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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 2.1928

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Nr. 8/9
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Kubsch, Hugo: Emil Nolde Briefe
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https://doi.org/10.11588/diglit.67647#0102

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EMIL NOLDE

SPANISCHER JUNGE

EMIL NOLDE JUNGES MÄDCHEN


EMIL NOLDES BRIEFE VON HUGO KUBSCH

Im letzten von Emil Noldes Briefen, die Max
Sauerlandt aus den Jahren 1894 bis 1926 gesammelt
hat (Furche-Verlag, Berlin), liest man das weh-
mütige Bekenntnis Noldes: daß auf manchen sei-
ner kleinen mit „Herzblut geschriebenen“ Briefe
als Antwort nur „eine freundlich bedeutungslose
Ansichtskarte“ kam. „Etwas belser habe ich das
Höhnen und Lachen meiner Malkunst gegenüber
hinnehmen können, das war aktiv und ich war
immer souverain.“ Nolde selbst hat seine Briefe
„die kleinere Seite seiner Produktion“ genannt,
und es ist deshalb verständlich, daß das matte
Echo, das diese Produktion manchmal fand, ihn
betrübte. Denn Nolde ist in seinen Briefen, die
falb alle kurz und ohne Wortprünk sind, ebenso
nördlich hart, herbe, ehrlich, wie in seinen Bildern.
Die Briefe geben ja nicht sein Sein, sondern nur
eine Seite, nicht sein Wesen, sondern nur einen
Teil von ihm. Ganz gibt sielt Nolde nur in seinen
Bildern. Darum bemüht er sielt auch nicht, in
Briefen Aufschluß über seine Kunst zu geben. Er
lagt in einem Briefe vom Jahre 1907: „Ich kann
nicht schreiben von meiner Kunst . . ., mein inner-
stes wirkliches Wesen findet nur int Malen seine
Sprache, ich fühle mich nur wie eine Schale, darin-
nen ein Maler wohnt.“ Man soll deshalb bei Nolde

keine abgrundtiefe Weisheit eines Schöpfers suchen,
der über sielt selbst philosophiert. Manchmal sickern
ein paar Tropfen solcher Erkenntnis durch. Oft
beiläufig, nebenher, ganz ohne das Pathos „inner-
ster Ueberzeugung“, dann wieder als gehämmertes
Bekenntnis. „Ich male und zeichne und suche
einiges vom Urwesen festzuhalten.“ In dicsem Satz
sleckt eigentlich der ganze Nolde. Er will zum
Urwesen hinabsteigen, darum sind ihm seine Bilder
der Urmenschen so echt und herb, daß sie unmög-
lich in „parfümierte Salons“ passen.
Nolde fühlt sielt innerlich dem Gauguin ver-
wandt: „Gar keinen anderen bildenden Künsller
weiß ich, außer Gauguin und mir selbst, der aus
der unendlichen Fülle des Naturlebens Bleibendes
brachte.“ Und es decken sich manche Züge seines
Wesens mit denen von Gauguin. Auch Nolde ist
so berauscht von der ungebrochenen Natur der
Urmenschen, die er auf den Südseeinseln fand, daß
ihm alle europäische Zivilisation zum zerfaserten
Plunder wird. Er empört sielt über die Instinkt-
und Gewilsenlosigkeit, mit der der Europäer die
ursprüngliche, reine Natur des Urmenschen ver-
giftet und zerstört. Und er haßt mit der gleichen
Inbrunst den Intellekt, der sielt ins Schaffen
stiehlt: „Wohl denke ich viel, aber die Momente,

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