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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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231

Forschungen — Literatur

232

darunter die feine >Heimsuchung« eines primitiven ober-
rheinischen Meisters vom 15. Jahrhundert, die in freien
leichten Farben gemalte »Auferstehung« des Meisters von
Meßkirch, die Reber auf der Auktion Lippmann gekauft hat,
ein pikantes Interieur von van Craesebeck, ein funkelndes
Stilleben von Kalff, eine dramatische Gefangennahme
Christi, die auf Rubens' Nähe deutet, und drei Goyas,
unter denen die geniale Komposition der »Spinnerinnen« auf
Velazquez zurück- und auf den Impressionismus vorandeutet.
Es zeigt sich auch hier, daß sich scheinbar unüberbrückbare
Gegensätze in nächster Nachbarschaft ausgezeichnet mit-
einander vertragen können. Aber wenn Herr Reber nun
einmal seine Galerie der öffentlichen Kritik und Kontrolle
unterstellt, so muß er auch hinnehmen, wenn man ihm die
Forderung entgegenhält, daß er auch die deutsche Kunst des
19. Jahrhunderts und der unmittelbaren Gegenwart mehr
berücksichtigen sollte. Natürlich wird sich niemand ver-
messen, einem Kunstfreunde seine Sympathien diktieren
zu wollen, aber es könnte sein, daß die Ausstellung einer
solchen Privatgalerie programmatisch wirkt, daß andere
Sammler das Beispiel nachahmen und die Meinung
fassen', sie brauchten (oder gar sie »dürften«) gar keine
deutschen Bilder kaufen, die Rücksichtslosigkeit gegen
die Produktion des eignen Volkes sei nicht nur erlaubt,
sondern womöglich gar für den, der auf der Höhe der
Zeit wandeln will, Bedingung. Ich bin überzeugt, daß
solche Gedanken dem Besitzer dieser Barmer Sammlung
fern liegen. Er hat auch soeben wenigstens einen Lieber-
mann, ein helles Strandbild gekauft, und überdies auch
schon, wie ich höre, auf andere deutsche Stücke gefahn-
det, leider ohne Erfolg. Er möge nun bedenken, daß
auch ein privater Sammler der Allgemeinheit gewisse
Rücksichten schuldig ist, nicht im gleichen Maße wie der
Direktor eines Museums, aber, in gewissem Abstand, doch
in ähnlicher Weise.

Stuttgart. Die Jahrhundertausstellung schwäbi-
scher Kunst, die in Stuttgart geplant wird und die ur-
sprünglich für dieses Jahr in Aussicht genommen war, ist
jetzt auf das Jahr 1916 verschoben worden. Es geschah
das auf Beschluß des Vorstandes der diesjährigen Stutt-
garter Großen Kunstausstellung, da man der Ansicht war,
die Ausstellung werde für das Jahr 1916, das Jahr des
fünfundzwanzigjährigen Regierungsjubiläums König Wil-
helms IL, sich besonders eignen.

Straßburg i. Eis. Am Elsässischen Kunsthaus
wurde am 5. Januar eine 30 Werke umfassende Sonder-
ausstellung der Malerin Marie Starkie-Munzinger eröffnet.
Die Künstlerin, die in München bei W. Thor, in London bei
John Lavery und in Paris bei Charles Guerin arbeitete, stellt
Interieurs, Stilleben, Kinderporträts und Tierbilder aus.
Von ihren Arbeiten verdienen die Interieurs und Stilleben
am meisten Beachtung. — Die Ausstellungen im Kunst-
haus pflegen in Abständen von drei Wochen abzu-
wechseln. Als nächste sind Kollektivausstellungen der Straß-
burger Malerin Doris Ewald, des Landschafters Lucien
Blumer und des Malers Heinrich Beecke vorgesehen, k.

LITERATUR

Adolf Philippi, Der Begriff der Renaissance. Daten zu
seiner Geschichte. Mit 24 Bildertafeln. (Leipzig 1912,
E. A. Seemann. Brosch. 4.50, geb. 5.50).

Kein neues Buch über die Renaissance, sondern eine
Aneinanderreihung von Quellenstudien, manchmal mit wört-
licher Anführung, und zwar von Quellen, in denen von

Kunstschriftstellern, Künstlern, Geschichtsschreibern und
Literarhistorikern von der neuen Epoche, die mit dem
14. Jahrhundert in Italien eintrat, gesprochen wird; besonders
wird dann gezeigt, wie sehr allmählich das Wort Renaissance
für die Wiedergeburt der Literatur und Wissenschaft und
Kunst in Anwendung kommt. Der Begriff des Neuen ist
ziemlich früh da, zugleich die Empfindung, daß dieses
Neue einen Gegensatz gegen das Mittelalterliche, Gotische
bildet und in engem Zusammenhang mit dem Alten steht.
Der Verfasser beschränkt sich aber nicht auf eine bloße
Stellenanhäufung, sondern gibt wertvolle Bemerkungen zur
Kunstgeschichte,Charakteristiken der von ihm ausgezogenen
Werke, mitunter auch manche bestreitbare Ausführungen,
z. B. über Enea Sylvio, »diesen menschlich genommen
widerwärtigen Kleriker« (S. 38). Erst Vasari braucht für die
Kunstgeschichte das Wort rinascita, unter dem er etwa
die Periode von 1250 an versteht; das Wort Roma rinata findet
sich zuerst bei Macchiavelli, aber nur im Sinne einer po-
litischen Entwicklung, die mit Cola di Rienzi einsetzte und
mit ihm auch begraben war. Während die Franzosen im

17. und 18. Jahrhundert für die große Umwandlung der
Zeiten eine ganze Anzahl Ausdrücke brauchten, wie etwa:
Le retour ä un meilleur goüt, la nature, la raison, le
style de l'antiquite, aber das Wort Renaissance noch nicht
kennen, sind sie es dann, die jenes Wort wirklich einführen.
Zuerst Seroux d'Agincourt in einem gegen Ende des

18. Jahrhunderts geschriebenen, aber 1823 herausge-
kommenen Werke. Bei ihm findet es Anwendung für die
Erneuerung der Architektur im 18., der Bildhauerkunst und
der Malerei im oder seit dem 13. Jahrhundert. Zum eigent-
lichen Schlagwort für die ganze Zeit — also nicht nur be-
schränkt auf die Kunst wurde es durch Sismondi 1832.
Durch ihn wurde es für die kunst- und politische, durch
Michelet für die ganze Menschheitsentwicklung gebraucht
und durch beide unmittelbar Jakob Burckhardt zugeführt.
Erst durch ihn wurde das Wort, nachdem es in Deutsch-
land vor 1840 kaum angewendet worden war, zu einer
allgemeinen, geradezu unentbehrlichen Bezeichnung. Über
das Werk von Jakob Burckhardt »Kultur der Renaissance«,
dessen Bearbeitung ich seit dem Jahre 1877 unternommen
habe, finden sich S. 157 ff. eine Anzahl Bemerkungen, mit
denen ich mich nicht durchweg befreunden kann. Nament-
lich die hohe Schätzung des Schäferschen Wortes über das
Erwachen der Persönlichkeit erscheint mir unbegründet.
Das von Schäfer Beigebrachte sind doch nur recht allgemeine,
aber unerwiesene Behauptungen. Dagegen stimme ich
mit dem Urteile Philippis über den in Deutschland gar sehr
überschätzten Gobineau (S. 164 Anm.) vollkommen über-
ein. Das Philippische Buch, das mit einer ziemlichen An-
zahl (24) guter Illustrationen versehen ist, darf als ein
nützlicher Beitrag, über den der Verfasser selbst im Vor-
wort sehr bescheiden urteilt, zur Entstehung und allmählichen
Ausbildung des Wortes und Begriffs Renaissance will-
kommen geheißen werden. Ludwig Geiger.

FORSCHUNGEN
G. F. Hill bringt im Dezemberheft des Burlington
Magazine wieder einige Notizen über italienische Schau-
münzen. Es sind meist florentinische Arbeiten, die in
die Nähe Niccolö Fiorentinos gehören oder in sein Werk
einzufügen sind. Es folgen dann noch Bemerkungen über
eine Medaille auf Gerolamo da Panico und Pompeo Lu-
dovisi von dem Paduaner Gerolamo dal Cavino und eine
auf Girolamo Vida von dem Cremoneser Tegniza. -/.

Inhalt: Die Sammlung Nemes. Von E. Waldmann. — Marti y Monsö f. — Personalien. — Ausstellungen in Berlin, Stuttgart, Straßburg i. Eis. —
Philippi, Der Begriff der Renaissance. — Notizen über italienische Schaumünzen.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig
 
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