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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Ausstellung alter ostasiatischer Kunst in der königlichen Akademie der Künste zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0036

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Ausstellung aller ostasiatischer Kunst in Berlin

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mit Werken aller drei Hauptmeister, die Dekorations-
kunst der späteren Kanomeister mit einer Reihe schöner
Setzschirme — allerdings auch einer Reihe dieser Aus-
stellung nicht eben würdiger — und das in Europa
so beliebte Ukiyoye mit einer Zahl von Holzschnitten,
die, so gut die Auswahl und die durchgängige Qualität
ist, an dieser Stelle und in diesem Umfange nicht
ganz angebracht war.

Die Malerei ist mit Recht zum Schwerpunkt der
Ausstellung gemacht, und hier sind die Akzente
zwischen China und Japan, so weit das Material es
zuließ, nach Billigkeit verteilt. Schon in der Plastik
wird es anders. Hier versagt China fast ganz. Die
großen Felsenskulpturen, die stilgeschichtlich von
eminenter Bedeutung, qualitativ aber sehr gering sind,
bleiben selbst dem geldgierigsten Volke unveräußerlich
und dem Auslande unerreichbar. Sonst aber birgt
nur Japan in seinen Tempelschätzen eine Reihe von
Statuen rätselhafter Herkunft, die von dem Stil der
alten chinesischen Plastik Zeugnis ablegen. Ein Stück,
das mit diesen im Zusammenhang steht, wenn auch
selbst sicher japanischer Herkunft, birgt die Aus-
stellung als kostbarsten Besitz des Museums. Und
von dieser frühesten Kwannonstatue des 7. Jahr-
hunderts an sind die verschiedenen Stilstufen bis
hinab ins 13. Jahrhundert in ganz wenigen, aber auch
ganz erstrangigen Beispielen vertreten. Die Masken
für das Nöspiel schließen sich an. Leider aber fehlen
die Netsuke ganz und mit ihnen eines der reizvollsten
Gebiete ostasiatischer Plastik. Es hätte wohl gelohnt,
an dieser Stelle zu zeigen, daß diese Gürtelknöpfe
mehr sind als ein reizendes Spielzeug, daß hier im
kleinen Format eine Weiterentwicklung der Plastik
sich vollzog, die ihr im Großen versagt blieb.

Nicht anders als in Europa sondert sich von der
Kunst das Kunstgewerbe. Auch diese Erkenntnis be-
tont die Ausstellung nachdrücklich, denn lange galt
bei uns alle ostasiatische Kunst gleicherweise als Zier-
kunst. Die Künste des Metalls, des Tones und des
nur in Ostasien bekannten Lackes sind vertreten. In
der Metallkunst hat China mit den wundervollen
Bronzen seiner Frühzeit die Führung. Den ältesten
Dynastien werden die Vorbilder dieser großartigen
Gefäße in den chinesischen Katalogen zugewiesen.
Vorsichtig verzichtet man hier in der Ausstellung auf
nähere Datierung in die Shang- und Chou-Zeit. Aber
es gibt Bronzen, die solcher Bezeichnungen würdig
sind wie irgend welche ihrer Art, die die herrliche
Patina tragen, die kein anderer Boden zeugte als der
Chinas, und die die mächtigen und phantastischen
Formen der früheren Zeiten in unverfälschter Reinheit
zeigen. Die Berliner und Freiburger Sammlungen
und die Kunsthandlung Bing in Paris sind die Be-
sitzer der hervorragendsten Stücke.

Wie die Bronzen für China, so sind die Schwert-
stichblätter für Japan charakteristisch, und hier hat
die Ausstellung eine Sammlung aufzuweisen, wie sie
kaum noch in solcher Vollständigkeit und durchgängig
hoher Qualität in Europa gezeigt worden ist. Die
gerade in diesem Gebiete mustergültigen Sammlungen
Jacoby-Berlin, Mösle-Leipzig, Oeder-Düsseldorf und

nicht zuletzt das Berliner Museum haben ihr Bestes
hier zusammengetragen.

Nächst den Tsuba ist die Lackkunst für europäi-
sche Verhältnisse mustergültig vertreten. Das Berliner
Museum hat die ältesten, die Sammlung Jacoby die
technisch vollendetsten Stücke beigesteuert. Der chi-
nesische Farbenlack kommt zum ersten Male auf einer
Ausstellung ganz zu seinem Rechte, und Japan ist
nicht nur mit den Prunkstücken der Tokugawazeit
und den zierlichen Inro vertreten, sondern es können
Beispiele ältester Goldlackarbeit gezeigt werden, die
sich mit den kostbarsten Schätzen der alten Tempel
des Landes gewiß nicht messen können, für euro-
päische Sammlungen aber auf alle Fälle Rarissima be-
deuten. Wenn dagegen die beliebten und in euro-
päischen Sammlungen unendlich häufigen »Körinlacke«
nur ganz spärlich vertreten sind, so ist das das beste
Zeichen, daß auch in diesem Gebiete eine strenge
Kritik geübt wurde, der allerdings hier gerade noch
ein und das andere Stück hätte zum Opfer fallen
dürfen.

Leider war es nicht nur sachliche Kritik, sondern
Platzmangel, der das Gebiet der keramischen Kunst
auf eine verhältnismäßig geringe Zahl von Stücken
beschränken ließ. Diese edelste Gerätekunst der Ost-
asiaten kommt nur aus diesem Grunde hier nicht in
dem Maße zu Worte, wie es allein die Sammlung
des Berliner Museums ermöglichte. China hat auch
hier die Führung, und wäre es nur mit einer einzigen
kleinen Teeurne und einer Schale, zwei Stücken, die
von keinem anderen sonst übertroffen oder nur er-
reicht werden. Zum ersten Male ist der Name Koreas
zu nennen, des Landes, das eine so wichtige Rolle
spielte, als Kulturvermittler zwischen China und Japan,
dessen eigene Kunst aber nach den verheerenden
Kriegen Hideyoshis sich nie wieder erholte, und dessen
besondere künstlerische Art ungeklärt ist und wohl
auch bleiben wird. Denn die koreanische Gefäßkunst
ist nur im Zusammenhange mit der Chinas zu ver-
stehen wie die japanische mit der Koreas. Strenger
Teemeistergeschmack traf hier die Wahl. Die deko-
rierten Gefäße, die in Europa als Satsumaware sich
unverdienter Beliebtheit erfreuen, spielen hier eine
ganz geringe Rolle. Der Name des Ninsei ist mit
einem von ihnen verbunden. Nicht ganz vorsichtig
war man mit diesem dreimal wiederkehrenden Namen.
Allerdings wäre es ein leichtes gewesen, ganze Vitrinen
mit den Waren, die seinen Stempel tragen, zu füllen.

Hamburg, die älteste öffentliche Sammlung ost-
asiatischer Kunst, sandte eine kleine keramische Ab-
teilung für sich. Muß hier gesagt werden, daß sie an
Qualität hinter dem übrigen zurückbleibt, so darf
ihre Pionierstellung nicht vergessen werden. Gerade
die Jugend kommt den anderen deutschen Sammlungen
zugute. Seitdem die Japaner anfingen, ihre Schätze
zu ordnen und die mustergültigen Publikationen zu
veröffentlichen, ist auch die Möglichkeit gegeben, mit
anderem wissenschaftlichen Rüstzeug Sammlungen an-
zulegen. Jetzt erst kennt man die Maßstäbe, an denen
man zu messen hat. Man weiß, daß man in Unkenntnis
nie wiederkehrende Gelegenheiten versäumte. Aber
 
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