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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 2.1928

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Nr. 8/9
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Honigberger, Ernst: Kindheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.67647#0079

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ERNST HONIGBERGER

SIEBENBÜRGISCHE OBSTERNTE (1927)

KINDHEIT
VON
ERNST HONIGBERGER

Der Gedanke an die Jahre meiner Kindheit er-
weckt in mir stets Vorstellung einer ungeheuer
großen, grünen, oft auch bunt gesprenkelten Masse,
hoch emporwuchtend und zugleich -laßend, über-
ragt von kleineren dunklen Gebilden, aufgebaut,
aufgetürmt, übereinander. Spät erst, vor wenigen
Jahren nur, am Strand der Ostsee, kam ich hinter
die Bedeutung dieser Erscheinung.
Die große, grüne, oft auch buntgesprenkelte
Masse war der meine Heimatsfadt Kronstadt über-
ragende, tausend Meter hohe Berg: die „Zinne”,

die kleineren Gebilde die sie überragenden Gipfel
der Südostkarpathen.
Der Eindruck, den die Berge meiner Heimat
auf mein kindliches Gemüt gemacht, war für die
Art meines künstlerischen Schaffens ausschlag-
gebend. Sind diese Jahre unbewußten Aufnehmens
nicht überhaupt die entscheidenden für Richtung
unserer Entwickelung, für Art und Wesen unserer
Reife? Studium, Einflüße und spätere Erlebnisse
können uns zwar zeitweise von diesen Kindheits-
eindrücken abbringen, uns auf falsche Bahnen füh-
ren: uns unserm innersten Wesen entfremden.

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