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Kunst der Zeit: Zeitschrift für Kunst und Literatur — 2.1928

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Nr. 8/9
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Honigberger, Ernst: Kindheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.67647#0080

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ERNST HONIGBERGER

SELBSTBILDNIS

Früher oder später finden wir aber doch zurück
zu unserm (für die Dauer nicht zu unterdrücken-
dem) Unterbewußtsein, zu unserer Kindheit.
Die künstlerische „Potenz“ bleibt in uns immer
dieselbe; unter „Entwickelung“ verstehe ich nur
den Weg zurück zu unserem eigenen Wesen. Ent-
wickelung ist (abgesehen natürlich von der äußeren
technischen und geistigen Vervollkommnung): Be-
seitigung alles Fremden. —
Daß ein Gebirgsmensch niemals ausgesprochener
Impressionist sein kann, ist für mich heute eine
Gewißheit. Sein Auge ist eine andere Schweise ge-
wohnt. Vor ihm wächst alles in die Höhe, baut
ßch auf, türmt sich, das Blickfeld ist eng begrenzt,
die Luft klar und durchsichtig.

Wie anders im Flachland! Die Horizontale
herrscht vor, weite Fläche und Fernlicht, die Luft-
schichten treten beinahe handgreiflich in Erschei-
nung. Himmel und Erde fließen ineinander. Luft
und Duft. Unbegrenztheit.
Merkwürdig erging es mir gelegentlich meines
ersten Sommeraufenthaltes an der Ostsee. Da ich
fleißig arbeiten wollte, hatte ich mir recht viel
Material mitgenommen. — Bepackt mit Leinwand,
Staffelei und Farbkasten ging ich an den Strand,
fiebernd vor Arbeitslust. Doch — ich wanderte
stundenlang den Strand entlang, spähend und
suchend, ohne etwas Malbares zu finden. Tag für
Tag wiederholte ich dasselbe Spiel, bis ich ver-
zweifelt meine Bemühungen aufgab. Die Möglich-

es
 
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