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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0243

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Personalien — Denkmäler — Ausstellungen

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die großen Museumsbauten, das absichtlich die verschie-
densten Stilarten in sich vereinigende bayrische National-
museum und das noch nicht ganz vollendete deutsche
Museum in München. Seidl, der 1900 durch den Prinz-
regenten Luitpold in den persönlichen Adel erhoben wor-
den und Ritter des Maximiliansordens, Komtur des bay-
rischen Kronenordens, Offizier der französischen Ehren-
legion und Träger des preußischen Pour le merite war,
hat auch als Mitglied zahlreicher Kommissionen, als großer
Naturfreund und Leiter des Isartalvereins sehr viel Gutes
gewirkt.

Rom. Am 9. April ist hier nach langem schwerem
Leiden Fräulein Henriette Hertz im Alter von 66 Jahren
gestorben. Es ist schwer, in wenigen Worten die ganze
Bedeutung hervorzuheben, welche diese ungewöhnliche
Frau für die deutsche Kolonie Roms und darüber hinaus
für viele italienische Kreise gehabt hat. Sie gehörte zwei
Ländern an: Deutschland durch ihre Geburt, denn sie war
eine gebürtige Kölnerin, und Italien, und speziell Rom, wo
sie nun fast dreißig Jahre lebte und in dem von ihr er-
worbenen historischen Palazzo Zuccari, der schon einmal
durch die Fresken von Cornelius in der deutschen Kunst eine
große Rolle gespielt hatte, eine vornehme Gastlichkeit
übte, Gelehrte, Künstler, Musiker um sich vereinigte und
von wo aus manch humanitäre Unternehmung angeregt
und kräftigst unterstützt wurde. So wie sie zwei Ländern
angehörte, hat sie in gleichem Sinne über ihren Nachlaß
verfügt. Der Kaiser-Wilhelms-Gesellschaft hat sie den
Palazzo, in dem sie unter Steinmanns energischer Anleitung
die ihren Namen für immer tragende Bibliothek für Re-
naissancestudien gründete, testiert und der Stadt Rom ver-
machte sie die Bilder. Es wäre zu wünschen, daß diese
letzteren, unter denen sich Namen wie Filippo Lippi,
Antonello da Messina, Giulio Romano u. v. a. befinden,
in irgend einer Form im Palazzo bleiben, damit die schöne
Harmonie der Räume nicht zerstört werde. Auch einige
gute Antiken, wie z. B. der sogen. »Hertzsche Kopf«,
eine römische Replik des Kopfes der Nike des Paionios
in Olympia, zierten die Säle. In der Sala Bach, die sie
zur Pflege würdiger Musik an Stelle des kleinen Gartens
des Palazzo Zuccari erbaut hatte, fand am 12. April die
eindrucksvolle Trauerfeier statt. Unter den Reden ragte
die von Exz. Harnack im Namen der Kaiser-Wilhelms-
Gesellschaft gehaltene hervor. Im Schatten der Zypressen
des Friedhofes bei der Cestiuspyramide wird die Asche
der Gründerin der Bibliotheca Hertziana beigesetzt werden.

Ludwig Pollak, Rom.

PERSONALIEN

Wie vorauszusehen war, ist Albert Besnard zum
Direktor der französischen Akademie in Rom ernannt
worden. Seinem Vorgänger Carolus Duran ist der Titel
eines directeur d'honneur verliehen worden. Indessen wird
Besnard damit so wenig aus Paris verschwinden, wie vor
ihm alle Direktoren der Villa Medici in den letzten sechzig
Jahren. Er wird seine Wohnung und sein Atelier in Paris
beibehalten und wie vor ihm Carolus Duran öfter und
länger in Paris weilen als in Rom.

DENKMÄLER

Frankfurt a. M. Die Stadt Frankfurt hat das große
Glück, mit einem Heinedenkmal, das ihr von »Freunden
und Verehrern Heines« gestiftet wird, zugleich ein wirk-
liches Kunstwerk geschenkt zu bekommen. Man muß es
dem Komitee, das seine Auswahl unter den Entwürfen
mehrerer Bildhauer zu treffen hatte, wirklich als Verdienst

anrechnen, daß seine Wahl auf den Entwurf Georg
Kolbes fiel. Der Entwurf zeigt auf glattem vierkantigen
Sockel ein mit aufrechtem Oberkörper sitzendes nacktes
Mädchen, hinter dem mit einem federnden, sprungartigen
Spreizschritt ein nackter Jüngling nach links hin vorbeieilt.
Der Jüngling blickt auf das Mädchen hinab und dreht
dabei den Oberkörper fast ganz zur Vorderansicht herum.
Seine Arme sind fast wagerecht ausgebreitet. Die Dreiecks-
linie der' gespreizten Beine, die Vertikale des Oberkörpers,
die Horizontale der Arme ergeben trotz der sausenden
Bewegung des Jünglingskörpers eine ganz einfache relief-
artige Ansicht. So ist eine feste bildhauerische Form ohne
akademische, klassizistische Trockenheit gefunden und ohne
den geringsten Verzicht auf Lebendigkeit der Bewegung,
auf Sinnlichkeit der Formen. Über diesen rein formalen
Vorzug einer prachtvollen Vereinigung von Stil und Sinn-
lichkeit hinaus bedeutet die Gruppe als Ganzes eine ebenso
geistreiche wie lebendige und einleuchtende Umsetzung von
Heines künstlerischer Art in die Formen der Plastik. Dabei
ist sie gleich weit von illustrativer wie von allegorischer Art
entfernt. Die gelagerte Mädchenfigur bedeutet eine ebenso
klare und einfache bildhauerische Parallele zu Heines
weicher lyrischer und einfacher formaler Art wie der vor-
beisausende Jüngling zu dem antithetischen Moment in
Heines Kunst. — Die Stadt Frankfurt hat zur Aufstellung
des Denkmals einen Platz in den Friedberger Anlagen zur
Verfügung gestellt. a. W.

AUSSTELLUNGEN
Exposition de la Section de Geneve des peintres,
sculpteurs et architectes suisses. Lokale Ausstellungen
haben vor größeren Veranstaltungen einen unverkennbaren
Vorteil: den der Heimatlichkeit. In Genf, wo die Malerei
eine weit bedeutendere Geschichte hat, als gemeinhin be-
kannt, wo die Pflege der bildenden Künste — trotz Calvin —
zur Tradition gehört, kommt noch hinzu, daß die Nähe
eines Künstlers vom Range Ferdinand Hodlers die Grenze
nach unten hin ziemlich genau bestimmt und krassen
Dilettantismus ausschließt. Er hat diesmal das große und
auch monumentale Porträt der Madame G. ausgestellt. Die
sitzende Gestalt nimmt die Diagonale des länglichen, recht
ansehnlichen Formats ein. Ein sehr durchsichtiges Rosa
ist der Grundton der Kleidung, darin unbestimmte, ellip-
tische Formen in hellgelb schwimmen, wie Nebelkreise
über dem Wasser, und eine mächtige Sammetschleife teilt
diese Farbenfluten mit seinem sonderbar tiefen Schwarz
entzwei. Wer Holders Porträtkunst kennt, dem wird die
imponierende Einheit seiner Kunst nur noch gewaltiger
erscheinen. Er bleibt im Porträt so gut der große Platoniker
der Linie und Farbe, wie in allem anderen. Vielleicht hat
noch niemals ein Mensch die Idee, den Geist der Form
so rein aus der absoluten Gesetzmäßigkeit der Erschei-
nung herausgehoben — wie Ferdinand Hodler. Dies muß
einem vor dem Porträt der Madame G. klar werden.
Wenn wir ansonsten dem Katalog nachgehen, so muß
schon deshalb vor allem Emile Breßler genannt werden,
weil er mit einer kleinen Komposition von holdestem Reiz
das Titelblatt geschmückt hat. Breßler ist ein Visionär von
so überzeugender Reife, von solcher Fülle und Sicherheit
seiner Mittel, daß man nur staunend seiner Jugend ge-
denken kann. Die Einfachheit, die herbe Kraft und doch
die groteske Komik seines »Chien creve« oder »Le vieux
cheval« bedeutet schlechtweg eine sehr selbständige und
sehr erhebliche Weiterentwickelung der Linie, die sich etwa
von Felicien Rops über Daumier zu Toulouse Lautrec ziehen
ließe. Emile Breßler verdient die größte Aufmerksamkeit der
Kenner. Doch zurück zur eisernen Ordnung des Alpha-
bets Felix Appenzellers »Jeune fille au beret noir« läßt
 
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