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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 6.1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.5184#0153

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naßkalten Tage anzeigt, dessen Einflnß den nnbeimlichen Ein-
druck der traurigen Begebenheit wirkungsvoll erhöht. Aus
dem Bauernhause wird eben der Sarg herausgebracht, um
die Treppe heruntergetragen zu werden, doch ist er nnr zur
Hälfte sichtbar, wodurch das Schauerliche sehr gemildert wird.
Unten steht die schwarz verhängte Bahre und dahinter ist die
Schuljugend aufgestellt, die unter Leitung ihres alten Lehrers
die Trauergesänge ausführt. Znr Rechten steht eine Gruppe
theilnahmloser Znschauer und im Hintergrund befinden sich
leidtragende Männer und Frauen. Sämmtliche Figuren
zeigen eincn Reichthum charakteristischer Einzelheiten und in-
dividuellen Lebens, daß man die Feinheit der Beobachtung
und treffliche Darstellung derselben nicht genug bewundern
kann. Kolorit, Zeichnung und Durchführung sind ebenso
lobenswerth und das ganze Bild legt somit ein neues Zengniß
ab von der außerordentlichen Begabung seineS Urhebers.
Dennoch können wir den Stimmen »icht ganz unrecht geben,
welche tadelnd hervorheben, daß keine einzige der vielen Per-
soncn unsere wirkliche Theilnahme erwecke, iudem von den
nächsten Leidtragenden bis auf eincn alten Bauer Niemand zu
sehen sei. Die Gesammtwirkung erscheint dadurch allerdings
minder erschütternd, vielleicht aber auch minder fesselnd, und
da man eben bei Knaus das Höchste beansprucht und erreicht
findel, so möchte man auch hierin den Gegenstand völlig er-
schöpft sehen. — Von den übrigen Genrebildern zeigte ein
Erstlingswerk von Carl Mücke (Sohn des bekannten Historien-
malers) ein vielversprechendes Talent. Tief und gesättigt in
der Farbe, zeichnete es stch auch durch warm empfundenen
Ausdruck vortheilhaft ans. Es ist bereits von Hrn. Schnlte
bier sür die Permanente Ausstellung angekauft wordcn.

G. Stever glänzt in zwei Gemälden wieder durch seine
virtuose Technik, die ein gründliches Studium groster Vor-
bilder ofienbart. E. v. Gebhard erinnert ebenfalls, wenn
auch in ganz anderer Weise, in seinem fein individualisirten
„Religionsgespräch" an die Meister der Vorzeit, während
C. Webb sich mehr an die neueren Niederländer anlehnt.
Ein höchst erfolgreiches Vorwärtsstreben bekunden drei Bilder
von F. Beinke, der auch das Landschaftliche darin wirksam
behandelt. Auch Th. van der Becke und Paul Preyer
ersreuen durch treffliche Leistnngen und Ed. Geselschap be-
wäbrt scinen alten Ruf. Sehr zu loben ist „Der kleine
Krieg" von H. Sondermann, dem sich verwandte Motive
aus der jüngst vergangenen Zeit von F. Wieschebrink,

H. Ervers, Otto Rethel, H. Platbner u. A. erfolgreich
anschließen. B. Nordenberg und C. Lorck schildern mit
Glück Jagdscenen aüs ibrer skandinavischen Heimath, und aus
der langen Reihe der übrigen Genrebilder haben wir noch
tüchtige Leistungen hervorzuheben von Fräulein Ernestine
Friedrichsen, P. Kels, Bertling, H. Leiueweber,
Toussaint u. s. w. Das stimmungsvolle Abendbild „Heim-
fahrt" von C. Schlesinger gehört schon mehr in's Gebiet
der Landschaft, wohin wir auch „Das Rheinische Vogelschießen"
von L. Kolitz rechnen müssen, welches uns ein buntbewegtes
Bild mittelalterlichen Lebens entrollt. Auch Emil Bolkers
zeigt in seinem hübschen „Rumänischen Marktzug" eine glück-
liche Verbindung der verschiedenen Gattungen der Malerei, I
die sich überhaupt in erfreulicher Weise imnier mehr geltend
macht. Jn der eigentlichen Historiennialerei finden wir einige
auswärtige KLnstler vertreten, wie L. Otto in München durch
sein schön gedachtes Bild: „Die ersten Christen in Rom" und
Profefior des Coudres in Karlsruhe durch einen „Christus
am Kreuz", der uns nicht auf der Höhe seiner frühern
Leistungen zu stehen scheint. Dagegen frent es uns, einige
vorzügliche Werke von Josef Kehren zu sehen, von dem uns
lange uichts Neues zu Gesicht gekommen ist. Seine beiden
Oelbilder stellen den „Guten Hirten" dar, nach der bereits
durch den Stich von Glaser bekannten Komposition, die er
früher als größeres Altarblatt ausführte und „Die schmerz-
hafte Mutter", die stch wehmüthig zu der einzigen irdischen
Hinterlassenschaft ihres göttlichen Sohnes, den Marterwerk-
zeugen und dem Leichentuch, herabbengt. Dies letztere Bild
würde sich ebenfalls sehr zum Stich eiguen, da es bei tiefer
Empfindung eine sehr gediegene Zeichnung aufwcist. Krafl,
Tiefe und Gluth des Kolorits heben diese beiden Gegenstücke
weit über ähnliche religiöse Darstellungen, denen so oft eine
siiße Farbe nnd glatte Behandlung zum Vorwurf gereicht.
Noch interessanter aber scheinen uns die beiden Entwürfs von
Kehren zu sein, die als Prolog und Epilog zur Geschichte
Karls des Großen bezeichnet sind und glcichsam den Cvklus

der Rethel'schen Fresken im Aachener Rathhaussaal einleiten
und abschließen. Der eine stellt Kaiser Karl als den Ber-
breiter des Cbristenthiims und Besieger der Heiden dar, wie
er der auf einem Felsen thronenden Religion sein Schwert
weiht, zu deren Füßen die Geschichte seine Thaten in ihre
ehernen Tafeln schreibt, während der andere den sich stets
erneuernden Nachhall an den großen Herrscher schildert durch
die Wanderungen der Kranken zu der von ihm entdeckten
Heilquelle in Äachen und durch die Wallfahrten zu den Heilig-
thümern des von ihm erbauten dortigen Doms. Beide Zeich-
nungen, würden sich vortrefflich zur Änsfübrung -ü lrosoc, im
Treppenhanse des Aachencr Rathhauses eignen/für welches sie
auch eigentlich komponirt sind. H. Aschenbroich, Franz
Müller und H. Lauenstein sind ebenfalls durch achtungs-
werthe religiöse Gemälde vertreten, denen sich B. Budde
und Holthausen noch anreihen können. Professor Mücke
bringt eine barmherzige Nonne und Professor Theodor
Hild ebrandt eine „Cordelia" aus dem Lear, welche Tragödie
auch Moritz von Beckerath den Stoff zu einem höchst
interessanten Werke geboten, das uns den König mit den
Narren auf der Heide zeigt. Eine „Johanna Sebus" hat
Roland Reiße mit glücklichem Esolge dargestellt, und I. Schex
führt uns in einem rühmenswerthen Bilde die poetische Mignon
vor. Jm Porträtfach begegnen wir P. Schick, H. Crola,
I. Scheurenberg und Ed. Schulz aus Barmen, welch
j letzterer den Dichter Hoffmann von Fallersleben charakteristisch
' zur Anschanung bringt. Jn der Schlachtenmalerei seben wir
begreiflicherweise nur Scenen aus dem jllngst beendeten Kriege,
die von B. Sell, Emil Hünten, Moritz Blanckarts
und Ad. Northen künstlerisch verwertbet wurden. Der
schöne „Morgen nach der Schlacht" von C. Gillissen zählt
schon mehr zu den Landschaften, unter denen wir auch viel
Gutes finden. Besonders ist uns dabei aufgefallen, daß der
Einfluß Osw. Achenbach's, der in den letzten Jahren vor-
berrschend war, mehr zurückgetreten ist und die Richlung von
Eugen Dücker nachdrücklich zu wirken scheint. Letzteres macht
sich namentlich geltend in den tüchiigen Bildern von F. Hoppe
und von Bochmann, die viel Schönes haben. Auch die
große Regenlandschaft von C. Lüdecke verdient volle Aner-
keunung, und Albert Flamm, E. A. Jreland, H. Pohle,
Keßler, Hermes, August Becker, Lina von Perbandt,
der Münchener Meißner dürften gleichfalls noch von den
vielen Andern lobende Erwähnung beanspruchen. Drei sorg-
sältig behandelte Jnterieurs von Heger und andere Architek-
turbilder von Lerche, Stegmann, wie die beiden schönen
Aquarelle aus Jtalien von Professor Ernst Giese zeigen auch
diese Richtung gut vertreten, wie denn Thierstück und Still-
leben ebenfalls mehrere talentvolle Arbeiten älterer und jiin-
gerer Künstler aufzuweisen haben, so daß die ganze Ausstellung
ihren Vorgängerinnen in keiner Weise nachsteht.

Oesterreichisches Muscum. Um den Wünschen mehrerer
Aussteller zu emsprechen, welche dahin gerichtet stnd, daß der
Termin des Beginnes der Eröffnungs-Ausstellung des
Museums hinausgeschoben, und die Ansstellung selbst über
die Weihnachtszeit und das Neujahr verlängert werde, ist
der Beginn der Musterausstellurg österr. Kunstgewerbe mit
Zustiminung S. k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Protektor
vom 1. September l. I. auf 3. November als den im
äußersten Falle zulässigen letzten Termin verlegt worden. Die
Ausstellung wird ferner statt zwei Monäte drei Monate
dauern, und mit dem letzten Januar 1872 geschlossen werden.
Die Kunstgewerbeschule des österr. Mnseuins wird mit Ende
Juli in dem alten Lokale geschlossen, und am 1. Oktober im
neuen Gebäude wiedereröffnet werden. Demgemäß werden
die Bureaux bereits in der zweiten Hälfte des September in
das neue Museumsgebäude überstedeln.

* Anf der großen diesjährigen Wiener Kunstausstcllnng
wurden für 141,972 Gulden Bilder und sonstige Kunstwerke
angekauft. Von dieser bedeutenden Summe, welche mehr als
das Doppelte der in den Vorjahren erzielten Posten beträgt,
fallen 63,960 Gulden auf Werke Wiener, 78,012 Gulden auf
Werke ausländischer Meister.

Vermijrhte Knnstnachrichten.

Zur Holbein-Kritik erhalten wir von Herrn Professor
A. Woltmann folgende hochinteressante Mittbeilung: „Die
Jnschrift auf dem Bilde der heil. Anna mit Maria und dem
Kinde in der Augsburger Galerie hat sich bei der Unter-
 
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