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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 2.1928

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Nr. 8/9
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Kurth, Willy: Fritz Heinsheimer
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https://doi.org/10.11588/diglit.67647#0104

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FRITZ HE INSHEI MER

HERRENBILDNIS FRITZ HE INSHEI MER

EISHOCKEY

FRITZ HEINSHEIMER
VON DR. W. KURTH,
Kuftos am staatl. Kupferstichkabinett, Berlin

Von der Natur des Bodensees über die Kunst seines
Meisters Slevogt ist Heinsheimer ein Eigner geworden. Es
ist eine gesunde, doch leider seltene Veranlagung, zu willen
was man will. Mit ihr aber ist Heinsheimer glücklich be-
dacht worden und hat seinen Weg. geradaus nehmen können.
Er hat fest zu dem lebendigsten Thema unserer Tage zugegriffen,
dem Sport: wahrlich offenbart sich im Körper das wahre Gesleht
unserer Tage und Psychologie wird zur Physiognomik. Mit Ernst
und sacherfülltem Studium entzieht sleh Heinsheimer dem
Impressionismus als Journalismus. Nicht ein Spiel flüchtiger
Arabesken, nicht der Einfall in die Natur durch den Moment
der Camera erscheint ihm seine malerische Aufgabe. Er er-
lebt in den Bewegungen seiner Helden des Radrennens, des
Eishockey, des Boxens und des Schlittschuhlaufes eine Lei-
stung, die als Summe Stück für Stück aufgebaut werden
muß, wie seine Helden selbst es taten. Anstelle der Im-
pression tritt die Multiplikation so und so vieler Teile. Sich
ein Bild von der Sache machen, sollte immer zu den ge-
sunden Tätigkeiten der künstlerischen Anschauung zählen.
In ihr liegt Ueberzeugung und Wahrhaftigkeit der Be-
wegung seiner Darstellungen. Die klare Profilierung der
Bewegung erfüllt unsere Vorstellung von der Körperleistung
und steigt hinauf zum Gruppenzusammenhang, der mit sei-
nen Interwallen die Spannung steigert. Auch den Rahmen,
so kompliziert auch im Augenblick sein Ausschnitt erscheinen
mag, stellt Heinsheimer somit in den Dienst der erschöpfen-

den Vorstellung. Er erscheint als die notwendige Perspektive
der Körperbewegung, in die diese sich hineinprojiziert. Er
ist ihm keine malerische Eigenexistenz impressionistischer
Observanz, sondern in engster Zweckverbundenheit mit dem
Exponenten des Körpers, seiner Bewegung.
Die Physiognomik des Körpers beherrscht auch das Va-
riete und die Revue, das Heinshcimers zweites Interessen-
gebiet ausmacht. Doch versteckt sich hier die Leistung des
Körpers hinter den Einfall des Temperamentes, hinter den
Ausdruck des Momentes. — Der Künstler entfaltet ihn auf
einer reicheren Szenerie, die aber stets nur mit den Körpern
zusammengesehen wird und malerische Sonderwerte ver-
meidet. Die profilierte Physiognomik des Körpers ist auch
hier höchftes Streben, dem auch die Farbe gilt, die nicht
impressionistisch im Licht, sondern als Licht befreit vom Ton
auf der Fläche erscheint und die Physiognomie der ganzen
Erscheinung charakterisiert. In dieser Malerei Heinshcimers
liegt ein gewisser graphischer Zug, die Mittel zu ökonomi-
sicrcn, den kürzesten Weg zum malerischen Ausdruck zu
finden. Daß das Bildnis für Heinsheimer mit dieser Ein-
stellung zur sinnerfüllten Körpererscheinung besondere Be-
deutung haben muß, ist notwendige Konsequenz. Mit dem
Erfassen durchschlagender Haltung wird nicht nur das Ge-
sicht, sondern der ganze Körper Mittel der individuellen Eigenart
und Heinsheimer baut auch hier den Charakter in großen
Formkomplexen physiognomiich stark und eindringlich nach.

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