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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0198

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375

Vermischtes

376

sieht man je ein Dromedar und die symbolische Darstellung
einer Quelle oder eines Flusses. Besonders interessant ist
aber die Mittelplatte, das Profilbild eines Nashorns (die
Abb. stammt aus Mus. Borb. XIII Taf. 22 — vgl. auch O.
Keller, antike Tierwelt Fig. 135 und auf dem Einbände).
In der Darstellung dieses absonderlichen Tieres wollte man
schon eine Illustration zu den Erzählungen der alten Schrift-
steller sehen, daß die römischen Kaiser sogar diese äußerst
schwer zu erlangenden Dickhäuter zu ihren blutigen Tier-
hetzen verwendeten. Da das Relief überdies nicht das
gewöhnliche, afrikanische, zweihörnige Rhinozeros, sondern
das einhörnige, indische zeigt, hatte man auch einen in-
teressanten Hinweis auf die Beziehungen zwischen Indien
und Rom. Merkwürdigerweise stimmt nun dieses Relief
genau mit dem bekannten Holzschnitt eines Rhinozerosses
überein, den Dürer im Jahre 1515 nach einer ihm aus
Lissabon zugesandten kleinen Skizze geschaffen hat.
Dürers Zeichnung nach dieser Skizze wird heute im
Britischen Museum in London bewahrt und trägt von seiner
eigenen Hand die Notiz, daß das dargestellte Tier am
8. Mai 1513 für den König von Portugal in Lissabon ans
Land gebracht worden sei. Die Übereinstimmung mit dem
Marmorrelief ist um so einwandfreier festzustellen, weil es
sich keineswegs um eine naturalistische Darstellung, son-
dern um eine ziemlich phantastische Stilisierung des Tieres
handelt. Sie ist auch in den Einzelheiten beidemal die
gleiche. Da uns nun Dürer bei seinem Holzschnitt aus-
nahmsweise eine genaue Quellenangabe macht, bleibt für
die Marmorreliefs nur der Schluß übrig, daß sie gefälscht
sind. Wahrscheinlich hatte der Fälscher selbst keine Ahnung,
das er Dürer kopiere und benutzte als Vorlage die Ab-
bildung irgend eines naturwissenschaftlichen Werkes. Da-
bei wußte er nicht, daß diese Illustrationen des Rhinozerosses
nach Vorgang des berühmten Oeßnerschen Naturbuches bis
weit ins 18. Jahrhundert hinein fast stets Nachbildungen
von Dürers berühmtem Holzschnitt sind. Die Möglichkeit,
Dürer als den Nachahmer hinzustellen, ist schon deshalb
hinfällig, weil das Relief wohl mit dem Holzschnitt, nicht
aber mit Dürers Vorzeichnung in London übereinstimmt.

Raffael: Neue, seiner Jugend zugeschriebene Werke.

In der Schlußvorlesung vor den Osterferien teilte Venturi
in der römischen Universität seine neuen Zuschreibungen
im Felde der Raffaelforschung mit. Im Colleggio del
Cambio zu Perugia weist er ihm die Gestalt der Fortitudo
zu und das ganze große Fresko der Propheten und Sybillen.
Wie man weiß, befinden sich gerade auf der Wand, auf
welche die Fortitudo gemalt ist, auch Peruginos Porträt
und die Jahreszahl 1500. Venturi meint, daß Raffael gerade
in dem Jahre, als die Lehren des Timoteo della Vite noch
ganz lebendig in ihm waren, nach Perugia gekommen
sei und mit Perugino im Colleggio del Cambio gemalt habe.
Er schreibt Raffael auch den Eccehomo im Sarkophag der
Pinakothek in Perugia zu. Was Raffaels Erziehung betrifft,
glaubt Venturi sie nach obigen Zuschreibungen folgender-
maßen wieder entwickeln zu können: Vor dem Jahre 1500
hatte er in Urbino, nach dem Tode seines Vaters, seit
1495, unter der Leitung des Timoteo della Vite, eines
Schülers des Francia, gearbeitet. Im Jahre 1500 kam er
nach Perugia und sein erstes Werk daselbst, nach Venturi
die Fortitudo im Cambio, zeigt ihn noch ganz im Banne
der Lehren Timoteos. Vor Timoteo war er bei Evange-

lista di Pian di Meleto, dem Gehilfen seines Vaters, in
der Lehre gewesen. Zu den peruginesken Werken Raffaels
rechnet Venturi die Krönung der Vatikanischen Pinakothek
und die Kreuzigung der Sammlung Mond, sowie eben den
Eccehomo in der Galerie von Perugia. Was das Fresko
der Sybillen und Propheten im Cambio betrifft, meint er,
daß Raffael es ungefähr in den Jahren 1504—1505 gemalt
haben müsse, als er schon anfing, sich von Peruginos Ein-
fluß zu befreien. Fed. H.

Eine neue Deutung des Kardinalporträts Raffaels
im Prado gibt Robert Durrer in einem ausführlichen Auf-
satz im Januarheft der Monatshefte für Kunstwissenschaft.
Bekanntlich haben schon viele Gelehrte versucht, die Per-
sönlichkeit des Dargestellten zu identifizieren, ohne daß
sich eine dieser Benennungen auf die Dauer hat halten
können. Durrer möchte nun in dem Madrider Kardinal
den Bischof von Wallis, Matthäus Schinner, erkennen, der
1511 den Purpur erhielt und 1522 starb. Er stützt sich
dabei auf ein Profilbildnis Schinners in der ehemaligen
Sammlung Giovios (jetzt im Besitz Dr. G. Rovellis in Como)
und dessen Holzschnittreproduktion von Tobias Stimmer
in den Elogia virorum illustrium von 1575, sowie auf einige
andere Bildnisse desselben Typus in Schweizer Besitz.
Die Ähnlichkeit der hier dargestellten Persönlichkeit mit
dem Madrider Kardinal erscheint durchaus einleuchtend.
Jedenfalls wirkt der Vergleich Durrers überzeugender als
der kürzlich von H. Hymans in einer Notiz im Burlington
Magazin (XX, 1911/12, p. 897) angestellte. Hymans, dessen
Hypothese Durrer noch unbekannt ist, wollte auf Grund
einer Medaille des Caradosso in dem Madrider Bildnis
die Züge des 1517 erwählten 1527 verstorbenen Kardinals
Scaramuccia dei Trivulzi erkennen. Für die neue Be-
nennung Durrers fehlt aber leider eine wichtige Bestätigung.
Die Münzen mit dem Kopfe Schinners zeigen keinerlei
Beziehungen zum Madrider Kardinal oder nur zu den
Profilbildnissen. Und Durrer gelingt es auch nicht, diese
Schwierigkeit vollständig zu beseitigen. Man wird also
bei der ganzen Frage immer noch damit rechnen müssen,
daß der Typus der Sammlung Giovios kein authentisches
Bildnis Schinners ist und damit auch die neue Benennung
des Madrider Bildes unsicher bleibt. —/.

VERMISCHTES
-(- München. Das Generalkonservatoriutn der Kunst-
denkmale und Altertümer Bayerns veranstaltet vom
2.—10. Mai wieder wie im vorigen Jahre einen Museums-
kurs, bei dem verschiedene Sammlungen in Oberbayern,
Schwaben, Niederbayern, Oberpfalz und Mittelfranken unter
Leitung des Generalkonservators Dr. Gg. Hager berührt
werden sollen. In Aussicht genommen sind die Museen
in Burghausen, Altötting, Dachau, Augsburg, Nördlingen,
Maihingen, Dinkelsbühl, Feuchtwangen, Rothenburg o. T.,
Würzburg, Heidelberg und Speyer. Als Teilnehmer kommen
sowohl Leute in Betracht, die mit der Verwaltung von
Museen zu tun haben oder später sich solchen Aufgaben
widmen wollen, wie auch Geschichts- und Kunstfreunde,
vorausgesetzt, daß ihre Zahl nicht zu groß wird. Gesuche
um Programme und Teilnehmerkarten, die unentgeltlich
versandt werden, sind zu richten an das kgl. Generalkonser-
vatorium der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns, Mün-
chen, Prinzregentenstr. 3.

Inhalt: Die Rembrandtzeichnungen der Sammlung Heseltine und C. Hofstede de Oroot. Von W. v. Seidlitz._Personalien. — Büste Joseph Joachims;

Kolonialkriegerdenkmal in Berlin. — Römische Niederlassung in Compiegne; Bronzegräber aus der Späthallstattzeit. — Ausstellungen in
Dusseldorf, Paris, Hertogenbosch. — Porträtsammlung der Nationalgalerie; Städt. Skulpturensammlung in Frankfurt a. M.; Museum der
bild. Künste in Budapest; Venus von Arles; Depot der Augsburger Oalerie. — Kongreß für Ästhetik usw. — Forschungen. — Vermischtes

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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