Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

DOI Artikel:
Mayer, August Liebmann: Neue Forschungen über spanische Primitive
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0159

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXIV. Jahrgang 1912/1913 Nr. 22. 28. Februar 1913

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11 a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

NEUE FORSCHUNGEN ÜBER SPANISCHE
PRIMITIVE

Der Eifer der spanischen Kunsthistoriker, ihren
primitiven Meistern wieder zu Namen und Ansehen
zu verhelfen, hat sich in der jüngsten Zeit in gerade-
zu beängstigender Weise gesteigert. Es ist kaum
möglich, all den kleinen Publikationen in Akademie-
berichten, Broschüren, Zeitschriften und Tageszeitungen
nachzukommen. Es werden bei dieser Gelegenheit nicht
nur mehr oder weniger interessante Gemälde wieder ans
Tageslicht gezogen, sondern auch eine Fülle bisher
unbekannter Meister/zame/z wird aus den Dokumenten-
publikationen gewonnen. Man lernt so aus den letzten
Sitzungsberichten der Akademie zu Barcelona eine große
Anzahl unbekannter katalanischer Maler aus dem
12. und 13. Jahrhundert kennen. Für die Publikation
romanischer Wandgemälde in Katalonien sorgte bisher
das Institut d'Estudis Catalans in geradezu vorbildlicher
Weise. Leider droht das bis zur vierten Lieferung
gediehene Werk »Les Pintures murals Catalanes« ein-
zugehen — mangels nötiger Teilnahme. Wir ver-
weisen daher um so dringender auf diese ausgezeichnete
Publikation. Die großen, in gelungenstem Dreifarben-
druck ausgeführten Tafeln dürfen das Interesse nicht
nur des Kunsthistorikers, sondern auch der Theologen,
Kulturhistoriker und der Kunstfreunde überhaupt be-
anspruchen. Der Begleittext zu den Tafeln ist stets
knapp und gut, von ergänzenden Zeichnungen und
photographischen Reproduktionen begleitet. Dabei ist
der Preis keineswegs hoch (die Lieferung 1 o Pesetas,
durch jede Buchhandlung in Barcelona zu beziehen).
Auch auf das inhaltsreiche katalanische Kunstjahrbuch,
»Anuari del Institut d'estudis Catalans«, von dem
soeben ein neuer Band erscheint, sei empfehlend hin-
gewiesen.

Der Fortgang der an überraschenden Aufschlüssen
reichen, vielfach aber auch stark zum Widerspruch
reizenden, in Lieferungen erscheinenden »Geschichte
der katalanischen Trecentisten« von J.Sanpere y Miguel
(La pintura Mig-eval catalana. Barcelona. Libreria
L'avenx) war etwas ins Stocken geraten infolge einer
neuerlichen, ausgedehnten Studienreise des greisen
Verfassers. Doch soll das Werk, wie wir hören, nun
in rascher Folge zu Ende geführt werden.

Die wichtigste jüngste Publikation, die den Va-
lencianer Primitiven gewidmet ist, stammt aus der
Feder des bekannten Senators und Madrider Univer-
sitätsprofessors Don Elias Tormo. Das sehr hübsch
mit 18 Phototypien ausgestattete Bändchen nennt sich
»Las Tablas de las iglesias de Jätiva« (Madrid. Im-
prenta Jaime Rates Martin). Die einzelnen Kapitel
sind schon früher in der Valencianer Tageszeitung
»Las Provincias« erschienen, die seit Jahren wichtige

Beiträge zur Geschichte der Valencianer Primitiven
bringt.

Tormo hat seine Untersuchungen mit großer Sorg-
falt und Liebe durchgeführt. Vielleicht ist er in der
qualitativen Einschätzung verschiedener Arbeiten etwas
zu weit gegangen. So finden wir die Gemälde des
Hochaltars in S. Pedro keineswegs so important wie
Tormo.

Neben dem bereits in weiteren Kreisen durch
Bertaux' Publikationen bekannt gewordenen Retablo
Calixtus III. von Jacomart verdienen folgende von Tormo
in schärfere Beleuchtung gerückten Arbeiten besondere
Erwähnung: Zwei Tafeln mit den Heiligen Helena
und Sebastian in S. Francisco, die wir mit Tormo
als Arbeiten Jacomarts ansehen möchten; die von
Tormo vielleicht etwas zu früh, noch in die 1. Hälfte
des 15. Jahrhunderts angesetzten Tafeln vom Retablo
de los Santos Apostoles in San Feliü, die einen so
merkwürdig starken katalanischen Einschlag (vor allem
in der Hintergrundsbehandlung, den Nimben, der Gold-
säume usw.) aufweisen. Tormo will sie mit Arbeiten
aus dem Kreis des bisher unbekannten Malers Valentin
Montoliü in Verbindung bringen, der in den fünf-
ziger und sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts im
Maestrazgo-Gau des Königreichs Valencia, vor allem
in Catf und San Mateo tätig war. Wenn Tormo
im Anhang seines Büchleins die monumentalen, wenn
auch etwas rohen Apostel und die Virgen de la Leche
der Schule des Montoliü zuweist, so gibt er damit
wenigstens eine annehmbarere Datierung.

Von einem unbekannten, etwas derben Schüler
Jacomarts stammt der große Marienaltar, der aus der
Ermita de Sa. Ana in die Seo von Jätiva gelangt ist.
Wenn V. von Loga in seiner unlängst erschienenen Notiz
über Sardinische Quattrocentobilder (Zeitschrift für
bildende Kunst, Jahrgang 48, S. 116) glaubt, daß der
Autor dieses Altars identisch sei mit dem des Retablo
Mayor von San Feliü, so irrt er sich wohl ebenso sehr
wie in seiner Behauptung, dieser Meister sei der gleiche,
der das Polyptychon der Pfarrkirche S. Antonio zu
Castel Sardo auf Sardinien geschaffen hat. (Richtig
ist hier aber seine Beobachtung, daß diese Tafeln den
ersten Jahren den 16. Jahrhunderts angehören und
nicht, wie Biehl meinte, erst dem zweiten Viertel des
Seicento). Aber ebensowenig wie unserem deutschen
Kollegen können wir Tormo beipflichten, wenn er
den Autor des Retablo Mayor von S. Feliü, einen
Meister dritten Rangs, der mit dem engeren Jaco-
martskreis gar keine Beziehungen hat, mit dem tüch-
tigen, aus Jacomarts Schule stammenden Autor der
großen Tafel mit S. Lazaro, Sa. Marta und Sa. Mag-
dalena in der Madrider Sammlung Lazaro identifiziert
und zu gleicher Zeit auch mit dem völlig anders ge-
 
Annotationen