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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Maas, Max: Die letztjährigen Ausgrabungen in Ägypten
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0201

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38i

Ausgrabungen — Ausstellungen

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wiesen hat. Außer Statuen des Ptah und Ramses II.
in rotem Granit von 3 m Höhe und einem unter
Ramses II. überarbeiteten 3^ m langen Sphinx fand
sich dann auch der große Alabastersphinx an dieser
Stelle, von dem hier schon einige Male die Rede war.
Es ist der größte jemals transportierte Sphinx, über
8 m lang und 41/,, m hoch. Sein Gewicht beträgt
über 70 Tonnen. Er soll als Parallelmonument zu
dem großen Koloß von Memphis aufgestellt werden.

In Heliopolis wurde die große Tempelumzäunung
fixiert und das östliche Tor gefunden. Die Umzäunung
war ramessidisch und die Mauern liegen teilweise über
einer früheren Befestigung von demselben Typus wie
das Hyksoslager zu Tel el Yehudieh, d. h. es ist ein
Erdwall von über 30 m Dicke ohne irgendwelchen
Durchgang. Nächst dem großen Obelisk, der noch
steht, fand man zwölf Blöcke eines andern Obelisks,
der unter Tutmoses III. ausgehauen und von Ramses II.
gewidmet worden war. (Über das Hyksosanalogon jetzt
auch Theolog. Literaturzeitung Sp. 157 vom 1. März).

Zu Qurneh wurde der Friedhof der elften Dynastie
und der Tempel von Sankkarah ausgeräumt. Eine
prachtvolle Begräbnisstätte aus der 17. Dynastie mit
hervorragenden Goldarbeiten und Möbeln wurde nach
Edinburgh verbracht. Eine neue Tempelstätte eines
Hohepriesters Nebunef aus der früheren Zeit der
Regierung Ramses II. wurde dabei entdeckt.

Große Funde wurden auf dem Friedhof zu Tarkhan,
60 km südlich von Kairo, gemacht. Die Gegenstände
stammen alle aus der prädynastischen und ersten
Dynastiezeit. Sie sind vorzüglich erhalten, Holzwerk,
Flechtwerk und Leinen, frisch und zusammenhaltend.
Ungefähr 200 gut erhaltene Gruppengräber und viele
Einzelgräber wurden gefunden. Zwei Könige, Narmer
und ein noch früherer König mit Namen Ka, deren
Gräber in Abydos sind, konnten fixiert werden. In
ihre Zeit gehören nicht weniger als 350 Varietäten
von Töpfereien und 250 Varietäten von Steinarbeiten.
Die Funde von Dr. Junker (Wien) aus Turah (siehe
Denkschriften der Wiener Akademie »Bericht über die
Grabungen in Turah«) können hier mit eingereiht
werden, so daß man nunmehr diese ganze Periode
für Töpfereien und Steinarbeiten quasi in einem Korpus
übersehen kann. Auch viele kleine Gegenstände werfen
Licht auf die Zeit der Entwicklung der frühesten
Dynastien. Wahrscheinlich lag hier schon vor der
Gründung von Memphis eine lange vor der ersten
Dynastie entstandene Stadt.

Bei den Arbeiten zu Hawara wurde zunächst das
Labyrinth längs der Basis der Pyramide (Grabdenkmal
Amenophis III.) ausgeräumt, wobei Architekturfragmente
und solche von einem halben Dutzend schöner Statuen
zutage traten. Zwei kolossale Granitschreine aus der
Zeit des Amenophis III. wurden ebenfalls gefunden,
von denen die eine in das Ny-Carlsberg-Museum nach
Kopenhagen gelangt ist.

Bei den Ausgrabungen im Friedhof der römischen
Porträts (ebenfalls zu Hawara) wurden 65 neue Porträts
gefunden, von denen die meisten gut erhalten und
viele hervorragend schön sind. Sie sind in die Zeit
von 100—250 v. Chr. zu datieren und der treff-

liche Anfangsstil nimmt in den späteren Zeiten be-
deutend ab.

Zum Schluß soll noch darauf aufmerksam gemacht
werden, daß soeben die siebente Auflage von Baedekers
»Ägypten« erschienen ist, neu bearbeitet und ver-
bessert, soweit dieses treffliche Reise- und Handbuch
überhaupt verbessert werden kann. Gerade bei der
Durcharbeitung des Archaeological Report des Egypt
Exploration Fund hat es mir wieder gezeigt, daß es
auch am Schreibtische nicht entbehrt werden kann,
und daß Georg Steindorffs Mitarbeit den »Baedeker
von Ägypten« zu einem ägyptologischen Standard-
werk gemacht hat: für den Reisenden wie für den
Studierenden._MAX MAAS.

PERSONALIEN

Die heiß umstrittene Frage, wer der Generaldirektor
der zu schaffenden städtischen Galerie in Düsseldorf wer-
den soll, ist nun entschieden: dem derzeitigen Direktor
am Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin, Professor Dr. Karl
Koetschau, ist das wichtige Amt zugefallen. Also haben
die Düsseldorfer eigentlich recht klug getan, daß sie seit
mehr als einem Jahre zu keinem Entschluß kommen
konnten. Denn für Düsseldorf ist ein Mann nötig, der
Autorität mit Takt, frisches Wollen mit gereifter Erfahrung
eint; dem Gefühl der Künstler, die bisher dort in Kunst-
fragen den Ton angaben, wird er das gefestete Wissen
des Historikers und erprobten Museumstechnikers ent-
gegenzusetzen haben. Da ist Koetschau der rechte Mann;
eine Persönlichkeit und ein Organisator. Die Aufgabe,
die ihm in Düsseldorf winkt: mit großen Geldmitteln aus
dem Nichts eine Galerie an kulturell höchst wichtiger
Stätte, inmitten einer sehr anspruchsvollen Umgebung zu
schaffen, ist reizvoll — aber auch dornig. Es ehrt Koetschau,
daß er sich entschlossen hat, diesen Posten zu übernehmen,
und die Düsseldorfer, daß sie eine so verständige Wahl
getroffen haben!

AUSSTELLUNGEN
Frankfurt a. M. Über die März-Ausstellungen der
Frankfurter Kunstsalons ist nicht viel zu berichten. Im
Kunstverein sind Bilder von Angelo Jank, dem Trübner-
schüler Sutter, Zeichnungen von Th. Th. Heine und anderes
von rein lokalem Interesse ausgestellt. — Der Salon Gold-
schmidt zeigt eine größere Kollektion von Frangois Gos
(München), dessen offenbares Bestreben nach Monumen-
talität — im Anschluß an Hodler hauptsächlich — bisher
nur zu einer recht theatralisch wirkenden dekorativen Art
kommt. — Im Kunstsalon Schneider interessieren frühe
malerische italienische Landschaftsstudien von Thoma. —
Der Salon Scham es zeigt eine Reihe geschmackvoller,
kultivierter Strandbilder von Ernst Oppler und eine Serie
interessanter Tierbilder von Niestie (München). Der erste
Eindruck der engen Beziehungen zu Liljefors hält bei
aller äußerlichen Ähnlichkeit auf die Dauer nicht stand.
Die Absichten sind zu verschieden. Die außerordentlich
feine, detaillierte Naturbeobachtung fügt sich bei Niestie
in Form und Farbe stilistischen, dekorativen Absichten,
die manchmal zu Bildungen führen, die bei aller Ver-
schiedenheit im Detail eine gewisse Verwandtschaft der
Form mit den Tierdarstellungen von Franz Marc haben.
Eine gewisse Unsicherheit im Format besonders der Bilder,
bei denen ein gleichmäßiger Landschaftsgrund überwiegt,
soll nicht verschwiegen werden. Das Interessante dieser
Kunst ist wohl die Beobachtung, wie deutlich heute selbst
bei einem Naturalisten wie Niestie die formalen Prinzipien
bestimmend werden. A. w.
 
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