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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 2.1928

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Nr. 10
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Ostwald, Hans: Humor und Satire in der deutschen Malerei und Graphik
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https://doi.org/10.11588/diglit.67647#0127

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Heinrich Johann Zügel

Der Wächter (Oel)

HUMOR UND SATIRE IN DER DEUTSCHEN MALEREI UND GRAPHIK
VON
HANS OSTWALD

Künstler verachten meistens die Konvention. Fast alle
slehen mit der Alltagswelt in Widerspruch. Aber ihre Offen-
herzigkeit, ihre Gemiitsfiille, ihre Erhabenheit über die Um-
welt bringt sie oft dazu, dem Ernst durch scherzhafte Ge-
staltung eine heitere Seite abzugewinnen und ihn erträglich
zu machen. Nicht immer, nicht sein ganzes Leben lang wird
jeder Künstler die Dinge sich unterwerfen. Oft genug werden
die Dinge ihn unterkriegen.
Aber einige Tage, einige Stunden hat jeder Künstler, wo
er mit einem Lächeln eigenes und fremdes Mißgeschick in
Frohsinn umwandelt.
Von den allcrernstesten Künstlern haben wir da ent-
zückende Beispiele. Selbst solche ernsten Naturen wie Karl
Blechen haben frohe Minuten gehabt und diese Minuten in
kleinen Werken dokumentiert. Von Schwind, der sonst so
gern streng romantisch sich gab, ist ja schon eher bekannt,
daß er auch humoristische Züge hatte. In dem Märchenbild
von der Rose, die für den jungen Sänger bestimmt ist, aber
dem närrischen Klarinettisten vor die Füße fällt, kichert
vernehmlich der heitere Kummer über die lächerlichen
Zwischenfälle des Lebens. In einer großen Anzahl höchst
vergnügter, recht realistischer Darstellungen aus dem Leben
und den Verlegenheiten, die es bringt, ist Schwind dann ein
unzweideutiger Humorist geworden. Mit diesen weniger be-

kannten Arbeiten hat er sich in die Reihe der humoristischen
Zeichner eingeordnet, die damals ihre Lebensaufgabe in
humoristischen und satirischen Zeichnungen fanden.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begannen in Deutsch-
land zahlreiche humoristische Zeitschriften zu erscheinen. Die
brauchten einen Stamm von künstlerischen Mitarbeitern, die
sich ganz auf ihre Art einstellten, In München war es in
erster Reihe Kaspar Braun, der d'en „Fliegenden Blättern“
eine Grundlage gab. In Düsteldorf fanden die „Monatshefte“
viele Mitarbeiter im „Malkasten“: Hasenclever, Carl Reich-
hardt, Adolf Schroeder, Ludwig Knaus und auch die Achen-
bachs. Die alle liehen in froher Künstlerlaune dem Humor
dauernd ihre Hand.
Vorher hatte sich das Behagen des aufkommenden Bürger-
tums, das nicht alles so pathetisch sehen konnte wie die vor-
her bestimmend wirkende feudale Gesellschaft, mit erheitern-
den Einzelblättern begnügen müllen. In Wien hatten die
Narrenbilder von Loder erzieherisch gewirkt. In Berlin war
die Biedermeierzeit besonders durch die Reihen „Redensarten“
halb zustimmend erläutert, halb kritisch beleuchtet worden.
Manche dieser Blätter zeigten, daß die Biedermeierzeit durch-
aus nicht nur die Idylle war, für die sie nur zu oft ange-
sehen wurde. Das Blatt mit dem Polizistenwort: „Halt Sie’s
Maul, Sic räsoniert inwendig!“ und zahlreiche andere Blätter

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