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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Dresdner, Albert: Andreas Aubert: (geboren zu Christiania 28. Januar 1851, gestorben daselbst 9. Mai 1913)
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Das fränkische Museum in Würzburg
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Das fränkische Museum in Würzburg

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keinen wärmeren Freund besessen, als diesen Mann,
der jedesmal, wenn er zu uns kam, erstaunt und be-
glückt die Kulturfortschritte unseres mächtig ringenden
Volkes rühmte.

So verliert die kunstgeschichtliche Wissenschaft,
so verliert Deutschland an dem Heimgegangenen viel
— am meisten aber verliert doch sein Vaterland.
Aubert war ein Kulturmittler zwischen Norwegen und
Europa, und solche Mittler tun diesem Lande bitter
not, das durch die Ablösung von der humanistischen
Bildung und durch die Einführung einer künstlich
geschaffenen Nationalsprache sich in jüngster Zeit
kulturell empfindlich isoliert hat und für die Aufgaben
und den Betrieb der Geisteswissenschaften kein großes
Verständnis und Interesse zeigt. Aubert hat für deren
Recht tapfer gekämpft und in diesem Lande, wo Kunst
und künstlerische Kultur nur noch gar spärlich gesät
sind, hat er als Verfechter der Rechte der Kunst immer
in erster Linie gestanden. Mit Leib und Seele Nor-
weger, war er doch zugleich ein echter guter Europäer.

Wenn je ein Mensch die Bezeichnung einer anima
Candida verdient hat, so ist es Andreas Aubert gewesen.
In dem ungewöhnlich großen, aber fein gebauten
Körper lebte eine Kinderseele. Nichts Unreines, Un-
edles war in ihm. Er liebte die Schönheit; über das
Unschöne glitten seine treuen Träumeraugen hinweg,
als existiere es nicht. Selbst über Widersacher oder
Schädlinge fällte er nie ein hartes Wort. Sein Vater-
land hätte für den bescheidenen Mann vielleicht mehr
tun dürfen — er klagte nicht. Er hatte den Reichtum
und die Schönheit in sich, und ein Abglanz davon
bleibt in seinen Werken zurück.

ALBERT DRESDNER.

DAS FRÄNKISCHE MUSEUM IN WÜRZBURG
Am 17. Mai erfolgte die feierliche Eröffnung des
fränkischen Luitpold-Museums durch den Prinzregenten
Ludwig. Es ist »nur« ein Lokalmuseum, Unterfranken
und die anschließenden Gebiete umfassend. Aber
gerade darum und weil es nichts anderes sein will,
d. h. in dieser klugen Beschränkung auf ein deutlich
in sich geschlossenes Gebiet, gewinnt es an Wichtig-
keit und Interesse nicht nur für die Franken selbst, son-
dern auch für die außenstehenden Freunde deutscher
Kunst. Denn es erweist in der glänzenden Fülle von
Werken verschiedenster Art deutlich, wie hoch das
einstige Bistum Würzburg in der Kulturentwicklung
Deutschlands dasteht. So sehr die lokale Individuali-
sierung an Klarheit leiden mußte unter der Kreuzung
sich schneidender Linien, die von Schwaben nach dem
Niederrhein und Thüringen, ferner von Nürnberg
nach Mainz führen, ein hervorragendes Kunstzentrum
ist Würzburg unbedingt gewesen, das zu gewissen
Zeiten, so im 14. Jahrhundert oder um 1500, endlich
im frühen Rokoko, zu einer weit über die engen Grenzen
hinausgehende Bedeutung wird. Würzburg läßt
sich nicht mehr umgehen von denen, die sich intimer
mit deutscher Kunst bis 1814, d. h. bis zum Ende
der fürstbischöflichen Selbständigkeit, beschäftigen
wollen. Zu dieser Erkenntnis wird uns eben diese
Sammlung bringen, wo wir zum ersten Male in klarer

Ordnung die Werke der verschiedensten Epochen
zusammengestellt finden. Wenn nun auch eine be-
sondere Eigenart im Stilempfinden des Volkes sich
nicht so klar wie in Schwaben und Nürnberg, oder in
Westfalen und den sächsischen Gebieten zeigt, eines
überrascht doch: vom ersten Anfang des romanischen
Stiles bis zum Ende des Rokoko geht, bald getragen
von künstlerischen Persönlichkeiten, bald von hervor-
ragenden Kunstgönnern geleitet, eine kaum unter-
brochene Bewegung im Kunstschaffen. Bisher haben
das nur die prachtvollen Kirchenbauten und privaten
Paläste dem suchenden Auge gezeigt. Das zu finden
bedurfte es Zeit. Jetzt kann selbst der baedekerreisende
Fremde schon in wenigen Stunden bei den neuen
Sammlungen zu solchem Einsehen kommen, das nun
vielleicht doch zu längerem Verweilen locken wird.
Denn diese Stadt, die so unberührt von dem zerstören-
den und neu aufrichtenden modernen Vorwärts gleich
all den so reizvollen kleinen Frankenstädten am Main,
am Neckar sich so schwer nur aus dem Träumen in
der Vergangenheit aufrichten will, hat sich ganz er-
halten mit dem schönen landschaftlichen Hintergrund,
ohne den die altdeutsche Kunst nicht begreiflich ist.
Wenn wir herabschauen auf sie, die im Talkessel ge-
drängt sich breitet, geht heimatlicher Duft auf. Es
erhellt sich der Blick und wir erkennen, daß diese von
bergbekrönten Höhen umschlossenen, weltabgetrennten
deutschen Städte in Lokalkunst aufgehen und unter-
gehen mußten.

Daß dieses Museum überhaupt zustande kommen
konnte, danken wir der Stadtverwaltung, die trotz der
wenig günstigen finanziellen Lage doch die Mittel
herbeibrachte, besonders zum architektonischen Ausbau
und für die Aufstellung der Sachen. Dazu kommen
zunächst zwei Vereine, d. h. der 1830 gegründete histo-
rische Verein und der Kunst- und Altertumsverein
(1893 gegründet), die mit ihren außerordentlich wert-
vollen Sammlungen den Grundstock bilden. Die
Universität hat auch wichtige Stücke im Austausch
überwiesen. Endlich haben private Herren durch
Schenkungen und Leihgaben in höchst dankenswerter
Weise sehr vieles zur Verfügung gestellt. Es ist wohl
zu erwarten, daß gerade im Anblick dieser Samm-
lungen das Interesse und der Ehrgeiz von Stadt und
Land erwachen werden, um auch in der Kunst und
ihrer Unterstützung endlich wieder kräftig tätig zu sein.
Wenn schließlich alles in ruhiger, geschmackvoller
Ordnung aufgestellt wurde, so ist es das Verdienst
der dabei betätigten Herren, d. h. des Staats-Konser-
vators Dr. Hock, der die prähistorische Sammlung
im Stock II ordnete, des städtischen Konservators
und Direktors A. Stöhr, der die späteren Abteilungen
im Parterre und Stock I wie II aufrichtete. Baurat
Kreuter und Architekt Dott sind ebenfalls zu nennen.
Ein kurzer Führer, mit reichlichen Illustrationen ver-
sehen, wird in einigen Tagen erscheinen; Ansichts-
karten natürlich zur Genüge. Noch ein Hinweis auf
die wichtigsten Abteilungen des Museums sei gegeben.
In historischer Ordnung schreitet die prähistorische
Sammlung, die sich im II. Stock befindet, voran.
Sie beschränkt sich auf Unterfranken und Umgebung,
 
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