Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0262

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
503

Vereine — Literatur

504

Short sich der Radierung mit vorzüglichem Erfolg widmete.
Außer mit der Malerei ist die Dame auch mit Illustrationen
für die englische Presse beschäftigt, und ich nenne in
dieser Beziehung namentlich »The yellow Book«, »London
News«, »Sphere« und »Windsor Magazine«. In all ihren
Bildern, von denen ich hervorhebe: »Arabische Kinder in
der Nähe der Pyramiden«, »Sappho«, Maria und das
Christkind in Ägypten«, »Christus«, sowie zwei Seestücke,
ist sorgfältige Zeichnung, schöne Farbengebung, Gefühl
und Stimmung vorhanden. Nicht geringeres Talent und
sehr bedeutende Vielseitigkeit in ihrer Kunst besitzt Miß
Estella Canziani. Ihr gelingen ebensogut Porträts, wie
z. B. die von Lady Dorothea Howard, der Familie Jenkins
und Rolide, als auch die Wiedergabe von Märchen-
erzählungen, Legenden, Zauber- und Feengeschichten.

Die zurzeit in der Grosvenor-Galerie befindliche
Ausstellung der »Nationalen Porträt-Gesellschaft«
kann als ein Abkömmling der »Gesellschaft der Porträt-
Maler« gelten. Reynolds gab uns mehr monumentalere
Bildnisse, Gainsborough war vielleicht lieblicher, und in
innerer Durchdringung der Seele niemand größer wie Rae-
burn, aber in technischer Geschicklichkeit, sympathischer
Erfassung des Charakters, Frische des Fühlens und dem
Ausdruck der Freudigkeit des Schaffens haben die hier
vertretenen Meister durchaus nichts zu lernen. Zu dieser Kate-
gorie von Werken gehören unter andern John S. Sargents
beide Porträts von »Mrs. Adolph Hirsch« und das von
»Mr. Robert Mathias«. Arbeiten wie diese müssen jeder
Schule oder Gesellschaft, wie immer sie sich auch nennen
mag, zur Ehre gereichen. Dann ist Ph. A. von Läszlös
ebenso interessantes als sympathisches und ausgezeichnetes
Porträt der »Lady Wantage« zur Stelle. Weitere hervor-
ragende Bildnisse lieferten Mr. Ph. Connard, Mr. und
Mrs. von Glehn. Das von letzterem gemalte Bild, betitelt
»Mädchen in blauer Jacke«, ist ein entzückendes Werk, und
Mr. John Laverys schöne »Lady in Black« (Mrs. Prevor)
läßt uns den Maler als einen vollständig unabhängigen
Künstler erkennen. Mr. Glyn Philpots Porträt der »Lady
Balcarres* besitzt den Farbenreichtum und die stattliche
Pracht Tizians. Den Längssaal in der Galerie beherrscht
Mr. William Strang. Warum dieser von den Malern
zu den Insurgenten gezählt wird, vermag ich nicht recht
zu verstehen. Sein Porträt »Die Putzmacherin« ist zweifel-
los eines der besten in der Ausstellung. Die dekorative
Absicht wurde mit dem Ausdruck des Charakters der Per-
sönlichkeit in glücklichster Weise vereinigt: Eine moderne
Venus von Milo in dem Arbeitskleide einer Putzmacherin!

o. von Schleinitz.

VEREINE

Der Deutsche Werkbund hält seine diesjährige
Jahresversammlung vom 5. bis 7. Juni in Leipzig ab. Er
folgt damit einem Ruf des Rates der Stadt Leipzig und
einer Einladung der Internationalen Baufach-Ausstellung,
auf der der Deutsche Werkbund sowohl durch eine Gruppe
in der Abteilung Raumkunst, als auch durch eine größere
Anzahl seiner Mitglieder in allen übrigen Abteilungen ver-
treten ist. Die Tagesordnung der beiden ersten Tage bringt
— entsprechend der Tätigkeit des Deutschen Werkbundes für
ein Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Gewerbe —
einige Referate von Männern derkünstlerischen, verwaltungs-
technischen und gewerblichen Praxis über Fragen von ästhe-
tischer, kommunaler und volkswirtschaftlicher Bedeutung,

ferner Mitteilungen über den Stand der Vorbereitungen für
die »Deutsche Werkbund-Ausstellung Köln 1914«, die —
als die erste Ausstellung der deutschen »Qualitätsarbeit« —
durch das dankenswerte Interesse aller behördlichen und
zuständigen Stellen ausgezeichnet wird. Es werden folgende
Vorträge gehalten werden: Professor Stadtbaurat Erlwein-
Dresden »Staatliche und städtische Kunstpflege«; Stadtrat
Hof mann- Leipzig »Die Kunstpflege der Stadt Leipzig«;
Professor Dr. Richard Graul »Die Beteiligung des Deutschen
Werkbundes an der Leipziger Ausstellung«; Ministerial-
direktor Geheimrat Dr. Lewald-Berlin »Ausstellungswesen«;
Bürgermeister Rehorst-Köln »Die Deutsche Werkbund-Aus-
stellung Köln 1914«; Handelskammersyndikus Dr. Dietrich-
Plauen »Deutschlands Interesse an der Ausfuhr qualifizierter
Waren und die Fortbildung des internationalen Muster-
schutzes«; Professor Seliger - Leipzig »Die schulmäßige
Pflege der Technik als Mittel zur Wertsteigerung der
deutschen Handwerks- und Industriewerke«; Karl Ernst
Osthaus - Hagen »Das Deutsche Museum für Kunst in
Handel und Gewerbe«. — Der dritte Tag ist der Gesellig-
keit gewidmet.

Eine besondere Auskunftsstelle ist während der Tagung
in Leipzig im Verlagshause von E. A. Seemann, Hospital-
straße IIa, eingerichtet.

LITERATUR

Locella, Dantes Fmncesca da Rimini in der Literatur,
bildenden Kunst und Musik. Nach den Plänen und Ent-
würfen des Professors Baron Guglielmo Locella bearbeitet
und herausgegeben von Baronin Marie Locella. Mit
19 Kunstbeilagen und 75 Abbildgn. im Text. 8°. Eßlingen,
1913, Paul Neff.

Konsul Locella hat sich außer durch sprachwissen-
schaftliche Arbeiten und Übersetzungen durch seine Schriften
»Zur deutschen Danteliteratur« und »Dante in der deutschen
Kunst« vorteilhaft bekannt gemacht und gedachte hierauf
als Hauptergebnis seiner Dantestudien ein Buch über die
Geschichte der Francesca da Rimini-Episode zu setzen.
Der Tod unterbrach ihn mitten in der Arbeit. Frau Locella
nahm sie auf, um dem Andenken ihres verstorbenen Ge-
mahls ein Mal zu setzen, hat sich dabei aber zugleich selbst
ein ansehnliches Denkmal gesetzt. Diese literar- und
kunstgeschichtliche Studie ist mit viel Umsicht und aus-
dauerndem Fleiß verfaßt. Sollte es ihr nicht gelungen sein,
alles, was sich auf das Thema bezieht, aufzustöbern, so
werden wir jedenfalls durch die Fülle des Gebotenen über-
rascht. Bis in die entlegenen Kunst- und Dichtungswinkel
aller europäischen und sogar auch der amerikanischen
Kulturen dringt die Verfasserin, wobei ihr glücklich und
mit treffender Knappheit gebotenes Urteil uns nicht weniger
wie ihre Gründlichkeit erfreut. Eine derartige Steno-
graphische Studie bietet ja stets einen Miniaturauszug der
Kunstgeschichte. Kaum ein zweites Thema, wie die Fran-
cesca-Episode, wendet sich so sehr gleicherweise an den
Verstand (wenn man sie als Dantesche Kunstleistung er-
fassen will) wie an das Gemüt (wenn man sie als mensch-
liches Erlebnis ergründen will). Es ist überaus interessant,
wie sich der persönliche und der nationale Charakter der
Künstler an der Hand dieses Themas offenbart. Man
könnte an der Hand des Locellaschen Buches ein Kolleg
über Wandlung der künstlerischen Auffassung im Lauf der

Jahrhunderte entwickeln. Hans W. Singer-Dresden.

Inhalt: Andreas Aubert t- — Das fränkische Museum in Wurzburg:. — Wilhelm Walther f; Henry Moret f. - Personalien. — Wettbewerbe: Be-
bauung des Havelufers; Stadtmuseum in Wien; Reiseandenken in Sachsen. — Frühgotische Kirche in Berich.— Richard Wagner-Denkmal
in Dresden; König-Albert-Denkmal in Bautzen. — Dresdner Galerie. — Ausstellungen in Hamburg, Leipzig, Dresden, Straßburg, Chemnitz,
Aus dem Hamburger Kunstleben; Londoner Ausstellungen. — Deutscher Werkbund. — Literatur.

Verantwortliche Redaktion: GUSTAV KlRSTElN. Verlag von E.A.SEEMANN, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
Annotationen