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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Die Neuerwerbungen der Berliner Museen
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0012

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Personalien

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auf. Noch komplizierter ist der Weg der dritten
Komposition. Eine Madonna in Halbfigur des Luca
della Robbia muß nach Deutschland gelangt sein, wo
sie um zwei vorhangtragende Engel bereichert wurde.
Die gesamte Komposition wurde dann wiederum in
Italien, und zwar wahrscheinlich in der Gegend von
Venedig in Stuck nachgeformt. Die drei hochinter-
essanten Stücke sind Geschenke der Herren Antonio
Salvadori in Venedig, G. Sangiorgi in Rom, Giuseppe
Salvadori in Florenz.

In das 17. Jahrhundert endlich führt eine Bronze-
statuette der Madonna von Ercole Ferrata, die die
Kunsthandlung Durlacher Bros, in London der Samm-
lung überwies, und zurück in das Mittelalter ein
gotisches und ein spätromanisches Kapitell, Geschenke
von Alfredo Barsanti in Rom und M. Jules Sambon
in Paris, sowie das merkwürdigste Stück der Reihe,
ein Relief der Danae aus altchristlicher Zeit, das Dr.
Ludwig Pollak in Rom stiftete.

Zu gleicher Zeit mit dieser stattlichen Zahl von Ge-
schenken, die wie seinerzeit die »Florakinder« als persön-
liche Ehrung Wilhelm Bodes den Sammlungen überwie-
sen wurden, konnten einige weitere Werke der Gemälde-
galerie einverleibt werden. Über die beiden Erwerbungen
aus der ehemalig Weberschen Sammlung wurde bei
Gelegenheit von deren Auflösung hier bereits kurz
berichtet. Friedländer bespricht beide nunmehr in
den Amtlichen Berichten, und seine Resultate seien
hier wiedergegeben. Das Triptychon mit der Drei-
einigkeit, das die Familie Weber der Sammlung schenkte,
bringt er in Verbindung mit Buchmalereien nieder-
ländischer Herkunft, indem er so die Bestimmung des
vielbesprochenen Werkes als französisch ablehnt und
gleichzeitig das unbestimmte Wort burgundisch für das
angeblich aus Dijon stammende Altärchen präzisiert.
Noch wichtiger ist das Resultat, zu dem Friedländer be-
züglich des anderen Werkes der Webersammlung, des
Diptychons mit dem Sebastiansmartyrium, das die
Firma Rud. Lepke der Galerie überwies, gelangt. Kein
anderer als Dürer kommt seiner Ansicht nach für
das um 1490 entstandene Werk in Frage, und die
Nebeneinanderstellung eines Reiters des Hintergrundes
mit einem Reiter der Bremenser Zeichnung von
148g wirkt in der Tat höchst schlagend. Die inter-
essante Hypothese verdient allseitige Beachtung, denn
sie ist ein neues und sehr wichtiges Glied in der
Kette der Fragen, die sich an Daniel Burckhardts Zu-
weisung der Terenzillustrationen an den jungen Dürer
anschlössen.

Wie dieses Werk ein ganz neues und unerwartetes
Licht auf die Frühzeit der Dürerschen Kunst werfen
könnte, so das Festmahl im Freien auf die ganz un-
bekannte Jugendzeit des Frans Hals, falls sich die
vermutungsweise Zuschreibung dieses ebenfalls der
Galerie neu eingereihten Werkesauf den HaarlemerMeister
weiter stützen läßt. Innere Gründe jedenfalls sprechen
für diese Hypothese, und die Qualität des zumal in den
Figuren äußerst geistvollen, frischen Bildes widerspricht
ihr keineswegs. Ein schönes Fischstilleben des Ab-
raham van Beyeren sei im Vorbeigehen genannt.
Endlich verdient das Brustbild eines Heiligen, das im

Stile an Scorel gemahnt, Erwähnung. Der Dargestellte
ist seinen Attributen nach der heilige Bavo oder der
heilige Jeron. Beide kommen ebenso mit Jagdfalke
und Schwert in Stichen des Jakob Matham vor.

Wie dieSammlungen des Kaiser-Friedrich-Museums,
so erfuhren auch die des Kupferstichkabinetts beachtens-
werten Zuwachs. Vor allem konnte eine ganze Reihe
der immer seltener werdenden deutschen Zeichnungen
des 15. Jahrhunderts erworben werden. Vom Anfang
des Jahrhunderts stammt eine sitzende Madonna, die
in Böhmen entstanden sein dürfte. Eine stehende
Frau mit einem Helm weist die charakteristische
Strichführung des Meisters E S auf und geht mit dessen
Wappenstichen zusammen. Sehr interessant ist ferner
die qualitativ hochstehende Zeichnung der Taufe Christi
im Rund, die durch das Wappen der Familie Für-
leger mit Sicherheit nach Nürnberg lokalisiert wird,
wohin auch der Stil weist; zeitlich ist das Blatt um
1480 anzusetzen. In das Ende des Jahrhunderts ge-
hört ein Blatt mit Gewandstudien zu einer Mater do-
lorosa. Es existieren mehrere verwandte Zeichnungen,
von denen eine auch das Kupferstichkabinett besitzt,
aber eine genauere Lokalisierung des sicher ober-
deutschen Meisters ist noch nicht gelungen. Ein be-
zeichnetes Blatt des Cornelis Massys, eine Landschaft
von 1541, ist kunsthistorisch wichtig. Endlich ge-
langte als Geschenk eine dem bekannten Hamburger
Blatt sehr nahestehenden Federzeichnung des Willem
Buytewech, eine holländische Stube darstellend, in die
Sammlung.

Neben einer Reihe älterer graphischer Werke, die
aufzuführen hier zu weit führen würde, sind als Neu-
erwerbungen derneuen Abteilung diesmal vorallem Fran-
zosen zu nennen. Das Werk des Honore Daumier
erfuhr bedeutende Bereicherungen, die zum größeren
Teile jetzt in der umfangreichen Daumier-Ausstellung
des Kabinetts zu sehen sind. Ferner wurde die Dela-
croix-Sammlung vermehrt. Unter den Neuerwerbungen
befindet sich unter anderem die Folge der Hamlet-
Illustrationen. Eine der ganz seltenen Lithographien
von Ingres, das Porträt des Baron de Montbreton,
wurde erworben. Von Corot finden sich zwei Glas-
klischees und ein ebensolches von Daubigny. Und
schließlich wurde die Sammlung von Arbeiten Tou-
louse-Lautrecs um einige besonders hervorragende
Blätter wie die Viennoise, die Herr Model schenkte,
die Idylle princiere, die Folge der Künstlerbildnisse
und endlich die sieben, erst jetzt bekannt gewordenen
Kaltnadelarbeiten, ein Geschenk des Herrn A. Ströhn
in Paris, vermehrt. G.

PERSONALIEN

Professor Kaspar Ritter v. Zumbusch ist zum Ehren-
doktor der Wiener philosophischen Fakultät ernannt worden.

Zum Vorstand des Kunstgewerbemuseums in Bremen
ist Dr. Leo Batet, bisher wissenschaftlicher Assistent am
Landesgewerbemuseum, gewählt worden. Der 1878 in
Rotterdam geborene Gelehrte hat in Freiburg (Schweiz)
mit einer Dissertation über Oeertgen tot Sint Jans promo-
viert. Vor seinem Eintritt in das Landesgewerbemuseum
war er Volontär an der k. Altertümersammlung in Stuttgart.
 
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