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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Maas, Max: Archäologische Nachlese, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0089

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Archäologische Nachlese

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behende und lebhafte Jäger mit Waffen, Beinringen, Feder-
schmuck auf dem Kopf, die da stehen, laufen, auf den
Knien liegen usw. Die Malereien werden von Abbe
Breuil in das Magdalenien gesetzt, aber anderen Völker-
schaften als den prähistorischen des südlichen Frankreichs
und des kantabrischen Spaniens zugewiesen. — Pierre
Paris beschreibt dann noch vier interessante anthropo-
morphe Stelen aus dem portugiesischen ethnologischen
Museum, und wendet sich zu den iberischen Altertümern,
namentlich zu den Skulpturen von Cerro de Los Santos,
wobei einige Bemerkungen über die Technik der iberischen
Bildhauer abfallen, welche den weichen Stein jedem
anderen Material außer der Bronze vorziehen. Das Material
beeinflußt natürlich die Technik, welche einerseits schwere
und weiche, andererseits präzise und trockene Skulpturen
hervorbringt. — Auch das Gebiet der iberischen Keramik
brachte neue und interessante Entdeckungen. Es wurden
verschiedene Ateliers, unter denen aber doch Beziehungen
nachgewiesen werden können, unterschieden. Eine Be-
obachtung des Abbe Breuil sei noch erwähnt, welcher ge-
wisse, anscheinend ganz phantastische Dekorationen auf
mehr oder weniger glückliche Darstellungen von Kopf-
und Schwanzteilen des Pferdes resp. bereits stilisierter
Pferde zurückführt. — Wichtige Denkmäler aus Numantia
hat M. Melida in dem Artikel Numancia in den »Pequefias
Monografias de arte espaüol« beschrieben. Die numan-
tinische Vasenmalerei zieht die Stilisierung der Natur-
wiedergabe vor.

Die größte archäologische Unternehmung in Spanien
ist neben den Ausgrabungen von Numantia die von Am-
purias, jener Doppelstadt, bestehend aus der Eingeborenen-
stadt Indica im Innern des Oolf von Rosas, ganz nahe am
Kap Creus und der von den Griechen aus Marseille be-
siedelten kleinen Insel Palaeopolis gegenüber von Indica.
Die römische Kolonie Emporiae wurde von Cäsar etabliert.
Emporiae war ein großes Zentrum griechischer Kultur,
das einzige, das sich in Wahrheit weiter entwickelt hat
und dem fremden Einfluß soviel wie möglich sich zu ent-
ziehen wußte. Der Boden von Emporiae hat nun auch
schon seit einem Jahrhundert Münzen, Vasen, Bronzen,
Terrakotten und griechische Statuen den zahlreichen un-
systematischen Ausgräbern und den wenigen, die es mit
den Ausgrabungen ernst nahmen, wiedergegeben. Seit
dem Jahre 1908 wurden nun von der »Junta de Museos«
von Barcelona systematische Ausgrabungen gemacht und
in ihren Annuari veröffentlicht. Die Topographie, die
Vasen (Frickenhaus) und Skulpturen sind von Autoritäten
jeweils behandelt. Die Insel Palaeopolis hat sich nunmehr
als Halbinsel herausgestellt, man hat hier die Mauern und
das Tor des Livius erkannt. Tempel wurden nicht wieder
gefunden und die Häuser waren höchstwahrscheinlich aus
Erde (Tapia) errichtet. Besonders sorgfältig ist das Wasser-
system ausgeführt und man hat in einem Hause eine Art
Filteranlage aus unten durchbohrten Amphoren gefunden.
Die Fortsetzung der Ausgrabungen wird wohl zeigen, daß
die römische Stadt die iberische ganz und gar bedeckt hat.
Vor dem 6. Jahrhundert können nach den an Seltenheiten
nicht eben reichen Vasenfunden die Griechen die Insel
nicht besiedelt haben (vgl. die Publikation von Frickenhaus
»Griechische Vasen aus Emporion«. Annuari 1908. Barce-
lona).

Unter den neuen Funden aus Ampurias ist ein ar-
chaischer Löwenkopf in Bronze zu bemerken, der vielleicht
das Ende einer Wagendeichsel bildete. Ein Aphroditekopf
skopasischer Schule, eine Kolossalstatue des Asklepios von
ziemlich konventioneller Art, eine Gewandfigur ohne Kopf
aus Besalu, eine archaische Demeter in Terrakotta von aus-
gezeichneter Arbeit und zwei Bionzeplaketten mit getriebenen

und versilberten Darstellungen sind noch außerdem er-
wähnt. Die eine dieser Plaketten zeigt einen Dioskuren, die
andere mithriatische Darstellungen. — Weniger bedeutend
sind die Ausgrabungen von Merida, die von Don J. Ramon
Melida geleitet worden sind. Hier wurde namentlich das
Theater ausgegraben, wo eine Anzahl Sitze, darunter auch
ein sehr schön geschmückter Marmorsessel aufgedeckt
worden sind. Einige Figuren stammen aus dem Amphi-
theater und einem Mitrasheiligtum. Der wichtigste Einzel-
fund ist der einer sitzenden weiblichen Figur vom Typus
der Demeter von Knidos, aber erst in der römischen Kaiser-
zeit entstanden. Einige mit Reliefs dekorierte Grabstelen
sind rohe Arbeiten. Viel besser sind zwei Reliefs, das eine
eine griechische Arbeit aus Javea (Alicante) mit Darstellung
eines Dioskuren zwischen einem bärtigen und einem un-
bärtigen Mann, das andere aus Cordova, ein Teil eines
Puteais mit einem Poseidon und einem Triton. Pierre
Paris erwaret am Schluß seines Aufsatzes die Fortsetzung
der Ausgrabungen der punischen Stätte auf der Pityusen-
Insel Iviza (Ibica), wo der vor kurzem verstorbene Don Juan
Roman y Calvet schon so erfolgreich gegraben hatte. Wo
private Arbeit schon so hervorragende Resultate hervor-
gebracht hatte, müsse eine offizielle staatliche Ausgrabung
noch weit Bedeutenderes leisten können.

Wir übergehen Frankreich, aus dem von besonderem
Interesse nur die Entdeckung des Gipsabgusses der un-
restaurierten Venus von Arles ist, Belgien, wo für die Kunst-
archäologie nichts Besonderes aus dem Boden gekommen
ist, Britannien, worüber an dieser Stelle (s. Kunstchronik
1912/13, Sp. 42—44) bereits die Rede war, die Schweiz,
deren, bis auf die letzten Arbeiten in Avenches und Äugst
vollständiger, Bericht nur römische Funde und Ausgrabungen
betrifft, und gelangen mit dem Jahresbericht des Archäo-
logischen Anzeigers über Ungarn zu den Balkanstaaten.
Sehr interessant ist der von N. Vulic erstattete Bericht aus
Serbien, wo in den letzten Jahren zahlreiche und wichtige
Funde prähistorischer und antiker Objekte gemacht worden
sind, von denen eine große Anzahl durch Kauf und Ge-
schenk ihs Nationalmuseum von Belgrad gelangt sind.
Es wurde auch viel systematisch ausgegraben, prähisto-
rische Ansiedelungen am Zuto Brdo (Gelber Berg) an der
Donau, bei Vinco östlich von Belgrad, bei Gradac nord-
östlich von Leskovac und in Ms. Ferner wurde bei Stojnik
ein römisches Kastell von großen Dimensionen in Form
eines Polygons entdeckt. — Aus Bulgarien meldet B. Filow
die Fortsetzung der Ausgrabungen in der Sophienkirche zu
Sofia, wo der im vorigen Jahre bereits konstatierte untere
Mosaikboden, der sehr gut erhalten war, und zahlreiche
gemauerte Gräber aufgedeckt wurden. Außerdem sind
Ausgrabungen bei dem Dorfe Kopilovtzi in der Nähe von
Küstendil vom Nationalmuseum unternommen worden, wo
sich ein ausgedehntes Heiligtum des Zeus und der Hera,
von denen auch Marmorstatuen gefunden wurden, zeigte.
Filow veröffentlicht außerdem das Relief eines thrakischen
Gottes (eine Art Silvanus), einen Herakles und Antaios
auf Sarkophagdeckel aus Ladschane, ein Relief mit thra-
kischem Reiter mit Asklepios und Hygieia aus Izvorovo,
einen weiblichen Marmorkopf aus Riben wohl ein Porträt-
kopf aus dem 3. Jahrhundert, die alle in das National-
museum zu Sofia übergegangen sind. Eine prachtvolle
und sehr gut erhaltene Bronzehydria des 4. Jahrhunderts
v. Chr. wurde durch einen Zufall in einem aus Steinplatten
gebauten altgriechischen Grabe bei Mesembria gefunden.
Die Hydria trägt ein angelötetes Relief mit Darstellung
des Raubs der Oreithya durch Boreas.

Wir schließen nunmehr diesen ungewöhnlich langen
Bericht, in dem wir doch nur das Allerwesentlichste haben
kurz wiederholen können, um einen Begriff davon zu geben,
 
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