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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Der III. internationale archäologische Kongress in Rom
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Der III. Internationale archäologische Kongreß in Rom

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die prähistorischen Gräber mit reichen Tierresten
von Elefas antiquus und ihre Entwicklung auf Malta
schilderten.

Wegen des Ineinanderreichens der Epochen und
geographischen Sphären vereinigte sich diese prä-
historische und protohistorische Sektion bald und fast
stets mit der II. und III. (orientalische und prähelle-
nische) und der IV. (italische und etruskische Archäo-
logie). Hier sprach A.J. Evans zweimal, da für seinen
ersten Vortrag die Diapositive ausgeblieben waren,
über seine gfache (3X3) minoische Chronologie, die
er im allgemeinen festhält und mit neuen prächtigen
Fundstücken belegte. — Die Stratifikationen von Haghia
Triada entsprechen gemäß einer von Pernier vor-
gelesenen Mitteilung Halbherrs denen von Knosos. —
Pernier zeigt dann noch mit Projektionen den neuesten
Plan des Akropolis von Phaistos auf Kreta mit den
von den Italienern so glänzend vollendeten Aus-
grabungen des Palastes und seiner Nebengebäude. —
Die Ausgrabungen von Hatzidakis zu Tylisos auf
Kreta schildert dessen von Pernier vorgelesener Be-
richt, in dem die aufgedeckten Gebäude und die zahl-
reichen Funde (gewaltige Becken, ein männliches Idol
in Bronze, zahlreiche Konsekrationshörner, Idole usw.)
vorgelegt sind. Gebäude liegen in den drei Evans-
schen, wohl zu unterscheidenden minoischen Schichten
übereinander; zu oberst fanden sich Spuren eines
hellenistischen Tempels aus dem vierten vorchristlichen
Jahrhundert. Auf Vorschlag des Vorsitzenden der
III. Sektion Sam. Wide (Schweden) und von Pernier
wurde an Hatzidakis ein Glückwunschtelegramm für
seine Erfolge in Tylisos gesandt, das zu gleicher Zeit
den Dank der Archäologen für die über jedes Lob
erhabene Leitung der Altertümer Kretas durch Hatzi-
dakis im letzten Jahrzehnt enthielt. — Montelius be-
handelte einmal die italische Bronzechronologie, dann
die Kultur des etruskischen Regulini-Galassi-Grabes
in Caere (Cervetri), dessen prachtvolle Fundstücke sich
jetzt im Vatikan befinden, wo angesichts dieser Schätze
noch eine Diskussion über die Datierungen von Mon-
telius stattfand, der das Grab bis vor 8oo v. Chr.
zurückdadierte. Dieser Vortrag hatte bei der Be-
deutung des Redners, und da man am Tage vorher
Caere und das Regulini-Galassi-Grab auf dem Kongreß-
ausfluge besucht hatte, besonderes Interesse erregt. —
Die Situlen und figürlichen Bronzen Oberitaliens
studierte Ohirardini auf Grund der neuesten Funde
und Forschungen; er sieht hier lokale Weiterentwick-
lungen von aus dem östlichen Mittelmeer kommenden
Motiven. —

Die V. Sektion (Geschichte der klassischen Kunst)
versammelte, abgesehen von den vereinigten vorher-
genannten Sektionen, stets die meisten Zuhörer. —
Friedrich von Duhn (Heidelberg) sprach über griechische
Kunst in Süditalien und Sizilien und gelangte, von
einheimischen Terrakotten aus Locri, Reggio und
Medina ausgehend, über die großen Terrakottastatuen
Siziliens und einen aus Locri stammenden Kopf (jetzt
im Museum zu Syracus) zu dem Wagenlenker von
Delphi, den er als ein Werk des Pythagoras aus
Rhegium, jenes großen, bahnbrechenden Bildhauers

des 5. Jahrhunderts, ansehen will. — F. Noack (Tü-
bingen) behandelte den ältesten Tempel von Eleusis,
dessen Traditionen durch alle Neubauten bewahrt
werden, deren Pläne er jeweils durch Lichtbilder
zeigte. Megaron und Treppenanlage der altkretischen
Paläste von Phaistos und Knosos sind hier ursprüng-
lich übernommen, wie ja auch der Kult der Demeter
von Kreta nach Eleusis gekommen sein soll. —
Heinrich Bulle (Würzburg) legte eine neue Ergänzung
der Myronischen (Frankfurter) Athena und einen auf
diese hin im Würzburger Museum mit A. Schlegelmünig
gemachten Wiederherstellungsversuch der Athena- und
Marsyasgruppe vor. — Höchst anregend wirkte der
Vortrag des genialen amerikanischen Archäologen
A. L. Frothingltam, der mit der durch Gipsabgüsse
und Lichtbilder und das Stillschweigen der Literatur
belegten Hypothese auftrat, daß der Konstantinsbogcn
gar nicht von Konstantin, sondern von Domitian ur-
sprünglich erbaut, für die Bedürfnisse späterer Kaiser-
triumphe bis zu Konstantin öfter geändert und zum
Triumphbogen par excellence geworden sei. Mit der
Verdammung des-Andenkens Domitians müsse auch
jede Erinnerung an ihn als ursprünglichen Erbauer
geschwunden sein. — Sir Charles Waldstein (Cam-
bridge) sieht in rein stilistischen Folgerungen in einem
bis jetzt als hellenistisch angesehenen Kopfe der Samm-
lung Hogarth ein phidiasisches Werk und setzt ihn
direkt in einen Parthenongiebel. — Auch Professor
Carotti glaubt in einem von ihm in einer Villa ge-
fundenen Marmorkopf ein Werk des Phidias zu sehen.
— Spinazzola, der Direktor des Museums von Neapel
und der dahin ressortierenden Ausgrabungen, berichtet
über die neuen Ausgabungen von Paestum, Cumae
und Pompeji. In Paestum wurde ein griechisch-
römisches Gebäude neu aufgedeckt und der älteste
Tempel der Stätte, die sogenannte Basilica, untersucht,
wobei der Hauptaltar festgestellt und viele Einzelfunde,
polychrome Terrakottafragmente aus der Mitte des
6. Jahrhunderts, gemacht und der Tempel als der des
Poseidon erkannt wurde. — In Cumae galt es dem
aus Vergil bekannten Apollotempel. — In Pompeji
wandte man neue Ausgrabungsmethoden an, um die
oberen Stockwerke und die Fassaden studieren zu
können. Wirkliche Fassaden scheinen nicht existiert
zu haben. Balkone und vorspringende Dächer, Male-
reien und prächtige Giebel gaben den pompejanischen
Straßen Leben und Schönheit, wie man sich jetzt an
der auf 300 m freigelegten Via dell'Abbondanza über-
zeugen kann. — Erich Kfltterfeld, der junge Biblio-
thekar des deutschen archäologischen Instituts in Rom,
erklärt Skiagraphia aus den Autorenstellen als »An-
deutungsmalerei«, bei der pars pro toto spricht; es
sei weder perspektivische noch schattierte Malerei, wie
man verschiedentlich das Wort erklärte. — Von größtem
Interesse war noch die Vorlage und Erklärung von
Photographien des vor kurzem erst bei Poltawa ge-
fundenen reichen Gold- (15 Kilo) und Silberschatzes
(45 Kilo) durch Rostowzef. Es sind stilistisch nicht
einheitliche Kannen, Krüge, Schüsseln, Becher, Schmuck,
teilweise mit reichen Dekorationen; eine Schüssel ist
laut lateinischer Inschrift auf Bestellung eines Bischofs
 
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