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Denkmalpflege — Wettbewerbe - Funde — Ausstellungen
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DENKMALPFLEGE
Der Burgbau in Altena geht jetzt einer Vollendung
entgegen. Mit dem Aufmauern des sogenannten dicken
Turmes ist man nahezu fertig, so daß in der nächsten Zeit
mit dem Aufbringen eines spitzen Helmes begonnen werden
kann. Auch die Arbeiten am Wehrgang zwischen dem
Hauptgebäude und dem Turme nach der Stadtseite sind,
wie der »Burgwart« berichtet, nahezu vollendet. Soweit
sich übersehen läßt, können die Bauarbeiten im nächsten
Jahr beendet werden. Jetzt wird der den Berg krönende
Wald gelichtet werden, um die Burg vom Tale aus besser
sichtbar zu machen.
WETTBEWERBE
Auf dem Askanischen Platz in Berlin soll dem 1906
verstorbenen Parlamentarier Eugen Richter ein Denkmal,
bestehend aus einer Bronzefigur (ganze Oestalt) auf einem
Sockel aus schwedischem Granit, errichtet werden. Zur
Teilnahme an dem Wettbewerbe um das Denkmal werden
die deutschen Bildhauer eingeladen. Die Ausführungssumme
für das Denkmal ist auf 36000 Mark festgesetzt. Für die
Modelle werden drei Preise von 2000, 1000, und 600 Mark
ausgeworfen.
FUNDE
Einige interessante Entdeckungen sind jüngst in dem
Tempio Malatestiano zu Rimini von Corrado Ricci
gemacht worden. Hoch oben an der Mauer der ersten
Kapelle rechts hat er die Porträts der Isotta degli Atti
und des Sigismondo Malatesta gefunden, welche der letztere
auf Befehl des Papstes Pius II. von ihrem ursprünglichen
Standplatz hatte entfernen lassen. Des weiteren hat Ricci
die Orabschrift vom Orabe der Isotta ans Licht gebracht,
die bis jetzt unter einer Bronzetafel, welche nur ihren
Namen nannte und das Datum 1450 angab, verborgen
war. Die neue Inschrift lautet »Isote Ariminensi forma et
virtute Italiae decori« und war wahrscheinlich ebenfalls von
Sigismondo mit der Bronzetafel verhüllt worden, um den
Zorn des Papstes zu besänftigen. — Die wichtigste der
Entdeckungen Riccis im Tempio Malatestiano ist aber der
Fund von zwei Inschriften, in denen Matteo dei Pasti als
der Architekt und Agostino di Duccio als der Bildhauer
genannt sind, wodurch schon früher aufgestellte Ansichten
bestätigt wurden, so daß man also jetzt bestimmt annehmen
darf, daß Leon Battista Alberti nur die Fassade gezeichnet
hat und daß die ganze Innenarchitektur und Dekoration das
gemeinschaftliche Werk von Pasti und Agostino Duccio
war. m.
AUSSTELLUNGEN
Die Herbstausstellung der Berliner Sezession.
Dieser Berliner »Herbstsalon«, der aber, anders als der
Pariser, nur den zeichnenden Künstlern dient, um sie für
die schlechte Behandlung im Sommer zu entschädigen, ist
in jedem Jahre eine Quelle reinsten Genusses und hoher
künstlerischer Freuden. Schon deshalb, weil er den fana-
tischen, zänkisch-unerquicklichen Streitereien entrückt ist,
die im Sommer dem Kunstfreund das Vergnügen an der
großen Sezessionsausstellung zum guten Teil vergällen
können. Denn die moderne Zeichenkunst steht jenseits der
theoretischen Kämpfe und Debatten. Sie hat sich mit so
wunderbarer Freiheit und Selbständigkeit entwickelt, daß
sie nicht, wie Malerei und Plastik, um Anerkennung oder
gar erst um Verständnis zu ringen hat. Das Interesse des
deutschen Publikums für zeichnerische und graphische
Arbeiten ist zwar noch immer kein sehr großes. Aber es
ist immerhin im Wachsen begriffen, und wer überhaupt
diesen Dingen sich hingibt, der tritt ihnen als Empfangender,
nicht als Fordernder gegenüber. Hinzu kommt, daß die
Zeichnung weit mehr als die Malerei dem Deutschen im
Blute liegt. Mit der sinnlichen Kraft der Farbe, mit
dem zähen Material des Öls zumal, hat er auch heute
noch dauernde Sträuße auszufechten, so große Fort-
schritte gerade der Sezessionskreis auch hier seit zwanzig
Jahren aufzuweisen hat. Aber in der Kunst der Linie, wo
alles auf Ahnen und Andeuten, aufs Phantastische und
Symbolische, auf den Geistreichtum der Hieroglyphe ge-
stellt ist, wo sich mühelos die Tore in ein luftiges Land des
Fabulierens und Sinnierens öffnen, ist er zu Hause.
Die Zahl der Älteren und Jüngeren, die sich mit guter
Legitimation zu diesen Berliner Festen der Linie einfinden,
ist in jüngster Zeit außerordentlich gestiegen. Es drängt
sich diesmal eine besonders reiche Fülle von Talenten
zusammen. Wie in früheren Jahren, ist auch jetzt eine
historische Enklave vorhanden: Max Liebermann hat seinen
Besitz an Blättern Menzels zur Verfügung gestellt, eine
Serie von unvergleichlichen Blättern, die den Berliner
Haupt- und Urmeister wieder als Ahnherrn der modernen
Bewegung erweisen, und eine Kollektion herrlicher Daumiers
liefert das französische Seitenstück. Dabei tauchen auch
zwei in Berlin noch nicht gesehene Skulpturen von Daumier
auf: die glänzende Statuette des »Ratapoil«, des don-
quixotesken Revolutionärs, und das Bronzerelief der »Flücht-
linge«, beides Bildhauerstücke, die bereits mit genialem
Blick die spätere Phase der »impressionistischen Plastik«,
die Manier Rodins, Meuniers, Troubetzkois, vorausahnen.
Andere Sondersäle sind den Simplizissimuszeichnern Th.
Th. Heine, Thöny und Gulbransson, deren Originale in
dieser geschlossenen Reihe doppelt ergötzen, sowie dem
merkwürdigen Julius Pascin eingeräumt, der sich in Paris
ungemein verfeinert und bereichert hat. Seine hanebüchenen
Karikaturen sind von einer Kraft, die jeden packt, und
seine kecken, oft frechen und lüsternen Radierungen oder
leicht aquarellierten Federzeichnungen pikanter Frauen,
halbwüchsiger junger Mädchen, verliebter Paare haben
bei aller Verruchtheit eine Grazie angenommen, daß sie
wie modernisierte Rokokokunst schmecken.
Rings tummelt sich ein buntes Gewimmel, zwischen
der reinen Zeichnung und Graphik, wie gewöhnlich, viel
Aquarelle, Pastelle und getönte Blätter, bis zu Stücken von
geschlossener Bildwirkung hin. Die bekannten Namen der
Sezession sind natürlich vollzählig zur Stelle. Liebermann
mit neuen kleinen Werken, darunter eine Porträtradierung
von Adolf Goldschmidt. Corinth mit Wasserfarbenstudien
von der Riviera, die beweisen, daß die Krankheit des letzten
Jahres seine schöpferische Lust nur vorübergehend stören
konnte. Kardorff und Oppler mit neuen Pastellen von
hohem Reiz der rasch erfaßten farbigen Ausschnitte. Brock-
husen zeigt neue Landschaftsskizzen in der gereiften Art
seiner von van Gogh angeregten, dann aber in ganz eigner
Weise entwickelten Raum vorstellung. Beckmann vor allem mit
Lithographien und Körperstudien, dazu den überaus feinen,
ganz sparsam hingesetzten Kopf seiner Gattin. Pechstein
überrascht durch seine Holzschnitte in starken, sehr xylo-
graphisch empfundenen Flächen und Linien. Hasler durch
die Leidenschaft seiner temperamentvoll erfaßten, bewegten
Gruppen. Orlik und E. R. Weiß durch ihre Vielgewandt-
heit, die niemals ihre Sicherheit und Eleganz verliert.
Struck bringt als Neues Newyorker Radierungen von feiner
Wirkung.
Auch ungewohnte Gäste haben sich eingefunden, von
denen namentlich der Kölner F. A. Weinzheimer mit seinen
schönen Aktgruppen in eigner, farbig konturierender Technik
Denkmalpflege — Wettbewerbe - Funde — Ausstellungen
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DENKMALPFLEGE
Der Burgbau in Altena geht jetzt einer Vollendung
entgegen. Mit dem Aufmauern des sogenannten dicken
Turmes ist man nahezu fertig, so daß in der nächsten Zeit
mit dem Aufbringen eines spitzen Helmes begonnen werden
kann. Auch die Arbeiten am Wehrgang zwischen dem
Hauptgebäude und dem Turme nach der Stadtseite sind,
wie der »Burgwart« berichtet, nahezu vollendet. Soweit
sich übersehen läßt, können die Bauarbeiten im nächsten
Jahr beendet werden. Jetzt wird der den Berg krönende
Wald gelichtet werden, um die Burg vom Tale aus besser
sichtbar zu machen.
WETTBEWERBE
Auf dem Askanischen Platz in Berlin soll dem 1906
verstorbenen Parlamentarier Eugen Richter ein Denkmal,
bestehend aus einer Bronzefigur (ganze Oestalt) auf einem
Sockel aus schwedischem Granit, errichtet werden. Zur
Teilnahme an dem Wettbewerbe um das Denkmal werden
die deutschen Bildhauer eingeladen. Die Ausführungssumme
für das Denkmal ist auf 36000 Mark festgesetzt. Für die
Modelle werden drei Preise von 2000, 1000, und 600 Mark
ausgeworfen.
FUNDE
Einige interessante Entdeckungen sind jüngst in dem
Tempio Malatestiano zu Rimini von Corrado Ricci
gemacht worden. Hoch oben an der Mauer der ersten
Kapelle rechts hat er die Porträts der Isotta degli Atti
und des Sigismondo Malatesta gefunden, welche der letztere
auf Befehl des Papstes Pius II. von ihrem ursprünglichen
Standplatz hatte entfernen lassen. Des weiteren hat Ricci
die Orabschrift vom Orabe der Isotta ans Licht gebracht,
die bis jetzt unter einer Bronzetafel, welche nur ihren
Namen nannte und das Datum 1450 angab, verborgen
war. Die neue Inschrift lautet »Isote Ariminensi forma et
virtute Italiae decori« und war wahrscheinlich ebenfalls von
Sigismondo mit der Bronzetafel verhüllt worden, um den
Zorn des Papstes zu besänftigen. — Die wichtigste der
Entdeckungen Riccis im Tempio Malatestiano ist aber der
Fund von zwei Inschriften, in denen Matteo dei Pasti als
der Architekt und Agostino di Duccio als der Bildhauer
genannt sind, wodurch schon früher aufgestellte Ansichten
bestätigt wurden, so daß man also jetzt bestimmt annehmen
darf, daß Leon Battista Alberti nur die Fassade gezeichnet
hat und daß die ganze Innenarchitektur und Dekoration das
gemeinschaftliche Werk von Pasti und Agostino Duccio
war. m.
AUSSTELLUNGEN
Die Herbstausstellung der Berliner Sezession.
Dieser Berliner »Herbstsalon«, der aber, anders als der
Pariser, nur den zeichnenden Künstlern dient, um sie für
die schlechte Behandlung im Sommer zu entschädigen, ist
in jedem Jahre eine Quelle reinsten Genusses und hoher
künstlerischer Freuden. Schon deshalb, weil er den fana-
tischen, zänkisch-unerquicklichen Streitereien entrückt ist,
die im Sommer dem Kunstfreund das Vergnügen an der
großen Sezessionsausstellung zum guten Teil vergällen
können. Denn die moderne Zeichenkunst steht jenseits der
theoretischen Kämpfe und Debatten. Sie hat sich mit so
wunderbarer Freiheit und Selbständigkeit entwickelt, daß
sie nicht, wie Malerei und Plastik, um Anerkennung oder
gar erst um Verständnis zu ringen hat. Das Interesse des
deutschen Publikums für zeichnerische und graphische
Arbeiten ist zwar noch immer kein sehr großes. Aber es
ist immerhin im Wachsen begriffen, und wer überhaupt
diesen Dingen sich hingibt, der tritt ihnen als Empfangender,
nicht als Fordernder gegenüber. Hinzu kommt, daß die
Zeichnung weit mehr als die Malerei dem Deutschen im
Blute liegt. Mit der sinnlichen Kraft der Farbe, mit
dem zähen Material des Öls zumal, hat er auch heute
noch dauernde Sträuße auszufechten, so große Fort-
schritte gerade der Sezessionskreis auch hier seit zwanzig
Jahren aufzuweisen hat. Aber in der Kunst der Linie, wo
alles auf Ahnen und Andeuten, aufs Phantastische und
Symbolische, auf den Geistreichtum der Hieroglyphe ge-
stellt ist, wo sich mühelos die Tore in ein luftiges Land des
Fabulierens und Sinnierens öffnen, ist er zu Hause.
Die Zahl der Älteren und Jüngeren, die sich mit guter
Legitimation zu diesen Berliner Festen der Linie einfinden,
ist in jüngster Zeit außerordentlich gestiegen. Es drängt
sich diesmal eine besonders reiche Fülle von Talenten
zusammen. Wie in früheren Jahren, ist auch jetzt eine
historische Enklave vorhanden: Max Liebermann hat seinen
Besitz an Blättern Menzels zur Verfügung gestellt, eine
Serie von unvergleichlichen Blättern, die den Berliner
Haupt- und Urmeister wieder als Ahnherrn der modernen
Bewegung erweisen, und eine Kollektion herrlicher Daumiers
liefert das französische Seitenstück. Dabei tauchen auch
zwei in Berlin noch nicht gesehene Skulpturen von Daumier
auf: die glänzende Statuette des »Ratapoil«, des don-
quixotesken Revolutionärs, und das Bronzerelief der »Flücht-
linge«, beides Bildhauerstücke, die bereits mit genialem
Blick die spätere Phase der »impressionistischen Plastik«,
die Manier Rodins, Meuniers, Troubetzkois, vorausahnen.
Andere Sondersäle sind den Simplizissimuszeichnern Th.
Th. Heine, Thöny und Gulbransson, deren Originale in
dieser geschlossenen Reihe doppelt ergötzen, sowie dem
merkwürdigen Julius Pascin eingeräumt, der sich in Paris
ungemein verfeinert und bereichert hat. Seine hanebüchenen
Karikaturen sind von einer Kraft, die jeden packt, und
seine kecken, oft frechen und lüsternen Radierungen oder
leicht aquarellierten Federzeichnungen pikanter Frauen,
halbwüchsiger junger Mädchen, verliebter Paare haben
bei aller Verruchtheit eine Grazie angenommen, daß sie
wie modernisierte Rokokokunst schmecken.
Rings tummelt sich ein buntes Gewimmel, zwischen
der reinen Zeichnung und Graphik, wie gewöhnlich, viel
Aquarelle, Pastelle und getönte Blätter, bis zu Stücken von
geschlossener Bildwirkung hin. Die bekannten Namen der
Sezession sind natürlich vollzählig zur Stelle. Liebermann
mit neuen kleinen Werken, darunter eine Porträtradierung
von Adolf Goldschmidt. Corinth mit Wasserfarbenstudien
von der Riviera, die beweisen, daß die Krankheit des letzten
Jahres seine schöpferische Lust nur vorübergehend stören
konnte. Kardorff und Oppler mit neuen Pastellen von
hohem Reiz der rasch erfaßten farbigen Ausschnitte. Brock-
husen zeigt neue Landschaftsskizzen in der gereiften Art
seiner von van Gogh angeregten, dann aber in ganz eigner
Weise entwickelten Raum vorstellung. Beckmann vor allem mit
Lithographien und Körperstudien, dazu den überaus feinen,
ganz sparsam hingesetzten Kopf seiner Gattin. Pechstein
überrascht durch seine Holzschnitte in starken, sehr xylo-
graphisch empfundenen Flächen und Linien. Hasler durch
die Leidenschaft seiner temperamentvoll erfaßten, bewegten
Gruppen. Orlik und E. R. Weiß durch ihre Vielgewandt-
heit, die niemals ihre Sicherheit und Eleganz verliert.
Struck bringt als Neues Newyorker Radierungen von feiner
Wirkung.
Auch ungewohnte Gäste haben sich eingefunden, von
denen namentlich der Kölner F. A. Weinzheimer mit seinen
schönen Aktgruppen in eigner, farbig konturierender Technik