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Ausstellungen
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rische Ausstellung. Liegt keine größere Ausstellung im
städtischen Ausstellungspalast vor, so tritt der Sächsische
Kunstverein mit irgendeiner ergänzenden Veranstaltung im
akademischen Ausstellungspalast in die Lücke. In diesem
Jahre veranstaltet er zum drittenmal eine große Aquarell-
Ausstellung mit einem internationalen Einschlag. Der gute
Erfolg der beiden ersten gleichartigen Unternehmungen
hat das Direktorium ermutigt, auf dem Wege weiterzugehen
und die Wassermalerei, die sonst in den Ausstellungen
immer mehr geduldet ist, zum alleinigen Gegenstand der
Ausstellung zu machen. Das Unternehmen kann als ge-
glückt bezeichnet werden, wozu die Art der Vorbereitung
mit beigetragen hat. Denn die Gemälde wurden nicht
lediglich durch die Jury in Dresden ausgewählt, sondern
zum größeren Teile durch die Abgesandten des Vorstandes,
die zu je zwei einzelne Künstler in den deutschen Kunst-
städten aufsuchten und an Ort und Stelle auswählten, was
sie für die Ausstellung geeignet hielten. So gewann man
manches Kunstwerk, das sonst wohl nicht erschienen wäre.
Vielleicht hätte der Ertrag indes noch reicher sein können.
Zu diesen ausgewählten Bildern kamen dann noch die ein-
gesandten, aus denen die Jury schon wegen Mangel an
Raum einige Hundert aussondern mußte. Trotzdem und
obwohl die reinen Schwarzweiß-Blätter diesmal von vorn-
herein ausgeschlossen waren, überschreitet die Zahl der
ausgestellten Werke mit 1034 Nummern die der vorauf-
gehenden Ausstellung im Jahre 1911 um rund 300 Stück.
Vertreten sind Dresden, Berlin, München, Karlsruhe,
Stuttgart, Leipzig, Weimar, Wien, Paris, London, die Schweiz,
Schweden, Polen und Rußland. 284 Werke — mehr als der
vierte Teil der Gesamtheit — entfallen auf Dresdner Künstler.
Obwohl eigentliche Schlager, Werke, die sich aus der
Masse der übrigen durch ihre ganz besondere Bedeutung
herausheben, diesmal so gut wie gänzlich fehlen, so ergibt
die Ausstellung in der Helle und Farbigkeit der Bilder
ein vorteilhaftes Gesamtbild, das noch durch die ein-
gestreuten plastischen Werke und durch kunstgewerb-
liche Erzeugnisse kleiner Art gesteigert wird.
Daß die alte, rein lasierende Technik in der Wasser-
malerei nicht mehr die Hauptrolle spielt, konnte man schon
auf den früheren Aquarell-Ausstellungen beobachten: im
Format wie in der Farbenkraft streben die meisten Aqua-
rellisten nach den starken und dekorativen Wirkungen der
Öl- und Temperamalerei. Lasurfarben treten daher oft in
Verbindung mit Deckfarben wie mit Temperafarben auf.
Der Erfolg gibt denen recht, die den Vorwurf der Stil-
mengerei für unerheblich erachten, wenngleich man sich
auch mit Recht an vollendeten Erzeugnissen der reinen
Aquarelltechnik erfreuen darf.
An erster Stelle dürfen wir vielleicht hervorheben den
Bai pare von Johannes Ufer (Dresden), die gelben Rosen
und einen weiblichen Akt — arabisches Mädchen — von
Hans Unger (Dresden), die kräftig durchgeführten Land-
schaften von Fischer-Gurig (Dresden), das sonnige Land-
haus unter den Kastanien von Max Uth (Berlin), ferner
das farbenfrische Bild vom Comersee von Hans Völcker
(Wiesbaden), ein straff gemaltes Herrenbildnis von Kurt
Nessel, einem Schüler Otto Gußmanns, die dekorativen
Aquarelle einiger Wiener Künstler und die wirkungsvollen
Tierbilder — Pelikane und Exotischer Tierfries von dem
soeben verstorbenen Münchner Paul Neuenborn, offenbar
Ergebnisse eines fruchtbaren Studiums in dem neuen
Münchner Tiergarten.
Die farbig reichsten Wirkungen erzielt Robert Sterl
(Dresden) mit farbig leuchtenden Bildern russischer Volks-
typen, einer kleinen Frühlingslandschaft und zwei zarten
und eleganten Konzertbildern aus Rußland. Nahe steht
ihm Julius Seyler (München) mit großgesehenen nor-
wegischen Hafenbildern von malerisch knappem'Ausdruck.
Die Dresdner Künstler stehen, ohne übrigens voll-
ständig vertreten zu sein, naturgemäß im Mittelpunkte der
Veranstaltung. Bemerkenswert ist, wie schon in der vor-
jährigen großen Dresdner Kunstausstellung, das Vordringen
junger Kräfte, die mehr und mehr neben den bewährten
und längst berühmten und bekannten älteren Künstlern
Fuß fassen. Man sieht, daß sie nicht mehr bloß die Weise
ihrer akademischen Lehrer weiterführen, sondern auch alle
andern Anregungen der letzten Zeit annehmen und ver-
arbeiten. Nennen wir zunächst die älteren: der Senior
der Dresdner Künstlerschaft Gotthardt Kuehl glänzt mit
ein paar kleinen Innenraumbildern in seiner geistvollen
Lichtmalerei; die Kirchen zu Überlingen und zu Salzburg
haben ihm die Motive geliefert. Ganz in der gleichen
Weise hat Otto Rossow das Innere einer Kirche in Capri
gemalt. Auch Ferdinand Dorsch, der für gewöhnlich größer
und meist in Öl malt, verrät in seinem netten Bauern-
stübchen die Schule Kuehls, die er aber selbständig sehend
weiterführt, ebenso Fritz Beckert mit einem sehr lebendig
gemalten Blick auf den großen Platz in Trient. Auch ver-
schiedene altmodisch möblierte Zimmer und das in den
Farbtönen fein abgewogene Bild einer Gaisblattlaube
stammen von Beckert. F. Th. Scholz bringt ein recht modern
anmutendes Kaffeehausbild, Wilhelm Claudius neben einigen
Blättern, die ihn als bewährten Illustrator zeigen, ein farbig
wirksames Stubenbild und zwei Landschaften. Am stärksten
unter den älteren Schülern Kuehls und ehemaligen Elbiern
ist der schon genannte Johannes Ufer, der von jeher das reine
Aquarell gepflegt und technisch immer mehr vervollkommnet
hat. Außer seinem Bai pare hat er andere kleinere Innen-
bilder ausgestellt, die gleichfalls energisch durchgeführte
Lichtwirkungen aufweisen, darunter besonders ein Zimmer
mit einem musizierenden Paar. Ganz für sich stehen:
derv scharfsehende Richard Müller mit sicher hingesetzten
farbigen Zeichnungen, Wolfgangmüller mit schon bekannten
romantischen Stimmungsbildern, Walter-Kurau mit einem
guten weiblichen Akt und dem gedämpften Blick aus
dem ersten Rang der Dresdner Hofoper und Freiherr von
Schlippenbach mit einem dekorativen Stilleben. Noch feiner
im Geschmack ist ein Stilleben von Ludwig Muhrmann.
Von der jüngeren Generation bringt Wilhelm Claus
fein empfundene Landschaften aus der Lößnitz, E. R.
Dietze farbenfrische Aquarelle aus Italien, Erich Buchwald-
Zinnwald, Otto Arndt, Otto Lange, Fritz Stotz, jeder Land-
schaften von individueller Empfindung und persönlicher
Darstellungsweise, der letzte zudem ein hell und breit
gemaltes weibliches Pastellbildnis. Tönereicher ist ein
anderes Damenbildnis in rot von Gustav Meyer-Buchwald.
Als feinfühliger Maler zeigt sichu Johann Johannsson in
einem weiblichen Akt, mehreren lockeren Bildnisskizzen
und einem vollendeten weiblichen Bildnis von reifer im-
pressionistischer Malweise in reinen Farben. In derselben
Richtung gehen zwei Bildnisse von Müller-Gräfe. Auf
modernem Boden stehen ferner die flott und charakteristisch
hingeworfenen Gestalten fliehender und tanzender Frauen
von Georg Gelbke und zwei stark farbige, in wirksamer
Fläche zusammengehaltene Badeszenen von Bernhard Müller.
Unter den auswärtigen Malern finden wir eine Reihe
namhafter Künstler, die meist mit alten charakteristischen
Werken vertreten sind. So sehen wir von Lovis Corinth
flotte Landschaften und einen weiblichen Akt. Ferner sind
u. a. mit Landschaften vertreten Leonhard Sandrock, Kall-
morgen, Dettmann, Dill und Schönleber, Hans von Volk-
mann, der greise Hans Thoma. Das russische Ballett hat
Ernst Oppler zu einigen klangvollen Szenen die Anregung
gegeben. Von Hans R. Lichtenberger ist eine flotte spa-
nische Tänzerin zu erwähnen.
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rische Ausstellung. Liegt keine größere Ausstellung im
städtischen Ausstellungspalast vor, so tritt der Sächsische
Kunstverein mit irgendeiner ergänzenden Veranstaltung im
akademischen Ausstellungspalast in die Lücke. In diesem
Jahre veranstaltet er zum drittenmal eine große Aquarell-
Ausstellung mit einem internationalen Einschlag. Der gute
Erfolg der beiden ersten gleichartigen Unternehmungen
hat das Direktorium ermutigt, auf dem Wege weiterzugehen
und die Wassermalerei, die sonst in den Ausstellungen
immer mehr geduldet ist, zum alleinigen Gegenstand der
Ausstellung zu machen. Das Unternehmen kann als ge-
glückt bezeichnet werden, wozu die Art der Vorbereitung
mit beigetragen hat. Denn die Gemälde wurden nicht
lediglich durch die Jury in Dresden ausgewählt, sondern
zum größeren Teile durch die Abgesandten des Vorstandes,
die zu je zwei einzelne Künstler in den deutschen Kunst-
städten aufsuchten und an Ort und Stelle auswählten, was
sie für die Ausstellung geeignet hielten. So gewann man
manches Kunstwerk, das sonst wohl nicht erschienen wäre.
Vielleicht hätte der Ertrag indes noch reicher sein können.
Zu diesen ausgewählten Bildern kamen dann noch die ein-
gesandten, aus denen die Jury schon wegen Mangel an
Raum einige Hundert aussondern mußte. Trotzdem und
obwohl die reinen Schwarzweiß-Blätter diesmal von vorn-
herein ausgeschlossen waren, überschreitet die Zahl der
ausgestellten Werke mit 1034 Nummern die der vorauf-
gehenden Ausstellung im Jahre 1911 um rund 300 Stück.
Vertreten sind Dresden, Berlin, München, Karlsruhe,
Stuttgart, Leipzig, Weimar, Wien, Paris, London, die Schweiz,
Schweden, Polen und Rußland. 284 Werke — mehr als der
vierte Teil der Gesamtheit — entfallen auf Dresdner Künstler.
Obwohl eigentliche Schlager, Werke, die sich aus der
Masse der übrigen durch ihre ganz besondere Bedeutung
herausheben, diesmal so gut wie gänzlich fehlen, so ergibt
die Ausstellung in der Helle und Farbigkeit der Bilder
ein vorteilhaftes Gesamtbild, das noch durch die ein-
gestreuten plastischen Werke und durch kunstgewerb-
liche Erzeugnisse kleiner Art gesteigert wird.
Daß die alte, rein lasierende Technik in der Wasser-
malerei nicht mehr die Hauptrolle spielt, konnte man schon
auf den früheren Aquarell-Ausstellungen beobachten: im
Format wie in der Farbenkraft streben die meisten Aqua-
rellisten nach den starken und dekorativen Wirkungen der
Öl- und Temperamalerei. Lasurfarben treten daher oft in
Verbindung mit Deckfarben wie mit Temperafarben auf.
Der Erfolg gibt denen recht, die den Vorwurf der Stil-
mengerei für unerheblich erachten, wenngleich man sich
auch mit Recht an vollendeten Erzeugnissen der reinen
Aquarelltechnik erfreuen darf.
An erster Stelle dürfen wir vielleicht hervorheben den
Bai pare von Johannes Ufer (Dresden), die gelben Rosen
und einen weiblichen Akt — arabisches Mädchen — von
Hans Unger (Dresden), die kräftig durchgeführten Land-
schaften von Fischer-Gurig (Dresden), das sonnige Land-
haus unter den Kastanien von Max Uth (Berlin), ferner
das farbenfrische Bild vom Comersee von Hans Völcker
(Wiesbaden), ein straff gemaltes Herrenbildnis von Kurt
Nessel, einem Schüler Otto Gußmanns, die dekorativen
Aquarelle einiger Wiener Künstler und die wirkungsvollen
Tierbilder — Pelikane und Exotischer Tierfries von dem
soeben verstorbenen Münchner Paul Neuenborn, offenbar
Ergebnisse eines fruchtbaren Studiums in dem neuen
Münchner Tiergarten.
Die farbig reichsten Wirkungen erzielt Robert Sterl
(Dresden) mit farbig leuchtenden Bildern russischer Volks-
typen, einer kleinen Frühlingslandschaft und zwei zarten
und eleganten Konzertbildern aus Rußland. Nahe steht
ihm Julius Seyler (München) mit großgesehenen nor-
wegischen Hafenbildern von malerisch knappem'Ausdruck.
Die Dresdner Künstler stehen, ohne übrigens voll-
ständig vertreten zu sein, naturgemäß im Mittelpunkte der
Veranstaltung. Bemerkenswert ist, wie schon in der vor-
jährigen großen Dresdner Kunstausstellung, das Vordringen
junger Kräfte, die mehr und mehr neben den bewährten
und längst berühmten und bekannten älteren Künstlern
Fuß fassen. Man sieht, daß sie nicht mehr bloß die Weise
ihrer akademischen Lehrer weiterführen, sondern auch alle
andern Anregungen der letzten Zeit annehmen und ver-
arbeiten. Nennen wir zunächst die älteren: der Senior
der Dresdner Künstlerschaft Gotthardt Kuehl glänzt mit
ein paar kleinen Innenraumbildern in seiner geistvollen
Lichtmalerei; die Kirchen zu Überlingen und zu Salzburg
haben ihm die Motive geliefert. Ganz in der gleichen
Weise hat Otto Rossow das Innere einer Kirche in Capri
gemalt. Auch Ferdinand Dorsch, der für gewöhnlich größer
und meist in Öl malt, verrät in seinem netten Bauern-
stübchen die Schule Kuehls, die er aber selbständig sehend
weiterführt, ebenso Fritz Beckert mit einem sehr lebendig
gemalten Blick auf den großen Platz in Trient. Auch ver-
schiedene altmodisch möblierte Zimmer und das in den
Farbtönen fein abgewogene Bild einer Gaisblattlaube
stammen von Beckert. F. Th. Scholz bringt ein recht modern
anmutendes Kaffeehausbild, Wilhelm Claudius neben einigen
Blättern, die ihn als bewährten Illustrator zeigen, ein farbig
wirksames Stubenbild und zwei Landschaften. Am stärksten
unter den älteren Schülern Kuehls und ehemaligen Elbiern
ist der schon genannte Johannes Ufer, der von jeher das reine
Aquarell gepflegt und technisch immer mehr vervollkommnet
hat. Außer seinem Bai pare hat er andere kleinere Innen-
bilder ausgestellt, die gleichfalls energisch durchgeführte
Lichtwirkungen aufweisen, darunter besonders ein Zimmer
mit einem musizierenden Paar. Ganz für sich stehen:
derv scharfsehende Richard Müller mit sicher hingesetzten
farbigen Zeichnungen, Wolfgangmüller mit schon bekannten
romantischen Stimmungsbildern, Walter-Kurau mit einem
guten weiblichen Akt und dem gedämpften Blick aus
dem ersten Rang der Dresdner Hofoper und Freiherr von
Schlippenbach mit einem dekorativen Stilleben. Noch feiner
im Geschmack ist ein Stilleben von Ludwig Muhrmann.
Von der jüngeren Generation bringt Wilhelm Claus
fein empfundene Landschaften aus der Lößnitz, E. R.
Dietze farbenfrische Aquarelle aus Italien, Erich Buchwald-
Zinnwald, Otto Arndt, Otto Lange, Fritz Stotz, jeder Land-
schaften von individueller Empfindung und persönlicher
Darstellungsweise, der letzte zudem ein hell und breit
gemaltes weibliches Pastellbildnis. Tönereicher ist ein
anderes Damenbildnis in rot von Gustav Meyer-Buchwald.
Als feinfühliger Maler zeigt sichu Johann Johannsson in
einem weiblichen Akt, mehreren lockeren Bildnisskizzen
und einem vollendeten weiblichen Bildnis von reifer im-
pressionistischer Malweise in reinen Farben. In derselben
Richtung gehen zwei Bildnisse von Müller-Gräfe. Auf
modernem Boden stehen ferner die flott und charakteristisch
hingeworfenen Gestalten fliehender und tanzender Frauen
von Georg Gelbke und zwei stark farbige, in wirksamer
Fläche zusammengehaltene Badeszenen von Bernhard Müller.
Unter den auswärtigen Malern finden wir eine Reihe
namhafter Künstler, die meist mit alten charakteristischen
Werken vertreten sind. So sehen wir von Lovis Corinth
flotte Landschaften und einen weiblichen Akt. Ferner sind
u. a. mit Landschaften vertreten Leonhard Sandrock, Kall-
morgen, Dettmann, Dill und Schönleber, Hans von Volk-
mann, der greise Hans Thoma. Das russische Ballett hat
Ernst Oppler zu einigen klangvollen Szenen die Anregung
gegeben. Von Hans R. Lichtenberger ist eine flotte spa-
nische Tänzerin zu erwähnen.