufe der Auflösung,
unter der rothen Farbe, vor sich, so sind die Haare so roth wie die
Säfte. Ist der Körper wieder um einen Grad trockner, so erfolgt die
Ausströmung der Säfte in der Nüance zwischen roth und schwarz und
die Haare sind braun. Endlich erfolgt bei einem hitzigen und trockenen
Temperamente die Ausströmung erst nach vollendeter Auflösung, oder
im Zustande der Verkohlung der Säfte, und die Haare sind schwarz. —
Die Säfte können im verhärteten Zustande, als Haare, nicht genau
unter demselben Lichte, wie im Zustande der Flüssigkeit erscheinen.
So ist die erste Stufe grau statt weiß, die zweite flachsfarbig statt
gelb, die dritte goldfarbig statt orange, die vierte fuchsig statt roth.
Die Kohlfarbc, welche schon selbst ein Zeichen der Verkohlung oder
der Verhärtung ist, bleibt sich gleich. — Aus der Ursache der Kahl-
heit des Kopfes ist zu ersehen, wie schwer die Kunst sein muß, Haare
aus einem kahlen Kopfe hervorzubringen; denn dieß wäre nichts An-
deres, als die Kunst, einen cntsäftcten und erkalteten Körper mit ju-
gendlich brausenden Säften zu Überfülle». — Diese Erklärung der
Haarfarben durch den Grad der Wärme oder das Temperament des
Körpers liefert selbst den Beweis dieses Grundsatzes. Denn man
erkennt im weißen Haare des Alters die Farbe der entwichenen Wärme.


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