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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0194

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367

Ausstellungen

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ist, den Rang schon beinahe abgelaufen hat, und sie setzen
sich nun energisch zur Wehr, um die bedrohte Position zu
retten. Aus diesen Bemühungen ist aber bisher noch nichts
Rechtes ersprossen, und einstweilen kann man sein Urteil
über den mutmaßlichen Ausgang des Kampfes nur reser-
vieren.

Die Ausstellung im Musee des Arts decoratifs gibt uns
so wenig eine Übersicht über das ganze kunstgewerbliche
Schaffen Frankreichs wie die kunstgewerbliche Abteilung
im letzten Herbstsalon. Gerade die bemerkenswertesten
Kunsthandwerker des Herbstsalons wie Mare und Qroult
sind im Pavillon Marsan überhaupt nicht vertreten, Follot,
der dort mehrere sehr beachtenswerte Einrichtungen gezeigt
hatte, stellt hier nur Schmucksachen aus. Was bleibt, ist
im ganzen nur wenig interessant. Entweder sind die Leute
zahm und ruhig wie Croix-Marie, Gallerey, Lambert und
Nowak, und dann stellen sie Sachen aus, die man eben-
sogut und schön oder schöner und besser und auf jeden
Fall bedeutend billiger in jedem deutschen Möbelgeschäft
findet, oder sie fuchteln wild drauf los, lackieren einen
Stuhl schreiend rot, den anderen ebenso brutal grün, den
Tisch blau,den Schrank gelb, bemalendas alles mitgemachter
Bauernnaivetät und wollen so dem Snob imponieren. Eine
solche Einrichtung von Landry ist von dem großen Waren-
hause Printemps bestellt worden, wird also wohl in hun-
dert und mehr Exemplaren reproduziert werden und als
Beispiel modernen französischen Kunstgewerbes in den
Handel kommen. Solange die Franzosen keine anderen
Pfeile verschießen, werden sie dem deutschen Konkurren-
ten nicht wehtun.

Im allgemeinen kann man sagen, daß das französische
Kunstgewerbe oder vielmehr dieser moderne Zweig davon
an einem sehr großen Fehler krankt: es arbeitet nicht für
das Volk, weder für den Arbeiter noch für den Mittelstand,
ja nicht einmal für die wohlhabende und reiche Bourgeoisie
und letzten Endes sogar nicht für die Aristokratie. Alle
diese verschiedenen Klassen erfreuen sich des Besitzes von
echten oder nachgemachten Meubles de style und wollen
nichts von modernem Hausrat wissen. Der moderne fran-
zösische Kunsthandwerker arbeitet einzig und allein für
den Snob, den Dilettanten, den Amateur, der sich auf
diesem Steckenpferd gefällt und sich den Spaß etwas kosten
läßt. Solange nun der selbständig erfindende und schaf-
fende Kunsthandwerker auf diesen sehr beschränkten und
launenhaften Kundenkreis angewiesen ist, kann an eine
gesunde Entwicklung des modernen Kunsthandwerkes in
Frankreich nicht gedacht werden. Nun bemüht sich die
einflußreiche Union des Arts decoratifs sehr rührig und
emsig, um den modernen Hausrat auch in die Aristokratie
und Bourgeoisie einzuführen, aber bisher sind diese Be-
mühungen erfolglos geblieben. Es ist aber nicht ausge-
schlossen, daß es schließlich gelingen werden, den moderne
Hausrat an die Mode zu bringen, und dann werden ganz
sicher die französischen Künstler sich ihren deutschen
Kameraden ebenbürtig erweisen, wenn sie sie nicht gar
überholen. Vorläufig aber muß einem solchen Umschwünge
in den französischen Anschauungen mit großem Zweifel
entgegengeschaut werden, vorläufig muß man es als sehr
unwahrscheinlich bezeichnen, daß in absehbarer Zeit das
Meuble de style in Frankreich seine unbeschränkte Herr-
schaft aufgeben mußte.

Ausstellung für alte kirchliche Kunst in Holland
in Hertogenbosch. Die Ausstellung für kirchliche Kunst
in Holland, die vom l.Juni bis Anfang September in dem
durch seine Kathedrale berühmten Hertogenbosch abge-
halten wird, verspricht eine sehr interessante zu werden;
nach den in Aussicht gestellten Einsendungen wird eine

so reiche Sammlung von kirchlichen Kunstwerken hier zu-
zusammenkommen, wie man sie kaum noch in Nieder-
land vermutet haben wird. Die Bischöfe von Haarlem
und Hertogenbosch, der altkatholische Bischof von Deventer
und der Abt von Berne in Heeswyk haben für die Aus-
stellung ihre Krummstäbe überlassen. Man wird so in
Hertogenbosch einen Krummstab aus dem Ende des M.Jahr-
hunderts mit herrlicher Emailarbeit bewundern können, der
wahrscheinlich aus der Abtei Egmond stammt, ferner
Meisterwerke aus getriebenem Silber aus dem 16. Jahr-
hundert, den Stab des Bischofs von Deventer, Ägidius de
Monte, und des Abtes von Berne, und ein paar einfache,
spätere Stäbe. Auch andere Gegenstände des bischöflichen
Ornates werden nicht fehlen, unter anderen die mit Perlen und
Edelsteinen besetzte Mitra des Bischofs von Hertogenbosch,
eine kostbare Stickereiarbeit aus dem Ende des 16. Jahr-
hunderts. — Besonders vollständig und interessant ver-
spricht die Abteilung Priesterkleidung zu werden;
schon jetzt sind ganze aus Casula, Dalmatika und Chor-
kappe bestehende Kostüme aus dem 15. und 16. Jahr-
hundert zugesagt; ferner Proben der kostbarsten italieni-
schen Renaissancestoffe, von venezianischen und genuesi-
schen Samtarten, Paramente aus dem 17. und 18. Jahr-
hundert, unter denen sich ebenfalls sehr schöne und kost-
bare Stickereien befinden. — Nicht nur vom künstlerischen,
sondern auch vom kulturhistorischen Gesichtspunkte wird
die Rubrik Metallarbeiten sehr meikwürdig werden;
entsprechend dem konfessionell gemischten Charakter der
Bevölkerung wird die Ausstellung aus verschiedenen Ab-
teilungen bestehen, die den in den verschiedenen Kirchen-
gemeinschaften verwendeten Gefäßen und Gerätschaften
gewidmet sind. Aus den Domschätzen der Liebfrauen- und
der St. Servatiuskirche in Maastricht werden in dieser Rubrik
Kunstgegenstände zu sehen sein, die für Holland Unika
genannt werden dürfen, byzantinische und romanische Email-
arbeiten, gotische Reliquiarien und Monstranzen. Ferner hat
der Bischof von Breda zwei prächtige gotische Monstranzen
aus seiner Kathedrale zugesichert. Gotische und spätere
Meßkelche und Monstranzen aus der Renaissance und
späterer Zeit werden erwartet von dem Beguinenhof in
Breda und verschiedenen katholischen Kirchen des Landes.
Auch der seltene, spätgotische vergoldete Silberband aus
Zutphen, der sogenannte »liber aureus«, wird auf der Aus-
stellung nicht fehlen. Die Kirche in Susteren hat die Frag-
mente ihres aus dem 12. oder 13. Jahrhundert stammen-
den Reliquienschreines versprochen. Venlo, Roermond und
voraussichtlich auch die reformierte Gemeinde in Haarlem
werden ihre messingenen Lesepulte abtreten; die refor-
mierte Gemeinde in Breda ihr berühmtes Taufbecken. —
Was außerdem die reformierten Kirchen an Abendmahls-
silber, Taufgerätschaften, Schalen für Kollekten bewahren,
und die Synagogen an Verzierungen der Gesetzesrollen,
an Kandelabern und Leuchtern, was ferner in den Kirchen
noch von alten Kronleuchtern erhalten ist, davon wird das
Interessanteste in Hertogenbosch zusammenströmen. —
Neben dem Kunstgewerbe, das naturgemäß den weitaus
größten Raum der Ausstellung in Anspruch nehmen wird,
sind auch besondere Abteilungen für die Bildhauerkunst
und die Malerei vorgesehen; für Malerei und graphische
Kunst wird man sich jedoch auf die Werke bis 1600 be-
schränken. Besonders von nordholländischen Primitiven
hofft man eine interessante Sammlung zusammenzube-
kommen, auch mit Unterstützung nichtholländischer Samm-
ler; die Kommission, der die Bildung der Gemäldeabteilung
obliegt, besteht aus den Herren H. Ph. Gerritsen, Dr.
C. Hofstede de Groot und Dr. W. Martin, Direktor
des Mauritshuis im Haag, Jonkheer H. Teding van
Berkhout, Direktor des Kupferstichkabinetts des Rijks-
 
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