Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe — Denkmäler — Archäologisches 556
Im Frühling dieses Jahres ward zu Rotschild auf See-
land Professor Jakob Kornerup von einem Schlagflusse be-
troffen, in dessen Folge der Hochbetagte kurz darauf ver-
schieden ist. — Der bonus Jacobus, wie ihn seine Freunde
nannten, die ihm und sich am 17. November 1910 seinen
80. Geburtstag zu einem herrlichen Freudentage gestalteten,
war die ehr- und liebenswürdigste Gestalt aus jenem Kreise
gelehrter und tätiger Forscher, die seit zwei Menschenaltern
die Geschichte des dänischen Altertums und der dänischen
Künste erforscht, durchforscht und in Schriften dargestellt
haben. Und er war fast der letzte dieser Alteren; sie sind
hingegangen, die Männer wie Worsaae, Hoven, Löffler,
Holms, Meldahl. Von allen ist er am längsten, eindring-
lichsten und wirksamsten tätig gewesen. So war er noch
nach jenem festlichen achtzigsten Geburtstage nicht bloß
an seinem Geburts- und Wohnorte die geistige Autorität
in Sachen der Altertumskunde, sondern er war überall in
Dänemark zu finden, bemüht und bereit, dem jüngeren
Geschlechte die Schätze seines Wissens aufzutun, und sie
durch sein Erscheinen und sein Gespräch zu erfreuen. —
Er war als Sohn eines Kaufmanns geboren, hatte die
heimische Gelehrtenschule besucht, sich dann zum Maler,
Radierer und Zeichner ausgebildet, große Reisen durch die
deutschen und welschen Lande gemacht und sich dann in
der Vaterstadt niedergelassen, wo er als Zeichenlehrer seine
feste Stellung erhielt und dem Dome nahe war, den er
gewissermaßen besaß. Für Aufdeckung, Untersuchung und
Herstellung der vielen da und dort gefundenen Kalkmalereien
war er der Leitung des National-Museums die rechte Hand-
Noch vor 16 Jahren hat er auch bei uns, zu Düppel in
Schleswig, eine solche Herstellung ausgeführt. So lange
man sich mit dänischer Archäologie, und namentlich mit
der Geschichte der Baukunst beschäftigen wird, wird man
seinem Namen und seinem Geiste auf Schritt und Tritt
begegnen und ihn als den erkennen und schätzen, ohne
dessen Tätigkeit diese Wissenschaft kaum denkbar wäre.
Sehr vieles hat er in Zeitschriften veröffentlicht; unter den
selbständigen größeren Werken seien genannt sein großes
über den Dom zu Rotschild, Fol. 1877, ein anderes über
Rotschild in alten Tagen, 1892; mit Hoyen und Worsaae
gab er die »Dänischen Denkmäler« (Mindesmärker) 1869
heraus, und für sich 1875 das Werk über die Königsgräber
zu Jellingen. npt.
PERSONALIEN
Professor Ludwig Manzel, der jetzige Präsident der
Berliner Akademie der Künste, ist auch für die nächste
Amtszeit, vom 1. Oktober 1913 bis zum 1. Oktober 1914,
wiederum zum Präsidenten der Akademie gewählt worden.
Der Berliner Bildhauer Arthur Lewin-Funcke ist zum
Professor ernannt worden. Er erhielt früher als erster
Bildhauer auf der Großen Berliner Kunstausstellung einen
Ehrenpreis der Stadt Berlin und ist im Besitze der golde-
nen Medaille für Kunst.
WETTBEWERBE
Ein städtebaulicher Wettbewerb für Reinicken-
dorf bei Berlin. Zur Aufschließung des unbebauten Oe-
meindegeländes von Reinickendorf soll ein Wettbewerb
die Grundlagen geben, den jetzt die Gemeinde mit drei
Preisen von 2500, 1500 und 1000 M. ausschreibt. Es handelt
sich um ein 180 preußische Morgen großes Gelände in der
Umgebung des Rathauses. Unter den Preisrichtern sind
Geh. Baurat Prof. Dr. Th. Göcke, Prof. Bruno Möhring und
Architekt Hermann Jansen in Berlin.
Straßburg i. Eis. Zur Erlangung von Entwürfen für
Steinzeichnungen als Schmuck von Eisenbahnabteilen war
für Elsaß-Lothringische Künstler ein Wettbewerb ausge-
sehrieben, der am 7. Juni zur Entscheidung kam. Es standen
für zehn verschiedene Landschaftsbilder, deren Motive vor-
geschrieben waren, Preise im Betrage von je 175 M. zur
Verfügung, zu welchen noch drei Ehrenpreise zu je 50 M.
hinzukamen. Es wurden einige Motive, für die nach dem
Urteil des Preisgerichts keine entsprechende Lösung ein-
gegangen war, an Preisträger in Auftrag gegeben. Preise
und Aufträge fielen auf folgende Künstler und Künstlerinnen:
Rene Allenbach, Marga Bretzl, Aug. Cammissar, Eugen
Holtzmann, Paul Ledoux, F. Thomas (sämtlich in Straß-
burg). Die Konkurrenzarbeiten waren einige Tage im
Stadthaus ausgestellt. k.
DENKMÄLER
Wien. Die Gemeinde hat dem Drängen der Zeitungen
nachgegeben und die eingelaufenen Arbeiten der engeren
Konkurrenz für das Luegerdenkmal im »Künstlerhause«
ausgestellt. Die Arbeiten sind, wie zu erwarten war, nicht
besser als die in der ersten Konkurrenz preisgekrönten.
Der Entwurf des mit der Ausführung betrauten Bildhauers
Prof. Josef Müllner zeigt ein Gehrockmännchen in pathe-
tischer Pose auf einem hohen Postament, das von alle-
gorischen Figuren umgeben wird, die auf die Taten des
Bürgermeisters Lueger Bezug haben. Schade um den
schönen Platz vor dem Rathause, der mit diesem archi-
tektonisch wie bildhauerisch gleich unglücklichen »Kunst-
werke« nun verschönert werden wird! o.P.
ARCHÄOLOGISCHES
Florenz. Christian Hülsen hielt im Lyceum-Club
vor internationalem Publikum einen Vortrag über Scavi e
Scavatori Archeologici. Der berühmte Archäologe
skizzierte dabei in großumrissenen Zügen eine Geschichte
der modernen Ausgrabungen, die durch die Verarbeitung
reichen, unveröffentlichten Materials allgemeines Interesse
beansprucht. — Wer hat die ersten Ausgrabungen gemacht?
Die Ahnen der modernen, grabenden Archäologen sind früh-
mittelalterliche Katakombenplünderer, die auf die Suche
gingen nach Reliquien, Sarkophagen, Kapitellen und Werk-
stücken aus Marmor und Tfavertin. Je seltener diese kost-
baren Dinge im Mittelalter über der Erde wurden, desto
häufiger drang man in die Tiefe, um sie zu holen. Die
römischen Basiliken der Spätzeit sind voll von solchem ge-
raubten Schmuck. Noch größere Mengen antiken Marmors
verschlangen die Kalköfen mittelalterlicher Bauherren. Nur so
kann man es sich erklären, daß die antiken Monumente —
die Kaiserpaläste, Thermen, Fora usw. heute kaum noch
ein Stück ihrer Verkleidung mit wertvollen Steinen an sich
tragen. Mit welch brutaler Rücksichtslosigkeit man zu
Werke ging — selbst unter Preisgabe des eigenen Lebens —
davon gab eine der letzten Entdeckungen in den Caracalla-
thermen ein eindrucksvolles Bild. In einem Rundgemach
— ungefähr 10 m unter der Erde — fand man im Juli 1912
unter der eingestürzten Wölbung neun menschliche Ske-
lette. Es waren mittelalterliche Ausgräber, die sich nicht
damit begnügt hatten, die Marmorbekleidung von den
Wänden zu lösen und die Travertinquadern auszubrechen,
die zur Verstärkung der Saalecken dienten, sondern die
schließlich in ihrer Beutegier auch noch versucht hatten,
die Ziegel der Pilasterkanten abzuschlagen, bis die Stützen
nachgaben und das einstürzende Gewölbe alle unter sich
begrub. Diese Ausbeutung der »Roma sotterranea« zu Bau-
zwecken dauerte das ganze Mittelalter hindurch.
Als die Bautätigkeit im 14. Jahrhundert während des
avignonesischen Exils der Päpste fast ganz einschlief
(in dieser Zeit des größten Tiefstandes sank die Ein-
Im Frühling dieses Jahres ward zu Rotschild auf See-
land Professor Jakob Kornerup von einem Schlagflusse be-
troffen, in dessen Folge der Hochbetagte kurz darauf ver-
schieden ist. — Der bonus Jacobus, wie ihn seine Freunde
nannten, die ihm und sich am 17. November 1910 seinen
80. Geburtstag zu einem herrlichen Freudentage gestalteten,
war die ehr- und liebenswürdigste Gestalt aus jenem Kreise
gelehrter und tätiger Forscher, die seit zwei Menschenaltern
die Geschichte des dänischen Altertums und der dänischen
Künste erforscht, durchforscht und in Schriften dargestellt
haben. Und er war fast der letzte dieser Alteren; sie sind
hingegangen, die Männer wie Worsaae, Hoven, Löffler,
Holms, Meldahl. Von allen ist er am längsten, eindring-
lichsten und wirksamsten tätig gewesen. So war er noch
nach jenem festlichen achtzigsten Geburtstage nicht bloß
an seinem Geburts- und Wohnorte die geistige Autorität
in Sachen der Altertumskunde, sondern er war überall in
Dänemark zu finden, bemüht und bereit, dem jüngeren
Geschlechte die Schätze seines Wissens aufzutun, und sie
durch sein Erscheinen und sein Gespräch zu erfreuen. —
Er war als Sohn eines Kaufmanns geboren, hatte die
heimische Gelehrtenschule besucht, sich dann zum Maler,
Radierer und Zeichner ausgebildet, große Reisen durch die
deutschen und welschen Lande gemacht und sich dann in
der Vaterstadt niedergelassen, wo er als Zeichenlehrer seine
feste Stellung erhielt und dem Dome nahe war, den er
gewissermaßen besaß. Für Aufdeckung, Untersuchung und
Herstellung der vielen da und dort gefundenen Kalkmalereien
war er der Leitung des National-Museums die rechte Hand-
Noch vor 16 Jahren hat er auch bei uns, zu Düppel in
Schleswig, eine solche Herstellung ausgeführt. So lange
man sich mit dänischer Archäologie, und namentlich mit
der Geschichte der Baukunst beschäftigen wird, wird man
seinem Namen und seinem Geiste auf Schritt und Tritt
begegnen und ihn als den erkennen und schätzen, ohne
dessen Tätigkeit diese Wissenschaft kaum denkbar wäre.
Sehr vieles hat er in Zeitschriften veröffentlicht; unter den
selbständigen größeren Werken seien genannt sein großes
über den Dom zu Rotschild, Fol. 1877, ein anderes über
Rotschild in alten Tagen, 1892; mit Hoyen und Worsaae
gab er die »Dänischen Denkmäler« (Mindesmärker) 1869
heraus, und für sich 1875 das Werk über die Königsgräber
zu Jellingen. npt.
PERSONALIEN
Professor Ludwig Manzel, der jetzige Präsident der
Berliner Akademie der Künste, ist auch für die nächste
Amtszeit, vom 1. Oktober 1913 bis zum 1. Oktober 1914,
wiederum zum Präsidenten der Akademie gewählt worden.
Der Berliner Bildhauer Arthur Lewin-Funcke ist zum
Professor ernannt worden. Er erhielt früher als erster
Bildhauer auf der Großen Berliner Kunstausstellung einen
Ehrenpreis der Stadt Berlin und ist im Besitze der golde-
nen Medaille für Kunst.
WETTBEWERBE
Ein städtebaulicher Wettbewerb für Reinicken-
dorf bei Berlin. Zur Aufschließung des unbebauten Oe-
meindegeländes von Reinickendorf soll ein Wettbewerb
die Grundlagen geben, den jetzt die Gemeinde mit drei
Preisen von 2500, 1500 und 1000 M. ausschreibt. Es handelt
sich um ein 180 preußische Morgen großes Gelände in der
Umgebung des Rathauses. Unter den Preisrichtern sind
Geh. Baurat Prof. Dr. Th. Göcke, Prof. Bruno Möhring und
Architekt Hermann Jansen in Berlin.
Straßburg i. Eis. Zur Erlangung von Entwürfen für
Steinzeichnungen als Schmuck von Eisenbahnabteilen war
für Elsaß-Lothringische Künstler ein Wettbewerb ausge-
sehrieben, der am 7. Juni zur Entscheidung kam. Es standen
für zehn verschiedene Landschaftsbilder, deren Motive vor-
geschrieben waren, Preise im Betrage von je 175 M. zur
Verfügung, zu welchen noch drei Ehrenpreise zu je 50 M.
hinzukamen. Es wurden einige Motive, für die nach dem
Urteil des Preisgerichts keine entsprechende Lösung ein-
gegangen war, an Preisträger in Auftrag gegeben. Preise
und Aufträge fielen auf folgende Künstler und Künstlerinnen:
Rene Allenbach, Marga Bretzl, Aug. Cammissar, Eugen
Holtzmann, Paul Ledoux, F. Thomas (sämtlich in Straß-
burg). Die Konkurrenzarbeiten waren einige Tage im
Stadthaus ausgestellt. k.
DENKMÄLER
Wien. Die Gemeinde hat dem Drängen der Zeitungen
nachgegeben und die eingelaufenen Arbeiten der engeren
Konkurrenz für das Luegerdenkmal im »Künstlerhause«
ausgestellt. Die Arbeiten sind, wie zu erwarten war, nicht
besser als die in der ersten Konkurrenz preisgekrönten.
Der Entwurf des mit der Ausführung betrauten Bildhauers
Prof. Josef Müllner zeigt ein Gehrockmännchen in pathe-
tischer Pose auf einem hohen Postament, das von alle-
gorischen Figuren umgeben wird, die auf die Taten des
Bürgermeisters Lueger Bezug haben. Schade um den
schönen Platz vor dem Rathause, der mit diesem archi-
tektonisch wie bildhauerisch gleich unglücklichen »Kunst-
werke« nun verschönert werden wird! o.P.
ARCHÄOLOGISCHES
Florenz. Christian Hülsen hielt im Lyceum-Club
vor internationalem Publikum einen Vortrag über Scavi e
Scavatori Archeologici. Der berühmte Archäologe
skizzierte dabei in großumrissenen Zügen eine Geschichte
der modernen Ausgrabungen, die durch die Verarbeitung
reichen, unveröffentlichten Materials allgemeines Interesse
beansprucht. — Wer hat die ersten Ausgrabungen gemacht?
Die Ahnen der modernen, grabenden Archäologen sind früh-
mittelalterliche Katakombenplünderer, die auf die Suche
gingen nach Reliquien, Sarkophagen, Kapitellen und Werk-
stücken aus Marmor und Tfavertin. Je seltener diese kost-
baren Dinge im Mittelalter über der Erde wurden, desto
häufiger drang man in die Tiefe, um sie zu holen. Die
römischen Basiliken der Spätzeit sind voll von solchem ge-
raubten Schmuck. Noch größere Mengen antiken Marmors
verschlangen die Kalköfen mittelalterlicher Bauherren. Nur so
kann man es sich erklären, daß die antiken Monumente —
die Kaiserpaläste, Thermen, Fora usw. heute kaum noch
ein Stück ihrer Verkleidung mit wertvollen Steinen an sich
tragen. Mit welch brutaler Rücksichtslosigkeit man zu
Werke ging — selbst unter Preisgabe des eigenen Lebens —
davon gab eine der letzten Entdeckungen in den Caracalla-
thermen ein eindrucksvolles Bild. In einem Rundgemach
— ungefähr 10 m unter der Erde — fand man im Juli 1912
unter der eingestürzten Wölbung neun menschliche Ske-
lette. Es waren mittelalterliche Ausgräber, die sich nicht
damit begnügt hatten, die Marmorbekleidung von den
Wänden zu lösen und die Travertinquadern auszubrechen,
die zur Verstärkung der Saalecken dienten, sondern die
schließlich in ihrer Beutegier auch noch versucht hatten,
die Ziegel der Pilasterkanten abzuschlagen, bis die Stützen
nachgaben und das einstürzende Gewölbe alle unter sich
begrub. Diese Ausbeutung der »Roma sotterranea« zu Bau-
zwecken dauerte das ganze Mittelalter hindurch.
Als die Bautätigkeit im 14. Jahrhundert während des
avignonesischen Exils der Päpste fast ganz einschlief
(in dieser Zeit des größten Tiefstandes sank die Ein-