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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 2.1928

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Nr. 7
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von Sydow, Eckhart: Die Sammlung August v.d Heydts in Ascona
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https://doi.org/10.11588/diglit.67647#0060

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DIE SAMMLUNG AUGUST V. D. HEYDTS IN ASCONA
VON
ECKART VON SYDOW

KAMERUNER NEGERMASKE


Die Kunstsammlung A. v. d. Heydts ist für das
Ascona unserer Tage ungefähr das, was das Pünkt-
chen für das i bedeutet. Das i könnte ja auch
ohne Punkt sein, man würde es auch in dieser
robusten, primitiveren Form verliehen und lesen,
— und doch gewinnt es Haltung und Betonung
erst durch sein Tipfelchen. So ist auch das Ver-
hältnis zwischen Ascona und der Heydtschen
Sammlung.
Gewiß — der Reiz des Außergewöhnlichen ist
dort noch immer lebendig. Manche Menschen
leben dort, die jene alten Siedler gekannt haben,
die einst den Monte Veritä in eine Heimslätte für
extreme Individualislen umgestalten wollten, —
jene Kreise, in denen mancherlei abseitige Mensch-
lichkeit ihre tragischen und komischen Episoden
erlebten. Das ist nun schon ziemlich lange her, —
Biographien und Romane haben ihre mehr oder
minder unzutreffenden Berichte geschrieben. Der
Hauch einer poetischen Patina legt sich allgemach
über die Restbestände eines verunglückten Experi-
ments indealistisch-skurriler Sonderlinge.
Die immer drohendere Nähe der Ermattung
wurde auch nicht entfernt, als die Laune der Mode
sich Ascona zuwendete und dorthin, nicht mehr

nach Kämpen oder Hiddensoe, ihre Gläubigen
berief.
Ein Mittelpunkt geistiger Art fehlte.
Nun scheint er in dem Hause v. d. Heydts ge-
geben.
Auf richtigere, gewissermaßen sachlichere Weise,
als damals im Kreise der Naturmenschen. Es ist
ja doch ein so putziger Widerspruch zwischen allem
Agitatorischen und dieser Landschaft, die so fried-
lich, so schön, so idyllisch in allem ist. Und die
jeden, der sich ihr hingibt, ja selbst den, der ihrer
Verführung widerstrebt, in bewunderungswürdig
kurzer Zeit ebenso verzaubert, wie die Circe den
Odysleus: das Problematische verschwindet, die
Gegenlätze gleichen sich aus, — man wird heiter,
vergnüglich, behaglich. Das Barbarentum der Ge-
schäftigkeit weicht scheu zurück vor der Süßigkeit
der puren Existenz in Sonne und Licht und Waster.
Aber man wird nicht eigentlich faul, — dazu ist
der Schimmer auf Gebirge und See zu glühend.
Ein guter genius loci hat über Ascona gewaltet,
als der seltene Reiz dieser Landschaft einen unserer
feinfühligsten Sammler bewog, einen Teil seiner
Kunstschätze auf den Monte Veritä zu bringen.
Einen Teil nur! Die ganze Sammlung v. d. Heydts
wäre ja viel zu gewichtig gewesen, — sie würde fast
ein Museum bedeuten, und dann wäre wieder alles
das dagewesen, vor dem der geistige Mensch gerade
nach Ascona flieht: das Kennertum mit seiner kriti-
zistischen Geschäftigkeit, das Gelehrtentum mit
seiner sach-sachlichen Schwerfälligkeit. Nun haben
sich Heydts künstlerische Besitztümer verteilt: nach
Zandvoort, nach Berlin, nach Ascona.
So wie jetzt August v. d. Heydt seine Auswahl
für Ascona getroffen hat, ist sie wirklich vorteff-
lich, — mit sicherem Takt gruppiert, daß all das
Schöne und InteresTante zusammenstimmt mit der
Stimmung, die maßvoll, aber unwiderstehlich aus
der reizenden und großen Landschaft aufsteigt.
Wie gut und richtig, daß asiatische Ku n st
überwiegt! China, Japan, Bali, Indien, — alles
Namen, bei denen das gleiche Grundgefühl an-
klingt, das jeden wahren „Asconesen“ erfüllt. In
dieser Sammlung auf diesem Berg, ist keine Distanz
zwischen uns, den Verzauberten, und den fremd-
ländischen Werken. Gewaltlos ergreifen uns die
gleichwohl gewaltigen Figurationen asiatischer
Künstler.

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