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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Nürnberger Brief
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0187

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Nekrologe

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Umgegend, die der Anstalt unter Eigentumsvorbehalt
überlassen wurde, dann eine äußerst interessante, mit
unendlicher Mühe zusammengebrachte Sammlung
von Bismarck-Karikaturen (4481 Nummern), die
der Würzburger Universitäts-Verlagsbuchhändler Curt
Kabitzsch dem Museum zum Geschenk gemacht
hat, und etwa 1000 Bände und Faszikel wertvoller
Drucke und Handschriften, die, aus den Bestän-
den der alten Fürther Stadtbibliothek ausgewählt,
letzter Tage als Depositum des Stadtmagistrats Fürth
in das Oermanische Museum gelangt sind. Insbeson-
dere die Handschriftenbände sind im einzelnen noch
nicht alle gesichtet und genauer untersucht, doch ent-
halten sie offenbar viel historisch wichtiges Material,
so unter anderm eine bisher unbekannte frühe und
gute Handschrift von Johann Neudörfers Nach-
richten von Künstlern und Werkleuten in Nürn-
berg mit Randbemerkungen von der Hand des alten
Buch- und Kunsthändlers Boerner. —m—

NEKROLOGE
X Aus fruchtbarster Arbeit im bedeutungsvollen Wirkungs-
kreise ward am 11. März Baurat Reinhold Riehl, der
Architekt des Großberliner Zweckverbandes, durch einen
Herzschlag fortgerafft. Der ausgezeichnete Künstler, der
ein Alter von nur 38 Jahren erreicht hat, hatte nur kurze
Zeit Gelegenheit, dem wichtigen Amt zu nützen, zu dem
er im vergangenen Jahre berufen worden war. Er hatte
zudem bei diesen Anfängen seiner neuen Tätigkeit so viel
mit den Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich im Zweck-
verband jeder reformerischen Absicht entgegentürmen, daß
von positiven Resultaten noch keine Rede sein konnte.
Dennoch hörte man bereits von dem günstigen Einfluß,
den er auszuüben begann, indem er mit den Vertretern
der zahlreichen Kommunalverwaltungen neue Bebauungs-
pläne durchberiet und dabei das Ganze der werdenden
Riesenstadt den Einzelinteressen voranzustellen suchte.
Aber das, was Kiehls Namen vor allem eine dauernde
Erinnerung sichert, entstand in den Jahren vorher, da er
als Stadtbaurat von »Neukölln« fungierte, als es noch Rixdorf
hieß. Der Neubau des dortigen Rathauses und die lange
Reihe seiner weiteren städtischen Bauten sind Leistungen
von bleibendem Wert. Ein Schüler der Messel-Hoffmann-
schen Art, hat auch Riehl durch eine Verbindung selbständig
durchdachter Überlieferungen und modemerFormauffassung
seinen Schöpfungen zugleich den Charakter der Gegenwart
wie die Möglichkeit einer organischen Einfügung in ältere
Stadtbilder gewahrt. Im Sommer 1911 hatte der Heim-
gegangene auf der Großen Berliner Kunstausstellung einen
eignen Raum mit Photographien und Modellen seiner Rix-
dorfer Arbeiten gefüllt und sich durch dies schöne Doku-
ment seines nun allzu früh abgebrochenen Lebenswerkes
mit allgemeiner Anerkennung auch die große goldene
Medaille gewonnen.

In dem am 12. März verstorbenen Großkaufmann
Arnold Otto Meyer, dem ehemaligen Vorsitzenden des
Hamburger Kunstvereins, hat Hamburg einen seiner vor-
nehmsten Mäzene verloren. Als Raufmann von vorbild-
licher Gründlichkeit und Genauigkeit, hatte er für alle For-
derungen der Runst stets eine offene Hand. Ihm war die
Runst kein Luxus, ihre Pflege war ihm ebenso Beding-
nis zur Herstellung eines seelischen Gleichgewichtes wie
ein gefaßter Glaube, an den er hielt, ohne in seinen
Sammlungen, die sich vornehmlich auf die Meister der
Griffelkunst und des Kartons aus dem 18. und der ersten

Hälfte des 19. Jahrhunderts beschränkten, einer asketischen
Einseitigkeit zu verfallen. Von seinem Vater hatte er Samm-
lungen von Werken der Chodowiecki, Füger, Mengs,
Boucher, Schmutzer übernommen, denen er die Arbeiten
von Steinle, Veit, Schnorr von Carolsfeld, Feuerbach,
Schwind gesellte. Mit den meisten dieser letztgenannten
Künstler stand er einstmals noch im persönlichen oder schrift-
lichen Verkehr. Bezeichnend sowohl für Art und Wesen
des Sammlers wie des Künstlers ist die Schilderung des
ersten Zusammentreffens A. O. Meyers mit Moritz von
Schwind. Meyer war mit Frau, Sohn und dem Maler
Mosengel dem Meister zur Essenszeit auf die Bude gerückt.
Zur Einführung überbrachte er einen Brief von Schnorr
von Carolsfeld. Schwind verhielt sich kühl und zurück-
haltend. Nachdem er jedoch den Brief gelesen, kam
etwas Sonniges in seinen Blick und in völlig verändertem
Ton sagte er: »Wollen Sie nicht alle miteinander bei mir
zu Mittag essen?« »Ich bitte Sie, was muß Schnorr von
mir geschrieben haben, daß der gute Schwind, der doch
unmöglich auf vier hungrige Gäste vorbereitet sein konnte,
uns so Knall und Fall bei sich zu Tische behielt?« so
schloß der Erzähler, vierzig Jahre nachher, durch die Er-
innerung an diese Begegnung noch ersichtlich bewegt.
In dem glücklichen Gefühl des Besitzes so zahlreicher
seltener Sammlungen fand A. O. Meyer einen Ausgleich
von den schweren Sorgen und Heimsuchungen, die auf
sein sonst so gesegnetes Leben mancherlei schwere Schat-
ten hatten fallen machen. Rührend war es, den in seinem
hohen Alter in völlige Blindheit verfallenen Sammler
seinen Besuchern die einzelnen Blätter seiner Sammlungen
mit größter Genauigkeit erklären zu hören, was natürlich
ohne langjährigen, vertrauten Umgang mit den einzelnen
Teilen seiner Schätze, die er stets selbst einordnete und
katalogisierte, nicht möglich gewesen wäre. A. O. Meyer
hat das Alter von achtundachtzig Jahren erreicht. /;. e. w.

* Alexander Horath f. In Dresden ist am 12. März
nach kurzer Krankheit der Architekt Professor Alexander
Horath im Alter von 35 Jahren gestorben. Er gehörte zu
den hervorragenden jüngeren Vertretern seines Faches und
wurde durch den Tod mitten aus erfolgreichem Schaffen
gerissen. Er stammte aus Westfalen — geb. am 16. Januar
1878 zu Witten a. d. Ruhr — war Schüler Wallots in
Dresden, arbeitete später bei Gabriel von Seidl und im
Atelier von Dülfer in München, mit dem er 1906 nach
Dresden übersiedelte, um eine Stellung als Assistent an
der Technischen Hochschule zu übernehmen. Vorher war
er als preußischer Stipendiat zwei Jahre in Italien, Griechen-
land und Ägypten. Im Jahre 1909 wurde er als Nachfolger
von Wilhelm Kreis Vorsteher des Ateliers für Raumkunst
an der Kgl. Kunstgewerbeschule. Bekannt gemacht hat
sich Horath durch seine Mitarbeit in der Bauberatungs-
stelle des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, durch
einige wohlgelungene Bauten bei der Photographischen
Ausstellung in Dresden 1909und bei der Hygiene-Ausstellung
1911, durch den Umbau des Rathauses zu Meißen und
des Rochschen Hauses am Altmarkt zu Dresden, das sich
in glücklicher Weise in das alte Bild des Platzes einfügt,
während einige andere neuere Bauten dieses Bild in sehr
unerfreulicher Weise gestört haben. Ferner waren ihm
anvertraut: der große Umbau des Hauses der Dresdner
Kaufmannschaft und der Neubau der Firma Henckell-
Solingen am Altmarkt in Dresden. Beide Planungen
liegen vollständig vor. Alle Bauten und Planungen Horaths
zeichnen sich durch Zweckmäßigkeit, sachliche Schlichtheit
und Vornehmheit aus. Er war ein echter Heimatkünstler
in dem Sinne, daß seine Bauten stets mit Feingefühl die
Umgebung berücksichtigten und sich ihr einpaßten, ohne
 
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