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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Das fränkische Museum in Würzburg
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0257

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Nekrologe — Personalien

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Was früher schon gesammelt ist (besonders Universitäts-
sammlung) und was in neueren staatlichen Ausgrabungen
unter Leitung von Dr. Hock gefunden wurde, sehen
wir — ohne Samt und Seide — auf lichtgraugrünem
Leinengrund vorzüglich aufgestellt. Dann folgt die
plastische Abteilung, die, in allen Räumen verteilt,
sich besonders im Stock I ausbreitet. Die ältere Stein-
plastik muß man natürlich im Dom und den Kirchen
Würzburgs suchen. Einzelne Stücke, wie ein Roma-
nischer Taufstein des 12. Jahrhundert mit Christus
und den Aposteln, aus Neustadt, ein Stiftungsstein
mit Trinita aus dem Bürgerspital (zirka 1340), eine
bemalte Alabastermadonna halber Naturgröße, seien
erwähnt. Wegen der großen Vollständigkeit inter-
essanter ist die Holzskulptur, die sich natürlich 1500
um Tilman Riemenschneider gruppiert. Neben
den berühmten Steinfiguren des Adam und der Eva,
anderen bekannten Stücken, wie der Doppelmadonna,
ist die in der sehr guten Erhaltung der Bemalung
glänzende Schmerzensmutter (vor dem Kruzifix) hervor-
zuheben. Eine Fülle Studienmaterial liegt in den Werk-
statt- und Schularbeiten verborgen, die uns bis tief in
das 16. Jahrhundert führen und deren Überleitung in
das Barock hinein zur Erkenntnis der Wandlungen
des Stilempfindens von besonderem Reiz ist. Einige
Nürnberger Arbeiten, Veit Stoß oder seiner Schule ge-
hörend, stehen dort noch nicht erkannt. Während
das späte Barock etwas zurücktritt, ist das Rokoko
durch vorzügliche Tonmodelle J. P. Wagners gut ver-
treten.

Etwas ganz Eigenartiges, das sich in gleicher Reich-
haltigkeit wohl nirgends sonst findet, sind die Stuck-
decken. Sie beginnen mit der Decke aus dem Sand-
hof (1596—1614), es folgen die Arbeiten aus Unterzell
(seit 1687), der bedeutende Jagdfries aus Schwäbisch-
Hall, sie erreichen ihren Höhepunkt mit dem Plafond
des Treppenhauses und Stücken aus dem Huttenpalais.
Entworfen hat sie Baltasar Neumann, neben
Riemenschneider der Hauptmeister Würzburgs, als
Architekt und Dekorateur von allererster Größe. Er
hat die Residenz gebaut und ihm dankt Würzburg
eine glänzende Entfaltung des Handwerks im 18. Jahr-
hundert, wie sie in vielen prächtigen Zimmer- und
Deckenverkleidungen, den Möbeln der Privathäuser
noch verborgen liegt.

Einige sehr schöne Zimmer sind wieder neu auf-
gerichtet; so das Prunkzimmer aus Lohr (Kopie), das
Fichtelzimmer von 1724 und ein Zimmer des Hutten-
schlößchens (zirka 1730), letztere beide besonders
interessant, weil sie die gewaltige Stilwandlung der
Zeit vom Louis XlV-Stil zum Rokoko in feinster
Delikatesse zeigen. Von den glänzenden Möbelstücken
seit der Renaissance bis zum Empire (reiche Intarsia),
den Ofen usw. wäre noch zu reden. Hervorragend
ist die süddeutsche keramische Sammlung, die
als geradezu vollständig bezeichnet werden muß. Zum
Breuning-Krug (zirka 1548) ist kaum ein Gegenstück
da. Ebenso einzigartig ist die Fahne aus dem
Dom von 1266 mit dem stehenden Christus. Die
Ordensgewändersammlung wird hoffentlich bald be-
reichert durch die des Domstiftes. Das Kunstgewerbe

ist im übrigen nicht so gut vertreten. Die großartige
Sammlung von Architektur-Entwürfen und -Skizzen
des Baltasar Neumann konnte leider nicht aufge-
stellt werden, da natürlich der Bau, wie es Regel zu
werden scheint, am Ende zu klein war. Endlich muß
als etwas absolut Originelles die Synagoge aus
Kirchheim bei Würzburg aus dem 18. Jahrhundert
mit dem eigentümlichen Mittelbau interessieren. Jeden-
falls wird man im ganzen sagen, daß kaum eine
Sammlung der Provinz dem Würzburger Museum an
die Seite gestellt werden kann. F. K.

NEKROLOGE
Wilhelm Walther |- Am 7. Mai starb in Dresden
im hohen Alter von 86 Jahren der Historien- und Genre-
maler, ehemalige Professor an der Kgl. Kunstakademie
Hofrat Adolph Wilhelm Walther. Er war der Schöpfer
eines der bekanntesten monumentalen Kunstwerke Dresdens:
des Fürstenzuges an der äußeren Stallhofmauer in der
Augustusstraße, der ursprünglich in Sgraffitomalerei aus-
geführt war, die jedoch, nachdem das Gemälde durch
die Unbilden der Witterung stark gelitten hatte, durch
wetterfeste Unterglasurmalerei in Meißner Porzellan ersetzt
wurde. (Der Fürstenzug stellt die wettinischen Fürsten
zu Pferde von Konrad dem Großen bis auf König Albert
nebst Gefolge dar.) Walther war als Sohn eines herr-
schaftlichen Försters am 18. Oktober 1826 in Kämmers-
walde bei Purschenstein geboren, besuchte die Dresdner
Kunstakademie und arbeitete 1863 mit an den Sgraffito-
malereien im Semperschen Polytechnikum zu Zürich. Im
Jahre 1875 wurde er als Lehrer an die Dresdner Akademie
berufen, 1878 zum Professor ernannt. Außer dem Fürsten-
zuge (1872—76) malte er zahlreiche biblische und Genre-
bilder, Kartons zu Glasgemälden für eine Kirche in Glatz,
für die Stadtkirche zu Meißen, ferner für Beiersdorf, Nossen,
Neuhausen i. E. usw. In Meißen am Eingang in den
Domplatz befindet sich von ihm auch ein buntes Mosaik-
bild: Ritter Georg als Drachentöter.

In Paris ist im Alter von 57 Jahren der Maler Henry
Moret gestorben. Moret war Schüler Gerömes und malte
zuerst ziemlich trockene Genrebilder, wandte sich dann den
Symbolisten zu, die zu Ende der achtziger und Anfang der
neunziger Jahre viel von sich reden machten, und fand seine
endgültige Bestimmung bei den Impressionisten. Er hat
die schroffen Felsküsten der Bretagne hundertmal gemalt
und zwar in einer Weise, die sich nur durch die gröbere
oder kräftigere Ausführung von Bildern ähnlichen Inhalts
Claude Monets unterscheiden läßt — wobei auch die
Ähnlichkeit des Namens mitunter zu Verwechslungen ge-
führt haben mag.

PERSONALIEN

Die philosophisch-historische Klasse der Berliner Aka-
demie der Wissenschaften hat den ordentlichen Professor
der Archäologie an der Berliner Universität, Geh. Reg.-
Rat Prof. Dr. Georg Loeschcke, zum ordentlichen Mitgliede
gewählt.

Der Elberfelder Architekt Prof. Theobald Hofmann
wurde zum korrespondierenden Mitglied des Kaiserlich-
Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin von der
Zentraldirektion des Instituts gewählt. Hofmann ist mit
einer wertvollen literarischen Arbeit über Raffaels Tätigkeil
als Architekt besonders bekannt geworden.

Richard Engelmann, der bekannte Berliner Bildhauer,
wurde als Leiter der Abteilung für Bildhauerei an die Wei-
marer Hochschule für bildende Kunst berufen.
 
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