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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 2.1928

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Nr. 10
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Nikolaus, Paul: Als ich mal Maler war
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https://doi.org/10.11588/diglit.67647#0149

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Issai Kuloianski Der dicke Mann (Oel)


ALS ICH MAL MALER WAR
VON
PAUL NIKOLAUS
1922 kam ich nach Berlin, kein Mensch kannte mich.
Eines Abends ging ich ins Kleine Theater, das bekanntlich
die steilste Treppe Europas besitzt. Neben mir, beim Heraus-
gehen, stolperte eine Dame und hätte sich beim Sturz den Hals
brechen können, wenn meine liebenswürdige Hand sie nicht
gestützt hätte. Ihr Gatte und sie waren begcistert von mir; sie
luden mich ein.
Dabei Tagte ich so hin, ich sei Maler. (Was süllte ich auch
Tagen?) Die Tehr charmante Gattin Tah mich prüfend an -
schon dachte ich, sie hätte meinen Schwindel entdeckt, — dann
sagte sie aber: „Sie müßen mich malen.“ Ich sagte: „Gern.“
(Ich muß eine Zwischenbemerkung machen: Ich bin in der
Malerei unbegabter als mein sechsjähriges Nichtchen Hannele,
ich kann keinen geraden Strich machen, ich war in der
Schule vom Zeichnen dispensiert und durfte die Tafel
reinigen. Aber:)
Ich lieh mir Pinsel, Staffelei, Palette und begann die sehr
charmante Gattin zu malen: sehr futuristisch, wie’s so meiner
Art entsprach.
— Wenn man eine Dame drei Wochen lang malt, kommt
man ihr näher. (Dies nur nebenbei.)
Infolgedessen dauerte des Bildes Vollendung 2^/2 Monate.
Als der Gatte es iah, fand er es „sehr eigenartig“. Er hat es
seiner Schwiegermutter geschenkt; sie ilarb ein Jahr später.
Ich habe hernach nie mehr gemalt; mein einziges Bild ist
sehr seiten.


August Wilhelm Dressier

Liebespaar (Oel)


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