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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Bayersdorfer, W.: Der zukünftige Leiter der bayrischen Galerien?
DOI Artikel:
Maas, Max: Archäologische Nachlese, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0088

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Archäologische Nachlese

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gelehrten den heftigsten Widerstand entgegensetzen.
Wohin es dann mit unseren Sammlungen kommen
wird, kann sich jeder, der weiß, was zu einer er-
sprießlichen Leitung eines Museums nötig ist und
der die Münchener Cliquenwirtschaft kennt, selbst
vorstellen. Es ist einem unbegreiflich, wie das
Ministerium einen bildenden Künstler in Vorschlag
bringen kann, nachdem die Möglichkeiten, eine tüchtige
kunsthistorische Kraft zu gewinnen, noch gar nicht
erschöpft sind, sondern bisher nur unendlich viel Zeit
vertrödelt worden ist. Warum denkt man z. B. nicht
an Weizsäcker, dessen treffliche Leitung des Städel-
schen Instituts doch noch gut in aller Erinnerung ist
und in dem die Kunstwissenschaft einen selten tüch-
tigen und gewissenhaften Gelehrten besitzt, der nur
wie so manche vornehme Natur jedes Vordrängen
meidet und lieber zurückgezogen in der Stille schafft.
Wollen wir hoffen, daß das bayerische Kultusministe-
rium noch den rechten Weg finden und den ver-
waisten Anstalten endlich einmal den ihnen gebühren-
den Leiter geben möge. W. BAYERSDORFER.

ARCHÄOLOGISCHE NACHLESE
Von Dr. Max Maas (München)
H. *)

Aus Algier wird zunächst der neue Band A. Balkis
*Les ruines de Timgad* aufgeführt und einiges daraus
wiederholt, namentlich über das eine ganze Insula ein-
nehmende Haus des Corfidius — welches, obwohl es als
»in Umbilico patriae« gelegen bezeichnet ist, im Nordwest-
viertel der Stadt liegt — und über das schönste aller bisher
im Timgad gefundenen Mosaikbilder, eine Nereide mit
zwei Seekentauren. — Zum Stadtplan von Timgad hat auch
Barthel in den »Bonner Jahrbüchern«, namentlich über die
sichere Orientierung der Hauptstraße Interessantes mit-
geteilt. Die von den Mauren zerstörte Stadt Timgad wurde
im 13. Jahre Justinians (539—540 n. Chr.) vom mag mil
Solomon, dem Erbauer so vieler Kastelle, aufgebaut. —
Eine neue Römerstadt beginnt mit dem alten Cuicul
(Dschemila) dem Boden zu entsteigen. Außer dem Theater
sind das Forum und zwei Tempel aufgedeckt. — Schultens
Bericht schließt mit der Würdigung von St. Osells nunmehr
vollendeten »Atlas archeologique de l'Algerie« (51 Karten
und Text von fast 500 Folioseiten), einem monumentalen
Werk, in dem wir für das römische Afrika eine historische
Karte besitzen, wie sie für keine andere Provinz der römi-
schen Welt vorliegt.

Den größten Raum in den »Archäologische Funde im
Jahre ign« nimmt diesmal Spanien und Portugal mit 67
Spalten ein, in denen der bewährte Kenner und erfolgreiche
Vorkämpfer für die Entwicklung der pyrennäischen Archäo-
logie Pierre Paris in Bordeaux alles zusammenträgt, was
der wunderbar reiche Boden Spaniens und Portugals von
prähistorischen und historischen Altertümern Neues zeigte.
Wir müssen uns bei der Betrachtung der aus der prä-
historischen Zeit gemeldeten Funde auf wenige Punkte
beschränken und möchten bei dieser Gelegenheit auch
auf Pierre Paris vorzügliches und populär geschriebenes
Buch »Promenades archeologiques en Espagne« nochmals
hinweisen, welches eine treffliche Einführung für die
spanisch-portugiesische Archäologie abgibt. — Paris er-
wähnt folgende in wissenschaftlicher Weise neu ausge-
grabene oder neu publizierte prähistorische Stationen: In
Ciurana, 4 km von der Straße von Reus nach Cornu-

*) Vgl. Nr. 10.

della und Lerida, wurde eine palaeolithische Station vom
Ende des Magdalenien aufgedeckt, wo auch eine ganze
Werkstätte zur Bearbeitung von Steinwerkzeugen gefunden
wurde. — In der »cueva de Serinya« im Nordosten Kata-
loniens, die mehr ein Felsenschutz als eine Grotte ist, ist
die ganze Fauna des Magdalenien repräsentiert, darunter
auch das Renntier. In der benachbarten Grotte »los En-
cantados« sind Funde aus der letzten Neolithik und dem
ersten Metallzeitalter gemacht worden. — Villanovafunde
brachten in der Nähe der vorgenannten befindliche Stationen
aus der Serinyagruppe, worunter auch eine Nekropole mit
Brandgräbern gegenüber von Cuerta de la Selva zu be-
merken ist. — Megalithische Denkmäler wurden auf der
linken Seite des Weges von Cuerto de la Selva nach San
Pedro de Rada, teilweise zerstört, gesichtet. — Zu betonen
ist der große Fortschritt und die ständige Zunahme der
prähistorischen Sammlungen in den portugiesischen Museen,
wo der auch den deutschen Prähistorikern wohlbekannte
J. Leite de Vasconcellos unermüdlich wirkt.

Voller Interesse, wenn auch durch ihre Häufigkeit
weniger sensationell sind die Felsen- und Grottenmalereien,
die neu entdeckt wurden; so auf den Felsen von Pennalba,
dann in den Tälern las Batuecas et de Garcibuey in der
wildesten Gegend von Salamanka gelegen, letztere aus
palaeolithischer Zeit. Unter den Felsen »los Toricos«,
4 km von Albarracin (Terüel) entfernt, fand sich ein ein-
heitlicher Fries von 4 m Größe von Rindern (Bisons).
Ahnliche Friese, die von ausgezeichneter Kunst und tadel-
loser Ausführung sind, hat Abbe Breuil noch an anderen
Felsen in dieser Gegend entdeckt; die weißen Farben
herrschen hier vor. — In der Provinz Jaen, fast am Zu-
sammenfluß des Guadalquivir und des kleinen Guadiana,
Vi km von den Jimena entfernt, findet sich die Grotte
oder vielmehr der Felsenschutz »La Graja«, wo Wand-
malereien, die man schon lange kannte, jetzt erst als prä-
historische erkannt und in den »Pictografias andaluzas«
von D. Manuel Gomez-Moreno veröffentlicht worden sind.
Die Zeichnungen sind mit Cimabrum und Ocker so fest
aufgetragen, daß man sie selbst mit Reiben und Abwaschen
nicht loslösen kann. Es sind Jäger und Tiere in grober
Stilisierung dargestellt. Derartige Stilisierungen von Men-
schen und Tieren und gemalte Symbole hat Abbe Breuil
an verschiedensten Stätten studiert. Er datiert sie in ein
dem Magdalenien gleichzeitiges Zeitalter und glaubt, daß
sie von Völkerschaften herrühren, die dann nach Frankreich
das »Azilien« gebracht haben und welche mit algerischen
und tunesischen palaeohthischen Völkerschaften außerdem
verwandt gewesen sein mögen. — Auch die kantabrischen
prähistorischen Felsen und Höhlen wurden von Abbe
Breuil und Obermaier unter Hilfe einheimischer Interes-
senten untersucht. Zu Hornos de la Pena und zu Castillo
wurden die Höhlen weiter ausgeräumt und vielfache Stra-
tifikationen bis zu dem Magdalenien erkannt. Erstmalig
wurden die Grotten von Valle (Rasines) mit zahlreichen
Funden und die wichtige Grotte de la Pasiega mit ge-
malten und eingeritzten Zeichnungen untersucht. Pasiega
weist 226 einzelne Malereien und 36 eingeritzte Bilder
auf, so interessant fast wie die von Altamira. — Eine ganz
neue prähistorische Region öffnete sich mit der sensatio-
nellen Entdeckung mehrerer mit Malerei bedeckter über-
hängender Felsen, genannt Cueva de la Vieja, ganz nahe
bei Alpera (Albaceta). Die beiden Felsenschutzstätten sind
mit Figuren ganz bedeckt, die in rot gemalt sind, Menschen
(70), Tiere der verschiedensten Art (Hirsche, Rinder, Dam-
hirsche, Wölfe usw.) und 17 Symbole. Die menschlichen
Figuren gleichen den schon früher bekannten von Cogul
und Cretas. Einige der menschlichen Abbilder sind ganz
einzigartig. Es sind ungestalte (ithyphallische?), aber
 
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