gg Der Knabenkopf der Sammlung Weber — Einige niederländische und deutsche Werke des 15. und 16. Jahrh. j0o
lieh in der Breitestraße, »Kunstfreunde«, die nach wie
vor in der Schnellzugsverbindung mit Düsseldorf das
beste Heilmittel gegen lokale Kunstschmerzen er-
blicken, die nichts mehr verdrießt, als daß Köln jetzt
auch in der neuen Kunstbewegung eine wichtige Rolle
spielt. Diese Herren haben den Erfolg der Sonder-
bundausstellung nicht verhindern können und sie
werden auch nicht hindern, daß die mächtig auf-
blühende Stadt, wie einst im Mittelalter, eine Führerin
auf dem Gebiete der bildenden Kunst wird.
Ein Symptom könnte freilich zunächst gegen diese
Annahme sprechen: die Kölner Filiale der Ed. Schulte-
schen Kunstsäle schließt im nächsten Jahre endgültig
ihre Pforten. Die finanziellen Erfolge sollen unbe-
friedigend gewesen sein; gewiß hat dazu aber auch
die Unzulänglichkeit der Räume beigetragen. Seit
kurzem hat Köln im »Rheinischen Kunstsalon« des
Herrn Otto Feldmann einen Ersatz und man muß
sagen, daß der vielseitige Inhaber, den die Leser
dieser Zeitschrift auch als Schriftsteller kennen gelernt
haben, es versteht, anregende und stets intime Aus-
stellungen zu arrangieren. Eine Besonderheit des
neuen Salons sind die Sammlungen Pascinscher Zeich-
nungen und Aquarelle.
Schließlich sei noch hervorgehoben, daß bereits
jetzt unter Mitwirkung der Stadt eine umfassende
Ausstellung des »Deutschen Werkbundes« vorbereitet
wird, die im Jahre 1914 in den Räumen des städti-
schen Kunstpalastes stattfinden wird. o
DER KNABENKOPF DER SAMMLUNG WEBER
In der »Kunstchronik« habe ich wiederholt meine
Vermutung ausgesprochen, daß der Webersche Knaben-
kopf, der bisher als Rembrandt galt, eine moderne
Fälschung sein könne. Dieser Tage wohnte ich der
höchst interessanten Reinigung dieses Bildes durch
Prof. Hauser bei.
Das Bild ist alt, die Farbe steinhart, eine moderne
Fälschung kann es also nicht sein. Dabei hat es sich
ungeheuer viel schöner und besser herausgestellt; das
Schokoladenbraun des allerdings ganz von Rembrandt-
scher Malweise abweichenden Kostüms ist ein Braun-
violett geworden (wie Bode es schon richtig nannte),
ähnlich auf mehreren anderen Frühbildern vorkommend,
z. B. auf der Minerva im Mauritshuis. Das Haar, die
schön modellierte Stirn haben außerordentlich ge-
wonnen.
Befremdend aber für mich bleibt, daß der Fleisch-
ton noch ebenso orangegelb geblieben ist, nachdem
der Firnis heruntergenommen wurde. Das Fleisch
ist mit reichlicher Verwendung von Gelb und Orange
gemalt, so daß es sich noch ohne jeden alten Firnis
goldig glühend von dem kühl gewordenen grauen
Hintergrunde abhebt.
Frühbilder Rembrandts sind durchweg in kühlen
Tönen gemalt, mit grün-gräulichen Schatten. Woher
anders der Name der »grünen Rembrandts von Dr.
Bode«, wie jemand die von Bode zuerst zusammen-
gestellten frühen Rembrandts nannte? Er sagt von
diesen Werken: Es fehlt der Färbung noch an einer
richtigen Verwertung der Lokalfarben, welche einem
kühlen, meist zu schwerem Gesamtton geopfert scheinen.
Schreibt er doch z. B. vom Haager Selbstporträt: »Es
ist von einem kühlen Tone, der mehr ins Grünliche
als ins Bräunliche fällt. . .« Bei zwei anderen Früh-
bildern, wovon das eine eben dieser Webersche
Knabenkopf war, heißt es: »Beide Bilder sind keine?
wegs erfreuliche Leistungen des jungen Meisters,
schwer und eintönig in der Farbe, in einem kühlen,
in den Schatten bereits ins Grünliche spielenden
Ton . . .« Das ist auf diesem Bilde etwas anders ge-
worden. Jetzt ist ein warmes Orangegelb der domi-
nierende Ton im Bilde, und deshalb fällt eben das
Werk für mich ganz aus den anderen Frühbildern
heraus.
So rätselhaft mir dieses bleibt, hat der Kopf sich
so vorteilhaft geändert, sind so viele Feinheiten darin
sichtbar geworden, daß ich mich dennoch frage:
wer anders als der junge Rembrandt könnte so gemalt
haben?1) A. BREDIUS.
EINIGE NIEDERLÄNDISCHE UND DEUTSCHE
WERKE DES 15. UND 16. JAHRHUNDERTS AUF
DER AUSSTELLUNG 1912 IN GRANADA
Im Juni 1912 fand in Granada eine Ausstellung
von Kunstwerken, vornehmlich aus kirchlichem Be-
sitz Granadas, statt. Unter den allzu dicht und zahl-
reich aufgestapelten Bildern, Skulpturen, Teppichen,
Handschriften usw., für die zwei Räume des Hauses
des Herrn Meersmann im Alhambrapark zur Ver-
fügung gestellt worden waren, befanden sich im
Gegensatze zu so mancher Ausstellung alter Kunst
einige bisher völlig unbekannte Bilder von guter
Qualität. Sie mußten zumal den Kunsthistoriker reizen,
weil sie einsam in dieser Umgebung einer Eingliede-
rung in wohlbekannte Reihen harrten.
Die Ausstellung ist meines Wissens nur im so-
eben erschienenen Heft 7 der spanischen Zeitschrift
»Museum« näher besprochen worden. Die vorge-
rückte Jahreszeit war wohl Ursache, daß kein Kenner
deutscher und niederländischer Bilder Gelegenheit
hatte, auf die Werke aufmerksam zu machen, die bald
wieder im Dunkel der Kirchen und Klöster ver-
schwunden sind. So sei es hier nachgeholt. Ab-
bildungsproben finden sich in dem genannten Heft
des »Museum«, dem Texte ebenda hat leider ein
kritisches Eingehen auf die Werke ferngelegen.
Die Madonna mit der Rose des Gerard David
(Nr. 52, Iglesia Magistrai del Sacro Monte) dürfte auch
dem genaueren Kenner niederländischer Kunst unbe-
kannt gewesen sein. In der Monographie des Baron
Bodenhausen fehlt sie. Farbig außerordentlich reiz-
voll wird man ihr nach der Abbildung im »Museum«
kaum gerecht werden können. Das helle Grün und
Blau des Hintergrundes, das feine Grau in der Ma-
1) Was die etwas auffallende Signatur, das frühe Mono-
gramm, betrifft, vergesse man nicht, daß das damit be-
zeichnete frühe Selbstporträt in Nürnberg jetzt allgemein
als Kopie anerkannt, das sichere Original im Haag aber
unbezeichnet ist.
lieh in der Breitestraße, »Kunstfreunde«, die nach wie
vor in der Schnellzugsverbindung mit Düsseldorf das
beste Heilmittel gegen lokale Kunstschmerzen er-
blicken, die nichts mehr verdrießt, als daß Köln jetzt
auch in der neuen Kunstbewegung eine wichtige Rolle
spielt. Diese Herren haben den Erfolg der Sonder-
bundausstellung nicht verhindern können und sie
werden auch nicht hindern, daß die mächtig auf-
blühende Stadt, wie einst im Mittelalter, eine Führerin
auf dem Gebiete der bildenden Kunst wird.
Ein Symptom könnte freilich zunächst gegen diese
Annahme sprechen: die Kölner Filiale der Ed. Schulte-
schen Kunstsäle schließt im nächsten Jahre endgültig
ihre Pforten. Die finanziellen Erfolge sollen unbe-
friedigend gewesen sein; gewiß hat dazu aber auch
die Unzulänglichkeit der Räume beigetragen. Seit
kurzem hat Köln im »Rheinischen Kunstsalon« des
Herrn Otto Feldmann einen Ersatz und man muß
sagen, daß der vielseitige Inhaber, den die Leser
dieser Zeitschrift auch als Schriftsteller kennen gelernt
haben, es versteht, anregende und stets intime Aus-
stellungen zu arrangieren. Eine Besonderheit des
neuen Salons sind die Sammlungen Pascinscher Zeich-
nungen und Aquarelle.
Schließlich sei noch hervorgehoben, daß bereits
jetzt unter Mitwirkung der Stadt eine umfassende
Ausstellung des »Deutschen Werkbundes« vorbereitet
wird, die im Jahre 1914 in den Räumen des städti-
schen Kunstpalastes stattfinden wird. o
DER KNABENKOPF DER SAMMLUNG WEBER
In der »Kunstchronik« habe ich wiederholt meine
Vermutung ausgesprochen, daß der Webersche Knaben-
kopf, der bisher als Rembrandt galt, eine moderne
Fälschung sein könne. Dieser Tage wohnte ich der
höchst interessanten Reinigung dieses Bildes durch
Prof. Hauser bei.
Das Bild ist alt, die Farbe steinhart, eine moderne
Fälschung kann es also nicht sein. Dabei hat es sich
ungeheuer viel schöner und besser herausgestellt; das
Schokoladenbraun des allerdings ganz von Rembrandt-
scher Malweise abweichenden Kostüms ist ein Braun-
violett geworden (wie Bode es schon richtig nannte),
ähnlich auf mehreren anderen Frühbildern vorkommend,
z. B. auf der Minerva im Mauritshuis. Das Haar, die
schön modellierte Stirn haben außerordentlich ge-
wonnen.
Befremdend aber für mich bleibt, daß der Fleisch-
ton noch ebenso orangegelb geblieben ist, nachdem
der Firnis heruntergenommen wurde. Das Fleisch
ist mit reichlicher Verwendung von Gelb und Orange
gemalt, so daß es sich noch ohne jeden alten Firnis
goldig glühend von dem kühl gewordenen grauen
Hintergrunde abhebt.
Frühbilder Rembrandts sind durchweg in kühlen
Tönen gemalt, mit grün-gräulichen Schatten. Woher
anders der Name der »grünen Rembrandts von Dr.
Bode«, wie jemand die von Bode zuerst zusammen-
gestellten frühen Rembrandts nannte? Er sagt von
diesen Werken: Es fehlt der Färbung noch an einer
richtigen Verwertung der Lokalfarben, welche einem
kühlen, meist zu schwerem Gesamtton geopfert scheinen.
Schreibt er doch z. B. vom Haager Selbstporträt: »Es
ist von einem kühlen Tone, der mehr ins Grünliche
als ins Bräunliche fällt. . .« Bei zwei anderen Früh-
bildern, wovon das eine eben dieser Webersche
Knabenkopf war, heißt es: »Beide Bilder sind keine?
wegs erfreuliche Leistungen des jungen Meisters,
schwer und eintönig in der Farbe, in einem kühlen,
in den Schatten bereits ins Grünliche spielenden
Ton . . .« Das ist auf diesem Bilde etwas anders ge-
worden. Jetzt ist ein warmes Orangegelb der domi-
nierende Ton im Bilde, und deshalb fällt eben das
Werk für mich ganz aus den anderen Frühbildern
heraus.
So rätselhaft mir dieses bleibt, hat der Kopf sich
so vorteilhaft geändert, sind so viele Feinheiten darin
sichtbar geworden, daß ich mich dennoch frage:
wer anders als der junge Rembrandt könnte so gemalt
haben?1) A. BREDIUS.
EINIGE NIEDERLÄNDISCHE UND DEUTSCHE
WERKE DES 15. UND 16. JAHRHUNDERTS AUF
DER AUSSTELLUNG 1912 IN GRANADA
Im Juni 1912 fand in Granada eine Ausstellung
von Kunstwerken, vornehmlich aus kirchlichem Be-
sitz Granadas, statt. Unter den allzu dicht und zahl-
reich aufgestapelten Bildern, Skulpturen, Teppichen,
Handschriften usw., für die zwei Räume des Hauses
des Herrn Meersmann im Alhambrapark zur Ver-
fügung gestellt worden waren, befanden sich im
Gegensatze zu so mancher Ausstellung alter Kunst
einige bisher völlig unbekannte Bilder von guter
Qualität. Sie mußten zumal den Kunsthistoriker reizen,
weil sie einsam in dieser Umgebung einer Eingliede-
rung in wohlbekannte Reihen harrten.
Die Ausstellung ist meines Wissens nur im so-
eben erschienenen Heft 7 der spanischen Zeitschrift
»Museum« näher besprochen worden. Die vorge-
rückte Jahreszeit war wohl Ursache, daß kein Kenner
deutscher und niederländischer Bilder Gelegenheit
hatte, auf die Werke aufmerksam zu machen, die bald
wieder im Dunkel der Kirchen und Klöster ver-
schwunden sind. So sei es hier nachgeholt. Ab-
bildungsproben finden sich in dem genannten Heft
des »Museum«, dem Texte ebenda hat leider ein
kritisches Eingehen auf die Werke ferngelegen.
Die Madonna mit der Rose des Gerard David
(Nr. 52, Iglesia Magistrai del Sacro Monte) dürfte auch
dem genaueren Kenner niederländischer Kunst unbe-
kannt gewesen sein. In der Monographie des Baron
Bodenhausen fehlt sie. Farbig außerordentlich reiz-
voll wird man ihr nach der Abbildung im »Museum«
kaum gerecht werden können. Das helle Grün und
Blau des Hintergrundes, das feine Grau in der Ma-
1) Was die etwas auffallende Signatur, das frühe Mono-
gramm, betrifft, vergesse man nicht, daß das damit be-
zeichnete frühe Selbstporträt in Nürnberg jetzt allgemein
als Kopie anerkannt, das sichere Original im Haag aber
unbezeichnet ist.