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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Literatur

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büchern aus Montemorcino finden sich starke Anklänge an
Pinturicchio, Der letzte Ausläufer der ganzen Schule ist
der 1476 geborene Giovanni Battista Caporali.

In einem Aufsatz im 4. Heft des »Jahrbuchs der kgl.
preuß. Kunstsammlungen« weist Georg Sobotka Bastiane
Torrigiani als den Autor dreier Papstbüsten nach. Es
handelt sich um die Büsten Gregors XIII. im Kaiser-Friedrich-
Museum, Sixtus' V. im Schloß zu Berlin und Gregors XIV.
im Nordböhmischen Gewerbemuseum zu Reichenberg und
die Repliken der letzten. Diese Arbeiten wurden bisher
mit Guglielmo della Porta oder Taddeo Landini in Zu-
sammenhang gebracht. Sobotka untersucht die drei Büsten,
die offenbar von einer Hand sind, eingehend und vergleicht
sie mit den Werken aller etwa in Betracht kommenden
Künstler, um endlich eine sichere Arbeit Torrigianis, die
Porträtbüste Sixtus' V. im Dom zu Treja Macerata, heran-
zuziehen. Durch den Vergleich dieses Werkes mit der
Berliner Sixtusbüste wird die Zuschreibung jener drei
Büsten an Torrigiani sichergestellt.

Eine Studie über Vittore de' Gambeiii genannt
Camelio, den venezianischen Medailleur und Bildhauer,
publiziert Jean de Foville im Oktoberheft der »Revue de
1'Art ancien et moderne«. Als Jugendwerke des etwa
zwischen 1455 und 1460 geborenen Künstlers, der 1484
»maestro delle stampe« an der Zecca wurde, nennt er die
Medaillen auf Papst Sixtus IV. und auf die Dogen Marco
und Agostino Barbarigo, die er in die beiden letzten Jahr-
zehnte des Quattrocentro setzt. Die Zuschreibung der
Marmorskulpturen am Chor von San Stefano an Camelio
lehnt er ab, da sie weder seinen Stil zeigen, noch für ihn
gut genug sind. Aus der Zeit von 1500—1510, die durch
die Freundschaft mit den beiden Malern Bellini und durch
ein intensives Studium antiker Münzen ihr Gepräge erhält,
werden die Medaillen auf die beiden genannten Maler,
zwei Selbstporträts des Künstlers, zwei Medaillen auf den
Kardinal Domenico Grimani und die Medaillen auf Leonardo
Loredan und Cornelio Castaldi besprochen. Als neue Zu-
schreibung fügt Foville in diese Periode die Medaille eines
unbekannten Mönches mit der Unterschrift ANN. ETA. 36
ein. 1510 verließ Camelio Venedig. Wir finden ihn 1613 in
Rom wieder, wo er eine Medaille auf Giuliano de Medici
schuf und in der Folge (1615) an der Münze angestellt
wurde. In diese Zeit (zwischen 1610 und 1617) setzt Foville
drei Medaillen, die er Camelio glaubt zuschreiben zu dürfen.
Sie tragen die Bildnisse Girolamo Andreasis, der Stall-
meister Isabella d'Estes war, Trivulzios und des Dichters
Battista Spagnoli. Mit einiger Reserve fügt er noch die
Hypothese hinzu, es möchten die Büste Mantegnas in Sant
Andrea zu Mantua, die Büste Gian Francescos II von
Gonzaga im Museum zu Mantua (bisher dem Gian Cristoforo
Romano zugeschrieben) und die Battista Spagnolis im
Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin (wie der Mantegna
bisher dem Gian Marco Cavalli zugeschrieben) Arbeiten
Camelios sein. Diese Hypothese setzt einen längeren
Aufenthalt Camelios in Mantua voraus, für den Foville die
Wahl zwischen den Jahren 1610 — 13 und 1616 — 17 offen
läßt. 1617 wird unser Künstler wieder an der venezia-
nischen Münze angestellt. Er verließ seine Heimat nicht
wieder bis zu seinem 1637 erfolgten Tode. Als bemerkens-
werte Alterswerke bespricht Foville eingehend die Reliefs

auf dem Grabe Briamonte de Gambeiiis in S. Maria della
Caritä zu Venedig. Bei dieser Gelegenheit lehnt er auch
die Hypothese Moliniers ab, daß Camelio mit dem Plaketten-
modelleur Moderno identisch sei. Die Unsicherheit Camelios
bei Tierdarstellungen, die Modernos Stärke waren, spricht
allein schon deutlich genug gegen diese Identifikaiion.

—/.

LITERATUR

Hans von der Gabelentz, Die Biblia Pauperum und
Apokalypse der O roß herzoglichen Bibliothek in Weimar.
Mit 42 Lichtdrucktafeln. Straßburg, Heitz, 1912.
Die berühmte Biblia Pauperum der Weimarer Bibliothek
liegt uns hier in vortrefflicher Lichtdruckpublikation vor.
Dieselbe umfaßt auch die mit der Weimarer Handschrift
vereinigte Apokalypse, aber die eingehende, kritische Vor-
untersuchung gilt hauptsächlich der ersteren. Die Weimarer
Armenbibel stammt aus dem Peterskloster zu Erfurt, wo-
mit aber noch keineswegs gesagt ist, daß sie auch dort
entstanden ist. Die Einleitung des Herausgebers beginnt
mit einer ganz genauen Beschreibung der Handschrift,
verbunden mit einer zusammenfassenden formalen Analyse
der Darstellungen, dann folgt ein Verzeichnis der letzteren
mit peinlich sorgfältigen Bibelstellennachweisen. Hierauf
ein Sonderkapitel »Ikonographie der Biblia Pauperum«,
die sich »auf die wichtigeren, bezw. einen eigenen Typus
vertretenden Handschriften des 14.Jahrhunderts« beschränkt,
enthält aber doch Hinweise auf spätere Handschriften und
die Holzschnittausgaben des 15. Jahrhunderts. Diese Dar-
stellung der Ikonographie ist systematisch nach den ein-
zelnen Szenen geordnet. Endlich (p. 31) haben wir die
Zusammenfassung der kunsthistorischen Resultate der vom
Herausgeber vorgenommenen Untersuchungen über die
vorhandenen Armenbibelhandschriften. Hier bekommen
wir auch die erste nach rein kunsthistorischen Prinzipien
vorgenommeneGruppierungdes vorhandenen Handschriften-
materials. Außerordentliche Bedeutung besitzt die Weimarer
Handschrift als das einzige vollständig erhaltene Exemplar
der zweisprachigen (lateinisch und deutsch) Armenbibel
aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Der Heraus-
geber nimmt 1330—1340 als Entstehungszeit an. Ihre
Bilder »vertreten den Stil der Federzeichnung, wie er sich
im Verlauf der romanischen Epoche besonders in Deutsch-
land ausgebildet hatte, und in frühgotischer Zeit zur vollsten
Entfaltung gekommen war. Weniger reich in der farbigen
und dekorativen Ausstattung, als gleichzeitige ausländische
Werke, ist dieser Stil durch seine derbere Charakterisie-
rungskunst und durch oft skizzenhafte, aber eben dadurch
reizvolle Behandlungsweise ausgezeichnet.« Der Her»us-
geber vermutet, — trotz des hessischen Dialektes, der sich
im Text kundgibt, — daß die Handschrift, wie die Mehr-
zahl der erhaltenen Armenbibelhandschriften, in Bayern
oder Österreich entstanden sei. Den Schluß der Einleitung
bilden eine tabellarische Zusammenstellung der in den
Handschriften und xylographischen Ausgaben der Biblia
Pauperum vorkommenden biblischen Szenen, ein Verzeichnis
der illuminierten Handschriften nach den Aufbewahrungs-
orten und die Bibliographie. Zur Ergänzung der letzteren
sei hier angeführt: Franz Jacobi, Studien zur Geschichte
zur bayerischen Miniatur des 14. Jahrhunderts, Straßburg,
Heitz, 1908, p. 15fr. -jH.

Inhalt: Der zukünftige Leiter der bayer. Galerien? Von W. Bayersdorfer. — Archäologische Nachlese. Von Max Maas. — H. v. Weißenbach f. —
Personalien. — Wettbewerbe: Realgymnasium in Oranienburg, Synagoge in Augsburg, Rathaus in Herford, Medaillenkunst, Plakat der
Ausstellung für Buchgewerbe usw. Leipzig 1914, Brunnenanlage in Darmstadt, Berliner Opernhaus. — Denkmal für E. Fremiet in Paris. —
Ausstellungen in Köln, Berlin, Bannen, Paris. — Erwerbungen des Leipziger Museums. — Der neue Vorstand der Berliner Sezession. —
Vermischtes. — Forschungen. — H. v. d. Gabelentz, Die Biblia Pauperum und Apokalypse in der Großh. Bibliothek in Weimar.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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